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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Vergesst nicht, dass Ihr der Narcheska Euer Wort gegeben habt, den Kopf des Drachen auf den Herd ihrer Mütter zu legen.«
    »Ja, das habt ihr getan«, bemerkte Peottre mit schwerer Stimme, als er die Zeltklappe hob. »Darf ich reinkommen?«
    »Ja, Ihr dürft«, erwiderte Pflichtgetreu. »Und ja, ich erinnere mich an mein Versprechen. Aber ich habe nie versprochen, auch Vergnügen daran zu haben.«
    Die Alte Macht hatte mich gewarnt, dass jemand sich dem Zelt näherte, doch ich hatte mit Flink oder Sieber gerechnet. Ich fragte mich, warum der Outislander gekommen war, und ich hoffte, dass er seine Neuigkeiten nicht zurückhalten würde, bis ich gegangen war; doch mit einem Nicken in meine Richtung schien er mir das Recht zuzugestehen, hier zu sein. Auch redete er nicht von irgendwelchen ominösen Gefahren auf dem vor uns liegenden Weg, sondern lächelte hart, als er sagte: »Der heutige Tag war wohl für keinen von uns ein Vergnügen, und der morgige verspricht genauso anstrengend zu werden. Nach solch einem kalten und nassen Tag halte ich es für eine gute Idee, unser Heilmittel für solch eine trostlose Reise mit Euch zu teilen.« Er seufzte. »Dieses Wetter macht unsere Aufgabe nicht einfacher. Der Regen frisst sich in den Schnee und schwächt ihn an Stellen, die vorher noch stabil waren. Morgen werden wir nicht nur auf Gletscherspalten, sondern auch auf Lawinen achten müssen, wenn wir den Sattel der Insel überqueren.«
    Während er sprach, wickelte er einen dunklen Kuchen aus einem fleckigen Stück Stoff. Ich war hungrig. Was auch immer das sein mochte, es war in Branntwein eingelegt, um es zu konservieren. Peottre brach ein Stück davon ab, und Rosinen sowie Trockenäpfel kamen zum Vorschein. Der Branntweingeruch wurde stärker. Dick setzte sich gespannt, aber misstrauisch auf. Ich war noch immer von seiner Gabe abgeschirmt; dennoch erreichte mich seine Sorge schwach. Fischöl. Würde es nach Fischöl schmecken?
    Peottre bemerkte meinen gierigen Blick, denn grinsend bot er mir das erste Stück an. Als ich hineinbiss, sagte Peottre: »Diese Kuchen nennen unsere Krieger >Mutkuchen<. Wir machen sie aus starkem, dicken Honig, Trockenfrüchten und stärkenden Kräutern. Das Ganze wird dann in Branntwein eingelegt, um es haltbar zu machen. Mit nur einer Hand voll davon kann ein Mann einen ganzen Tag lang kämpfen oder zwei Tage marschieren.«
    Die Süße und der Branntweingeschmack erfüllten meinen Mund. Als ich das Stück hinunterschluckte, schmeckte ich einen vertrauten Nachgeschmack. Bis dahin war die Bitterkeit der Elfenrinde von der klebrigen Süße des Honigs verborgen gewesen. Ich wusste, dass ich Chade warnen sollte, während gleichzeitig mein müder Körper förmlich nach der Energie schrie, die die Elfenrinde bringen würde.
    Dann starb die Welt um mich herum.
    Ich weiß nicht, wie ich es anders beschreiben soll. Das erste Mal, da ich auf Verwandelte traf, war zugleich das erste Mal, da mir bewusst wurde, dass ich über die Alte Macht verfügte. Mir war nie aufgefallen, dass ich über einen zusätzlichen Sinn für die Verwandtschaft aller Lebewesen verfügte, bis ich auf Kreaturen traf, die ich damit nicht wahrnehmen konnte. Durch den Prozess des Verwandeins wurde ein Mensch aus dem Netz des Lebens entfernt; er entwickelte sich zu einer Ansammlung einzelner, nicht miteinander verbundener Dinge, die aßen, vergewaltigten und ohne jedwede Empathie oder Mitgefühl existierten. Erst als ich auf sie getroffen war, hatte ich entdeckt, wie ich über die Alte Macht mit allen Lebewesen verbunden war.
    Dies hier war eine ähnliche Erfahrung, aber genau andersherum. Ich hatte die Gabe als eine Form der Magie betrachtet, die mich nur mit anderen Gabennutzern verband.
    Nun waren plötzlich die Myriaden winziger Verbindungen gekappt, die ich durch die Gabe zu allen Menschen hatte. Die große Stimme der menschlichen Welt, das konstante Murmeln anderer Gedanken um mich herum war verstummt. Ich blinzelte und fragte mich den Bruchteil einer Sekunde, was mit mir geschehen war. Ich sah, ich hörte, ich roch, ich fühlte, und ich hatte noch immer den Geschmack des Essens im Mund; doch irgendein anderer Sinn, namenlos und mir bis zu diesem Augenblick unbekannt, war mit diesem einzigen Bissen Elfenrinde vollständig ausgelöscht worden. Ich unternahm eine große Kraftanstrengung, Chade und Pflichtgetreu mit der Gabe zu erreichen, doch es war, als würde ich versuchen, etwas mit einer gefrorenen Hand zu packen. Ich erinnerte

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