Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet
Schande allein gelassen.«
»Ich...« Das Entsetzen des Narren war förmlich greifbar. Ihm schienen die Worte zu fehlen, doch als er wieder sprach, klang seine Stimme fest und beherrscht. »Du irrst dich. Du hast alles gesehen, was zwischen Sydel und mir geschehen ist. Das war natürlich auch meine Absicht! Es gab keine intimen Augenblicke zwischen uns und sicher keine Verführung. Ich habe sie verlassen, ja, aber ich habe keine Schande über sie gebracht.«
Gentil schüttelte wild den Kopf. Je ruhiger der Narr sprach, desto mehr schien sich der Junge zu erregen. »Nein! Nein, du hast mit deinen verabscheuungswürdigen Gelüsten alles zwischen uns ruiniert! Und jetzt willst du mir weismachen, dass sei nur irgendein Spiel gewesen, ein Trick. Du hast die Träume meiner Mutter für uns zerstört, und ihren Vater gedemütigt, sodass er es nicht mehr ertragen kann, mit seiner Tochter in einem Raum zu sein. Soll das alles nur ein Witz gewesen sein? Nein. Nein, das weigere ich mich zu glauben.«
Mir drehte sich der Magen. Ich war Teil dieses Täuschungsmanövers gewesen. Wir waren zu Gast in Gentil Bresingas Heim gewesen und hatten so getan, als würden wir die Jagd dort genießen, während wir in Wirklichkeit Prinz Pflichtgetreu und den Gescheckten auf der Spur gewesen waren, die ihn entführt hatten. Als wir aus diesem Grund unvermittelt hatten aufbrechen müssen, hatte Fürst Leuenfarb Lady Bresinga einen Grund gegeben, sich auf unsere Abreise zu freuen. Er hatte sich unverhohlen an Lady Sydel herangemacht, Gentils Verlobte, und ihr mit seinem Reichtum, seinem Charme und seinen Schmeicheleien den Kopf verdreht. Als Gentil versucht hatte, dem ein Ende zu machen, hatte der Narr dem jungen Mann trunken verkündet, dass auch er in Fürst Leuenfarbs Bett willkommen sei. Wir hatten das zum Wohle des Prinzen getan, um ihm so rasch wie möglich folgen zu können und mit unserem plötzlichen Aufbruch kein Misstrauen zu erregen. Doch der Pfad der Zerstörung, den wir hinterlassen hatten, machte mich nun krank. Plötzlich fürchtete ich mich davor, wohin das führen musste.
Mein Prinz, ich fürchte, ich muss Euch darum bitten, Euch zwischen Gentil und den Narren zu stellen. Sie streiten sich, und ich glaube, Gentil legt es auf einen Kampfan.
»Es tut mir Leid«, sagte der Narr und legte so viel Gefühl in diese Worte, dass niemand an ihrer Ernsthaftigkeit zweifeln konnte. Kurz hielt er inne und bot dann an: »Es ist nie zu spät, Gentil. Wenn du das Mädchen liebst, was offenbar der Fall ist, dann geh nach deiner Rückkehr zu ihr, und sag es ihr. Gib ihr Zeit, zur Frau zu reifen und zu sehen, ob sie deine Gefühle erwidert. Ist das der Fall, erfreut euch aneinander. Ist das nicht der Fall ... Nun, dann wisse, dass eure Verbindung ohnehin keinen Bestand gehabt hätte, egal ob ich nun gekommen wäre oder nicht.«
Das war nicht, was Gentil hören wollte. Sein bis jetzt knallrotes Gesicht verlor alle Farbe, und er kreischte plötzlich: »Ich verlange Satisfaktion von dir!« Und mit diesen Worten stürzte er sich auf den Narren.
Web griff nach seiner Schulter - einen Augenblick zu spät. Und einen Augenblick zu spät versuchte ich, ihm den Weg zu versperren. Gentil stürzte sich auf den Narren, und gemeinsam rollten sie durch den Schnee. Gentil fauchte wie eine Katze. Ich glaube, es war Web, der Gentils Katze irgendwie davon abhielt, sich ebenfalls in den Kampf zu stürzen. Ich trat vor, um einzugreifen, fühlte dann aber den Prinzen in meinem Kopf, als er halb angekleidet den Ort des Geschehens erreichte.
Lass es sie ausfechten, Fitz. Es ist besser; die beiden regeln das unter sich, als dass du dich einmischst und plötzlich die ganze Gruppe spaltest. Das schwelt schon lange in Gentil, und mit Worten lässt sich das nicht mehr klären.
Aber der Narr kämpft nicht. Ich habe ihn noch nie kämpfen sehen!
Egal.
Das kam von Chade, und ich hörte eine grimmige Befriedigung heraus.
Jetzt wird er es.
Ich glaube, alle erwarteten, dass Gentil rasch obsiegen würde. Ich kannte den Narren jedoch besser. Er mochte ja schmächtig erscheinen, doch selbst in meiner besten Zeit hatte er sich an Kraft mit mir messen können. Als ich einmal verletzt gewesen war, hatte er mich durch den Schnee zurück zu sich nach Hause getragen. Seine Akrobatik hatte schon immer nicht nur Beweglichkeit, sondern auch Kraft verlangt. Deshalb wusste ich, dass er die Möglichkeit besaß, Gentil zu besiegen, wenn er das wollte. Was ich fürchtete, war, dass er sich
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