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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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und ließ den Rang des Prinzen vollkommen außer Acht. »Es gibt Legenden, sehr, sehr alte zwiehafte Geschichten über die Faszination von Drachen. Es heißt, sie könnten den ungeschützten Geist betören und eine fast sklavische Ergebenheit bewirken. In den ältesten Liedern wird davor gewarnt, die Luft aus dem Rachen eines Drachen einzuatmen.« Plötzlich wirbelte er herum und sagte zu Kräusel wie ein Kommandeur, der seine Truppen aufstellte: »Du kennst das Lied, von dem ich spreche, nicht wahr? Es wäre gut, wenn es heute Abend alle hören würden. In meiner Jugend habe ich nur wenig Gredanken an alte Lieder verschwendet, doch mit den Jahren habe ich gelernt, dass sich so manche Wahrheit in alter Poesie verbergen kann. Ich würde es gerne noch mal hören.«
    »Wie auch ich«, stimmte ihm Chade unerwartet zu. »Und auch jedes andere Lied, das du über die Drachen kennst. Aber jetzt erst mal... Wenn die Zwiehafte Kordiale des Prinzen den Drachen fühlen kann, vielleicht könnten sie uns dann auch sagen, wo wir anfangen sollen zu graben.«
    »Euch sagen, wo er ist, damit ihr ihn ausgraben und töten könnt? Nein!
Ich
werde das sicherlich nicht tun!«, platzte Flink mit wilder Leidenschaft heraus. Er wirkte verzweifelter, als ich ihn je gesehen hatte. Chade wirbelte sofort zu ihm herum.
    »Hast du deinen Eid dem Prinzen gegenüber schon so schnell vergessen?«, fauchte er den Jungen an.
    »Ich ...« Flink verstummte. Er errötete und wurde dann kreideweiß. Ich beobachtete, wie er mit sich kämpfte, und ich wünschte, ich hätte ihm helfen können. Doch ich wusste -vermutlich besser als jeder andere -, wie hin- und hergerissen er war.
    »Hört auf damit«, sagte Web in sanftem Ton, als der alte Assassine Flink mit strengem Blick fixierte.
    »Das hat nichts mit dir zu tun«, erwiderte Chade leise, und zum ersten Mal erlebte ich, wie Web wütend wurde. Er spannte die Muskeln, und seine Brust schwoll an. Er behielt zwar die Beherrschung, doch ich sah, wie schwer ihm das fiel. Gleiches galt für meinen Prinzen.
    »Hört auf damit«, echote Pflichtgetreu Webs Worte, nur dass sie den Tonfall eines königlichen Befehls hatten. »Flink, bleib ruhig. Ich zweifele nicht an deiner Treue zu mir. Ich werde dich nicht auf diese Art auf die Probe stellen. Ich werde keinen meiner Männer zwingen, sich zwischen dem zu entscheiden, was ihm sein Herz gebietet, und dem, was er zu tun geschworen hat. Ich maße mir nicht an, jemandem in allen Ehren diese Last aufbürden zu können - zumal ich mir in dieser Sache selbst nicht darüber im Klaren bin, was ich tun will und was nicht.« Er schaute zur Narcheska. Sie erwiderte seinen Blick nicht, sondern starrte auf die verschneite Landschaft weit unter uns. Pflichtgetreu überraschte mich, als er zu ihr hinüberging und sich vor sie stellte. Peottre trat einen Schritt vor, als wolle er sie beschützen, doch Pflichtgetreu machte keinerlei Anstalten, sie anzufassen. Stattdessen sagte er ruhig: »Würdest du mich bitte ansehen?«
    Sie drehte den Kopf und hob das Kinn, um ihm in die Augen zu blicken. Ihr Gesicht war reglos, abgesehen von einem kurzen Aufblitzen von Trotz in ihren Augen. Einen Augenblick lang schwieg Pflichtgetreu, als hoffte er, sie würde doch noch etwas sagen.
    Es herrschte völlige Stille. Nur das Heulen des Windes, der über das Eis des Gletschers fegte, und das Knirschen des Schnees unter den Stiefeln der Soldaten, die angespannt ihr Gewicht verlagerten, zerschnitten die Ruhe. Selbst Dicks Summen war verstummt. Ich warf einen Blick in seine Richtung. Er wirkte verwirrt, als versuche er, sich an etwas zu erinnern. Als die Narcheska weiter schwieg, seufzte Pflichtgetreu.
    »Du weißt mehr über diesen Drachen, als du mir je enthüllt hast, und ich habe diese Aufgabe nie als schlichte Herausforderung der Jungfrau an ihren Freier missverstanden. Das hier hat nichts mit den Launen einer Frau zu tun, nicht wahr? Willst du mir nicht verraten, welch tiefer gehende Bedeutung diese Aufgabe hat, damit ich mich entscheiden kann?«
    Ich glaubte schon, er würde sie auf seine Seite ziehen - bis zu diesem letzten Satz. Ich spürte ihre Verzweiflung förmlich bei der Vorstellung, dass er unter Umständen nicht tun würde, weshalb wir hergekommen waren. Deutlich konnte ich beobachten, wie sie sich von der Ehrlichkeit zurückzog, die sie in Versuchung geführt hatte, und ein gereiztes Gebaren an den Tag legte, das jeder höfisch erzogenen Edeldame zur Ehre gereicht hätte. »Erfüllt Ihr

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