Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet
du über die Alte Macht verfügst. Und sie würden noch mehr für ihn zählen, wenn du ihm auch deinen wahren Namen und deine Beziehung zu seinem Vater enthüllen würdest. Allerdings ist er vielleicht doch noch ein wenig zu jung, um ihn vollständig in dieses Geheimnis einzuweihen.«
Er betrachtete mich noch zwei Atemzüge lang; dann wandte er sich ab. Ich hielt das für eine Gnade, doch dann fuhr er fort: »Dein Wolf blickt noch immer aus deinen Augen. Du glaubst, wenn du vollkommen still stehst, würde dich niemand sehen. Bei mir funktioniert das aber nicht, junger Mann.«
Ich stand auf.
»Ich betrachte mich nicht gerade als >jungen Mann<«, gab ich zurück. »Und vielleicht hast du Recht. Ich werde selbst mit Flink sprechen.«
»Du bist jünger als ich«, sagte Web, als ich ihm bereits den Rücken zuwandte, »und das nicht nur nach Jahren, Meister Dachsenbless.« Ich blieb stehen und blickte zu ihm zurück. »Flink ist nicht der einzige, der in seiner Magie unterwiesen werden muss«, sagte er mit einer Stimme gerade laut genug, sodass nur ich ihn hören konnte. »Aber ich werde niemanden unterrichten, der nicht zu mir kommt und mich darum bittet. Sag das auch dem Jungen: dass er zu mir kommen und mich darum bitten muss. Ich werde ihm kein Wissen aufzwingen.«
Ich wusste, dass ich damit entlassen war, und so ging ich weiter. Doch nach ein, zwei Schritten hob er seine Stimme erneut und sagte beinahe beiläufig: »Holly würde einen Tag wie diesen lieben. Klarer Himmel und leichter Wind. Oh, wie ihr Falke da fliegen würde!«
Und da war die Antwort auf meine unausgesprochene Frage, und ich vermutete, dass dies wirklich eine bewusst gewährte Gnade war. Web wollte nicht zulassen, dass ich mir den Kopf darüber zerbrach, wer in der Bocksburg meinen wahren Namen verraten hatte; deshalb hatte er mir rundheraus gesagt, dass diese Information aus einer gänzlich anderen Quelle stammte: von Holly, der Witwe des Schwarzen Rolf, dte vor so vielen Jahren versucht hatte, mich im Gebrauch der Alten Macht zu unterweisen. Ich ging weiter, als wären die Worte nichts weiter als eine höfliche Bemerkung gewesen, doch nun sorgte ich mich um etwas noch viel Beunruhigenderes. Hatte Holly ihr Wissen direkt an Web weitergegeben, oder hatte es sich bis zu ihm herumgesprochen? Wie viele Zwiehafte wussten noch, wer ich wirklich war? Was wussten sie genau, und konnte es gegen die Weitseher verwendet werden?
Gedankenverloren wandte ich mich meinen Pflichten zu. Zuerst musste ich an einer Waffenübung mit meiner Kompanie teilnehmen, und da ich so abgelenkt war, zog ich mir dabei weit mehr blaue Flecken und Schrammen zu als üblich. Auch musste ich mir die Uniform noch ein letztes Mal anmessen lassen, die wir alle tragen würden. Vor kurzem hatte ich meinen Dienst in der neu geschaffenen Prinzengarde angetreten. Chade hatte nicht nur dafür gesorgt, dass ich in diese Elitetruppe aufgenommen wurde, sondern auch dafür, dass mein Los gezogen wurde, als es darum gegangen war, wer den Prinzen auf seiner Queste begleiten sollte. Die Uniform der Prinzengarde war Blau auf Blau und zeigte auf der Brust einen Hirsch, das Wappentier der Weitseher. Ich hoffte, dass meine Uniform rechtzeitig fertig sein würde, sodass ich noch die kleinen Taschen einnähen konnte, die ich brauchte. Zwar hatte ich erklärt, den Weitsehern nicht länger als Assassine dienen zu wollen, doch deshalb verzichtete ich noch lange nicht auf mein Handwerkszeug.
Zum Glück hatte ich nachmittags keine Verabredung mit Chade oder Pflichtgetreu, denn beide hätten sofort bemerkt, dass etwas nicht stimmte. Natürlich würde ich Chade sagen, was ich erfahren hatte - das war genau die Art von Information, die er brauchte. Doch das konnte warten. Zunächst einmal würde ich die Information für mich behalten; es gab noch vieles zu bedenken.
Und wahrscheinlich war es gar nicht einmal schlecht, wenn ich meine Gedanken auf etwas anderes richtete. Als ich an jenem Abend nach Burgstadt hinunter ging, beschloss ich, nicht in eine Outislander-Taverne einzukehren, sondern etwas Zeit mit Harm zu verbringen. Ich musste meinem Adoptivsohn erzählen, dass ich mich freiwillig gemeldet< hatte, den Prinzen zu begleiten, und wollte mich früh genug von ihm verabschieden für den Fall, dass ich später keine Gelegenheit dazu mehr haben würde. Ich hatte den Jungen schon länger nicht mehr gesehen, und da mir nur noch wenige Tage bis zu unserem Aufbruch blieben, hielt ich es für gerechtfertig,
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