Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet
einmal daran, welche Neuigkeiten er uns heute gebracht hat. Er ist über Hafen und Stadt Zylig geflogen, und Web hat sie durch die Augen des Vogels von oben betrachtet. Er hat nirgendwo Menschen sich sammeln sehen, keinerlei Anzeichen für Kampfvorbereitungen oder Verrat. Sicher, die Stadt ist voller Menschen, aber sie strahlt etwas Festliches aus. Beruhigt dich das denn gar nicht?«
In gewissem Sinne schon, doch angesichts der Tatsache, dass man Verrat leicht verbergen kann, mache ich mir nach wie vor Gedanken.«
Dick rollte sich murmelnd herum, und ich nutzte die Gelegenheit, um mich von Chade und Pflichtgetreu zu verabschieden. Nicht viel später zog sich Chade in seine eigene Kabine zurück; der Prinz ging zu Bett und ich machte mir meine Liegestatt neben Dick zurecht. Ich dachte an Web und Risk und versuchte, mir vorzustellen, wie es wohl sein mochte, das Meer und die Äußeren Inseln durch die Augen eines Vogels zu sehen. Es musste ein wahres Wunder sein. Doch bevor meine Fantasie mich vollends davontragen konnte, überkam mich eine Welle der Sehnsucht nach Nach tauge. In jener Nacht träumte ich meine eigenen Träume, und sie waren voller jagender Wölfe auf den von der Sonne gebleichten Hügeln.
So ist es gewesen: Eda und El paarten sich in der Dunkelheit, doch er fand nicht ihr Wohlgefallen. Dann gebar sie das Land, und der Strom ihres Wassers bei jener Geburt wurde das Meer. Das Land war formlos, tönern und still, bis Eda es in ihre Hände nahm. Eine nach der anderen formte sie die Runen ihres geheimen Namens, und auch Eis machte sie. Sie buchstabierte den Gottesnamen mit den Gottesrunen und legte sie sorgfältig geordnet ins Meer. Und all dies beobachtete El.
Doch als er seinen eigenen Ton nehmen und seine eigenen Runen formen wollte, gab Eda ihn ihm nicht. »Du hast mir nur ein paar Tropfen aus deinem Körper gegeben als Samen für all das. Das Fleisch kam von mir. Nimm also nur so viel, wie du gegeben hast, und sei damit zufrieden.«
El war keineswegs damit zufrieden. So schuf er die Männer, gab ihnen Schiffe und setzte sie aufs Meer. Dann lachte er und sagte: »Es sind zu viele, als dass sie sie alle im Auge behalten könnte. Schon bald werden sie auf ihrem Land wandern und es nach meinem Willen umformen, auf dass es meinen Namen und nicht den ihren schreibt.«
Doch Eda hatte bereits so weit gedacht. Als Eis Männer daraufhin an Land kamen, fanden sie Edas Frauen, die bereits dort wandelten, die Früchte wachsen ließen und das Vieh verteilten. Und die Frauen ließen es nicht zu, dass die Männer das Land umformten, ja, sie ließen sie noch nicht Mal lange bleiben. Stattdessen sagten die Frauen zu den Männern: »Wir werden uns den Saft eurer Lenden geben lassen, auf das wir neues Fleisch formen können, das auf uns folgt. Doch das Land, das Eda gebar, wird niemals euren Söhnen gehören, sondern nur unseren Töchtern.«
Die Geburt der Welt, wie die Barden auf den Äusseren Inseln sie erzählen .
Trotz Chades Zweifeln hatte Webs Vogel ihm ganz genau gezeigt, was uns erwartete. Am nächsten Morgen meldete der Ausguck Land in Sicht, und nachmittags zogen die ersten kleineren Inseln an Backbord vorbei: kleine grüne Eilande mit winzigen Häusern ragten aus den einsamen Wassern heraus. In Ufernähe dümpelten Fischerboote und gingen ihrer Arbeit nach. Ich versuchte, Dick davon zu überzeugen, an Deck zu gehen, damit er sehen konnte, wie nah wir unserem Ziel waren. Doch er rührte sich nicht vom Fleck. Als er sprach, kamen die Worte langsam und bedächtig über seine Lippen. »Das ist aber nicht Zuhause«, stöhnte er. »Wir sind viel zu weit weg von Zuhause, und wir werden nie wieder dorthin zurückkehren. Nie wieder.« Hustend wandte er sich von mir ab.
Doch selbst seine säuerliche Stimmung änderte nichts daran, dass ich mich erleichtert fühlte. Ich redete mir ein, dass er den Mut schon wiederfinden würde, sobald wir festen Boden unter den Füßen hatten. Das Wissen, dass wir der Enge des Schiffes bald entkommen würden, machte aus jedem Augenblick eine halbe Ewigkeit, und tatsächlich kam Zylig erst am nächsten Nachmittag in Sicht. Als kleine Boote uns entgegenkamen, um unsere Schiffe durch die schmale Hafeneinfahrt zu geleiten, sehnte ich mich danach, mit Chade und Prinz Pflichtgetreu an Deck zu sein.
Stattdessen stapfte ich jedoch in der Kabine des Prinzen auf und ab und >genoss< den frustrierenden Blick aus dem Heckfenster. Ich hörte, wie der Kapitän Befehle bellte, und das Trampeln
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