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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Melodien auf ihnen zu spielen, ist leicht, doch ein talentierter Spieler vermag mit ihnen genauso gut zu unterhalten wie jeder Barde auf der Bocksburg. Ich war nicht überrascht, eine solche Flöte bei Web zu sehen. Er war einst Fischer gewesen, und vermutlich war er das in vielerlei Hinsicht immer noch.
    Er winkte mir zu gehen. Als ich mich entfernte, hörte ich eine seufzende Musik. Web spielte leise ein Kinderlied. Wusste er instinktiv, was Dick trösten würde? Ich fragte mich, warum ich nicht daran gedacht hatte, dass solche Musik ihn beruhigen könnte. Ich seufzte. Inzwischen war ich in meinem Denken einfach zu festgefahren. Ich musste wieder flexibler werden.
    In der Hoffnung auf eine warme Mahlzeit ging ich in die Kombüse. Stattdessen bekam ich jedoch nur hartes Brot und ein kaum zwei Finger dickes Stück Käse. Die Köchin ließ mich wissen, dass ich mich glücklich schätzen könne, überhaupt etwas zu bekommen. Schließlich durfte sie nichts zu verschwenden, nein, nein, nicht auf diesem überbevölkerten, überladenen Pott. Außerdem hatte ich gehofft, etwas Waschwasser zu bekommen, um zumindest das Salz von meinen Händen und meinem Gesicht zu waschen, doch auch das bekam ich nicht. Schließlich hätte ich meine Ration ja schon bekommen, erklärte die Köchin. Ich solle nehmen, was sie mir gab, sagte sie, und glücklich damit sein. Gardisten! Die hatten ja keine Ahnung, wie viel Selbstdisziplin das Leben an Bord eines Schiffes verlangte.
    Ich ging nach unten, wo die anderen Soldaten schnarchten, vor sich hin murmelten oder im Licht der hin und her baumelnden Laterne Karten spielten. In den wenigen Tagen, da wir auf See waren, hatte sich der Geruch in unserem Quartier nicht gerade verbessert, und ich musste feststellen, dass Sieber nicht übertrieben hatte, was die Stimmung der Männer betraf. Die Bemerkungen eines Mannes über das zurückkehrende Kindermädchen< hätten ausgereicht, einen Kampf anzufangen, hätte ich es darauf angelegt. Das tat ich jedoch nicht, sondern ignorierte die Beleidigung, aß rasch und fischte meine Decke aus der Seekiste. Einen Platz zum Hinlegen zu finden, erwies sich als unmöglich. Der ganze Boden war voller Gardisten. Ich rollte mich in ihrer Mitte zusammen. Zwar hätte ich vorgezogen, mit dem Rücken an einer Wand zu schlafen, doch das war nicht machbar. Ich zog die Schuhe aus und öffnete meinen Gürtel. Der Mann neben mir murmelte unangenehm und rollte sich genau in dem Augenblick herum, da ich versuchte, es mir bequem zu machen und mich zuzudecken. Ich schloss die Augen, atmete aus und suchte verzweifelt nach Bewusstlosigkeit, dankbar für die Gelegenheit, schlafen zu können. Wenigstens in meinen Träumen würden ich diesem Albtraum entkommen können.
    Doch als ich das verschwommene Gebiet zwischen Wachen und Schlafen betrat, erkannte ich, dass ich mich vielleicht der Lösung für meine Probleme gegenüber sah. Doch anstatt mich tiefer in den Schlaf vorzukämpfen, glitt ich seitwärts hindurch und suchte nach Nessel.
    Meine Aufgabe war schwerer, als ich erwartet hatte. Dicks Musik war hier, und einen Weg hindurch zu finden, war, als kämpfe man sich im Nebel durch ein Gestrüpp aus Dornensträuchern. Kaum hatte ich das gedacht, da wuchsen Tentakel und Dornen aus den Tönen. Musik sollte einen Menschen nicht verletzen, doch diese tat es. Ich taumelte durch einen Nebel aus Übelkeit, Hunger und Durst; Kälte kroch meinen Rücken hinunter, und mein Kopf pochte von der misstönenden Musik, die an mir zerrte. Nach einiger Zeit blieb ich stehen. »Es ist nur ein Traum«, sagte ich mir, und die Dornenzweige wanden sich spöttisch ob meiner Worte. Während ich reglos dastand und über meine Situation sinnierte, wanden sie sich um meine Beine. »Es ist nur ein Traum«, sagte ich erneut. »Nichts kann mich hier verletzen.« Doch meine Worte zeigten keine Wirkung. Ich spürte, wie die Dornen durch die Hose und in mein Fleisch drangen, als ich vorwärts stolperte. Sie verstärkten ihren Griff und hielten mich fest.
    Ich blieb wieder stehen und kämpfte um Ruhe. Was mit Dicks Gabenlied begonnen hatte, war nun mein eigener Albtraum. Ich richtete mich gegen das Gewicht der Dornenzweige auf, die mich nach unten zu ziehen versuchten, griff an meine Hüfte und zog Veritas Schwert. Ich schlug nach den Ranken, und sie gaben nach und wanden sich von mir fort wie Schlangen. Solcherart ermutigt verlieh ich meinem Schwert eine Flammenklinge, um damit die sich windenden Pflanzen zu verbrennen

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