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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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gerannt - nicht dass mir das sonderlich Leid getan hätte. Ich fühlte, dass er mir folgte, und wusste, dass Flink und der Narr es ihm gleichtun würden. Als wir Siebers Posten erreichten, hatten sich die meisten schon aus ihren Decken geschält, um die Ursache für den Tumult zu sehen.
    »Wer ist da?«, rief Sieber erneut. Seine Unsicherheit ließ ihn noch wütender klingen.
    »Wo?«, verlangte ich zu wissen, als ich neben ihn trat, und er hob den Finger.
    »Da«, antwortete er leise, und dann sah ich den Schatten des Mannes. Oder war das der Mann selbst? Die unebene Oberfläche des verwehten Schnees auf dem Gletscher und das schwache Licht der Lagerfeuer kämpften mit dem Grau der nördlichen Nacht. Ich kniff die Augen zusammen. Irgendjemand stand knapp außerhalb des Lichtscheins der herunterbrennenden Feuer. Ich sah nicht mehr als seine Silhouette, doch ich war sicher, dass es sich um denselben Mann handelte, den ich früher am Tag bereits gesehen hatte. Hinter mir hörte ich Peottre keuchen: »Der Schwarze Mann!« Angst lag in seiner Stimme, und die Hetgurdkrieger murmelten nervös etwas zueinander. Plötzlich stand der Narr neben mir, und seine langen Finger schlössen sich um meinen Unterarm. Er hauchte seine Worte förmlich, und ich bezweifele, dass sie außer mir jemand gehört hat. »Was ist er?«
    »Tretet vor, und zeigt Euch!«, befahl Sieber. Das Schwert in der Hand schritt er aus unserem Kreis und in die Dunkelheit. Langschopf hatte eine Fackel in die Glut des Feuers gestoßen. Als das Pech Feuer fing, und er die Fackel hob, war der Mann jedoch schlicht nicht mehr da. Wie ein Schatten verschwand er, als das Licht auf ihn fiel.
    Sein Verschwinden löste unter uns vollends Verwirrung aus. Alle sprachen gleichzeitig. Sieber und die anderen Gardisten rannten zu der Stelle, wo der Mann gestanden hatte, während Chade ihnen zurief, nicht auf den Schnee dort zu treten. Doch als Chade und ich die Stelle erreichten, hatten sie bereits alle Spuren zertrampelt. Langschopf hob die Fackel, doch wir konnten die Spuren nicht mehr unterscheiden. Die Stelle lag innerhalb der Grenzen, die Peottre für das Lager abgesteckt hatte, und unsere eigenen Spuren überkreuzten sich hier gleich mehrfach.
    Einer der Outislander betete laut zu El. Noch nie hatte ich etwas so Nervenzermürbendes gehört, wie diesen abgehärteten Krieger, der zu einem für seine Gnadenlosigkeit berüchtigten Gott betete. Es war ein raues Gebet, eines, das El Opfer anbot, wenn er seine Aufmerksamkeit nur in eine andere Richtung lenkte. Web wirkte entsetzt, und Peottres Gesicht war kreideweiß. Die Narcheska sah aus, wie aus Ebenholz gemeißelt, so starr und wie betäubt waren ihre Züge.
    »Vielleicht haben uns Licht und Schatten nur einen Streich gespielt«, bemerkte Kräusel, doch niemand nahm ihn ernst. Die Hetgurdmänner versuchten sich gar nicht erst an Erklärungen, sondern flüsterten miteinander. Sie klangen besorgt. Peottre schwieg.
    »Was oder wer auch immer das gewesen sein mag, jetzt ist er weg«, bemerkte Chade schließlich. »Lasst uns wieder schlafen gehen. Langschopf, verdoppele die Wachen. Und fach die Feuer wieder an.«
    Die Hetgurdmänner trauten unseren Wachen offenbar nicht, denn sie stellten eine eigene auf. Auch breiteten sie ein Otterfell im Schnee am Rand des Lagers aus und legten Opfergaben darauf aus. Ich sah, wie Peottre die Narcheska wieder ins Zelt brachte, aber ich bezweifelte, dass er heute Nacht noch schlafen würde. Ich fragte mich, warum er so erschüttert gewirkt hatte, und ich wünschte, ich hätte mehr über diesen >Schwarzen Mann< und die mit ihm verbundenen Traditionen gewusst.
    Ich glaubte, Chade würde mit mir sprechen wollen, aber er blickte mich nur vorwurfsvoll an. Zunächst glaubte ich, er hätte mich gerne mehr tun sehen, um unseren ungebetenen Gast festzusetzen; dann erkannte ich, dass der Narr der Grund dafür war, denn dieser stand immer noch neben mir. Ich begann, mich von ihm zu lösen, überdachte das aber noch einmal wütend. Ich entschied, wo ich sein wollte, nicht Chade. So blickte ich dem alten Mann unverwandt in die Augen und machte ein teilnahmsloses Gesicht. Nichtsdestotrotz schüttelte Chade kaum merklich mit dem Kopf, bevor er sich von mir abwandte und Pflichtgetreu ins Zelt zurückbegleitete.
    Flinks Ängste wurden mir bewusst, als er sich neben mir zu Wort meldete. »Was soll ich jetzt tun?« Deutlich hörte ich ihm seine Furcht an, und ich überlegte, was mich in seinem Alter getröstet

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