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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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mir den restlichen Tee ein und schüttete den Satz aus dem Kessel. Doch als ich mein Getränk süßen wollte, fand ich den Honig im Dunkeln nicht. Also trank ich ihn, wie er war: dick, bitter, doch mit dem köstlichen Geschmack der Veränderung, die mein Leben in dieser Nacht erfahren hatte.

So wie eine Gabenkordiale ihre Talente nutzen kann, um die Gedanken eines wachen Menschen zu beeinflussen und ihn glauben zu machen, gewisse Dinge seien wahr, so nutzt ein Gabenträumer seine Fähigkeit, um eine Welt für seinen eigenen schlafenden Geist zu erschaffen, die ihm als genauso real erscheint wie die echte. In gewissem Sinne richtet der Gabenträumer die Gabe also gegen seine eigenen Gedanken. Während die meisten von uns keine Kontrolle über ihre Träume haben, hat ein Gabenträumer vermutlich nie einen willkürlichen Traum gehabt, sodass es ihm sogar schwer fallen mag zu verstehen, wie andere Menschen träumen.
    Gabenträumen, von Gabenmeister Solizitas

    Ich schlief gut und traumlos, und ich erwachte vom Geräusch der ans Ufer brandenden Wellen. Der Tag war gerade erst angebrochen, doch sowohl die Gardisten als auch die Krieger des Hetgurd waren bereits auf den Beinen. Ich wusch mir das Gesicht im eisigen Bach. Die Flut hatte den Steindrachen verschluckt, doch nun, da ich von seiner Existenz wusste, nahm ich ein leises Summen der Alten Macht unter den Wellen wahr. Ich blickte zu den vor Anker liegenden Schiffen. Ich wollte Web fragen, wie er über den Drachen dachte, bekam deswegen jedoch ein schlechtes Gewissen. Ich hatte ihm gegenüber nicht Wort gehalten; ich war nicht zu ihm gekommen, um mich von ihm in der Alten Macht unterweisen zu lassen. Hatte ich das Recht, ihn darum zu bitten, sein Können zu meinem Wohl einzusetzen, während ich mich zugleich weigerte, von ihm zu lernen? Ich wusste, wie ich reagieren würde, sollte Flink so handeln. Mürrisch erinnerte ich mich jedoch daran, dass Zeit begrenzt war, und seit kurzem schien jeder Augenblick der meinen verplant zu sein.
    Ich warf einen prüfenden Blick in das Zelt, wo Dick noch schlief. Feige, wie ich war, beschloss ich, ihn in Frieden zu lassen. Stattdessen ging ich zum Lagerfeuer der Wachen, wo der Brei bereits kochte. Langschopf hatte keine Aufgabe für mich, die sofort erledigt werden musste. Erneut sah ich zu den Schiffen, doch dort rührte sich noch immer nichts. Vermutlich waren dort alle lang aufgeblieben und hatten geredet. Anschließend ging ich, noch einmal zum Steinbruch. Bei Tageslicht glaubte ich Knochen und einen menschlichen Schädel im Wasser erkennen zu können, doch die Seiten des Steinbruchs waren steil, und ich verspürte keine Lust, das näher zu untersuchen. Was auch immer dort geschehen war, war vor langer Zeit geschehen. Meine eigenen Probleme waren drängender. Langsam schlenderte ich zu der Stelle, wo die Männer des Hetgurd ihre Zelte aufgeschlagen hatten. Sie hatten sich davor versammelt, und zuerst glaubte ich, sie äßen Frühstück von einem Steintisch. Als ich näher kam, erkannte ich jedoch, dass es sich bei dem vermeintlichen Tischgespräch um einen ernsthaften Streit handelte. Ich blieb unvermittelt stehen, reckte und streckte mich auffällig, gähnte und blickte aufs Meer hinaus. Dann ließ ich mich auf ein Knie nieder um meine Stiefelbänder festzuziehen, während ich die ganze Zeit über aufmerksam zuhörte. Die Hetgurdkrieger sprachen leise, sodass sie nicht leicht zu verstehen waren. Nachdem ich schließlich herausgehört hatte, dass sie dem Schwarzen Mann an der traditionellen Stelle - dem Steintisch - ein Opfer dargebracht hatten, dies aber nicht angenommen worden war, wagte ich mich näher heran.
    Mit einem dümmlichen Lächeln und mit meinem breitesten Akzent der Sechs Provinzen fragte ich sie in gebrochenem Outislander, ob sie wüssten, wann die Gruppe der Narcheska wieder an Land kommen würde. Ein breiter Mann mit einem stilisierten Bären auf der Wange antwortete mir, dass sie kommen würden, wenn sie kommen würden. Ich nickte höflich mit dem Blick eines Mannes, der nicht so recht weiß, was er mit dem anfangen soll, was man gerade zu ihm gesagt hat. Dann deutete ich mit dem Kopf auf den Steintisch und fragte, was sie zum Essen hatten. Ich trat drei Schritte zurück, als zwei der Männer zwischen mich und den Tisch traten, um mir den Zugang zu verwehren.
    Der Bär erklärte mir, das sei kein Essen, sondern ein Opfer, und dass ich jetzt wohl besser zu meinen Kameraden hinuntergehen sollte, da sie hier keinen

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