Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet
mich nicht wirklich; ich beschloss ohnehin, so viel Zeit wie möglich an Deck zu verbringen. Ungefähr die Hälfte der Gardisten hatte Erfahrungen mit dieser Art von Reise. Vor allem betonten sie die Tatsache, dass unsere Quartiere von jenen der Seeleute getrennt waren, die sie als Trunkenbolde, Diebe und Schläger verachteten. Ich persönlich vermutete, dass die Seeleute die Gardisten in ähnlichem Licht sahen.
Rasch verstaute ich meine Sachen und machte mich wieder auf den Weg an Deck. Dort konnte ich allerdings nicht bleiben, denn es wimmelte dort nur so von Seeleuten und Passagieren, die alle irgendetwas zu tun hatten und an mir vorbei drängten. Kisten wurden mit Kränen vom Kai gehievt, über unsere Köpfe hinwegbefördert und durch Luken unter Deck verstaut. Die Seeleute fluchten laut über die Landratten, die ihnen im Weg standen.
Wieder auf dem Kai seufzte ich erleichtert. Nicht mehr lange, und ich würde an Bord dieses Schiffes gefangen sein; an Flucht war dann nicht mehr zu denken. Doch meine Erleichterung hielt nicht lange an. Auf dem Kai stand der Narr als Fürst Leuenfarb und rauchte vor Wut, hinter sich eine ganze Heerschar von Dienern mit Kisten, Taschen und Paketen. Ein Schreiber mit einer Schriftrolle hatte sich ihm in den Weg gestellt. Der Mann schüttelte den Kopf und kniff die Augen zusammen, während Fürst Leuenfarb eine Tirade über ihn ergoss.
»Nun, offensichtlich hat es einen Fehler gegeben! Was Euch jedoch zu entgehen scheint, ist die Tatsache, dass dieser Fehler nicht bei mir begründet liegt. Seit Monaten ist schon abgemacht, dass ich den Prinzen auf seiner Queste begleiten werde! Wer sollte ihn auch besser beraten können als ein Mann wie ich, der schon so viele Kulturen erlebt hat? Und jetzt macht, dass Ihr mir aus dem Weg kommt! Ich werde mir selbst eine passende Kabine suchen, falls Ihr weiter darauf besteht, dass mir keine zugeteilt geworden sie. Ich werde mein Gepäck dorthin bringen, während Ihr Euch sputen werdet herauszufinden, wer für diesen groben Fehler verantwortlich ist!«
Der Schreiber hörte nicht eine Sekunde auf, den Kopf zu schütteln, und als er etwas erwiderte, war offensichtlich, dass er das schon mehrmals gesagt hatte. »Fürst Leuenfarb, ich bedauere demütigst jeden Fehler, den man begangen haben mag; aber meine Liste kommt direkt von Lord Chade, und meine Anweisungen sind klar und deutlich. Nur jene, die hier stehen, sind auf dem Schiff des Prinzen unterzubringen. Auch ist mir nicht gestattet, meinen Posten zu verlassen, um rumzulaufen und mich zu erkundigen, ob ein Fehler begangen wurde. Auch in dieser Hinsicht sind meine Befehle eindeutig.« Und als hoffe er, Fürst Leuenfarb auf diese Art loszuwerden, fügte er hinzu: »Vielleicht hat man Euch ja einem der Geleitschiffe zugeteilt.«
Fürst Leuenfarb stieß ein erschöpftes Seufzen aus. Als er sich zu seinem Diener umdrehte, streifte mich sein Blick; nur einen winzigen Augenblick lang schaute er mir in die Augen.
»Stell das ab!«, befahl er dem Mann, und erleichtert setzte der Diener die Kiste ab, die er trug. Fürst Leuenfarb setzte sich prompt darauf. Er schlug seine grün bekleideten Beine übereinander und winkte herrisch seinen restlichen Dienern. »Ihr alle! Stellt eure Last ab, wo ihr seid.«
»Aber... Ihr versperrt den... Bitte, Fürst Leuenfarb ...«
Fürst Leuenfarb ignorierte die Qualen des Schreibers. »Hier werde ich bleiben, bis die Angelegenheit geklärt ist«, verkündete er in verletztem Tonfall. Dann verschränkte er die Arme vor der Brust, hob das Kinn und blickte über das Wasser hinaus, als bereite nichts auf der Welt ihm Sorgen.
Der Schreiber warf einen Blick an ihm vorbei. Fürst Leuenfarbs Diener und Gepäck bildeten ein echtes Hindernis auf dem Dock. Andere Passagiere stauten sich hinter ihm, und Schauermänner mit Fässern und Proviantsäcken sammelten sich dort auch. Der Schreiber atmete tief durch und versuchte, seine Autorität geltend zu machen.
»Herr, Ihr werdet Eure Person und Euer Gepäck entfernen müssen, bis das geregelt ist.«
»Das werde ich nicht. Ich schlage vor, Ihr schickt einen Läufer zu Lord Chade und lasst Euch von ihm die Anweisung geben, mich an Bord zu lassen. Mit weniger werde ich mich nicht zufrieden geben.«
Mich verließ der Mut. Ich wusste, dass Fürst Leuenfarbs Bemerkung mehr für mich als für den Schreiber bestimmt gewesen war. Er hatte mich gesehen. Nun erwartete er von mir, dass ich sofort zur Burg laufen und mich mit Chade in
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