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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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der nackten Seemannsfüße auf den Planken. Chade, Prinz Pflichtgetreu, ein Gefolge aus Adeligen und seine Zwiehafte Kordiale waren allesamt an Deck und beobachteten, wie das Schiff sich langsam Zylig näherte. Ich fühlte mich wie ein Hund, den man in den Zwinger gesperrt hatte, während der Rest der Meute auf die Jagd ging. Ich spürte, wie sich die Bewegung des Schiffes änderte, als die Segel eingeholt wurden und die Boote die Schlepptaue anzogen und uns mit dem Heck in Richtung Zylig drehten. Schließlich hörte ich den Anker fallen und starrte durch die Fenster auf die fremde Stadt, die uns erwartete. Die anderen Schiffe der Sechs Provinzen wurden zu Ankerplätzen in der Nähe geschleppt.
    Ich glaube nicht, dass es noch etwas Schwerfälligeres und Langsameres gibt als ein Schiff, das in einen Hafen einläuft - abgesehen vielleicht vom Entladen desselbigen. Plötzlich wimmelte es auf dem Wasser um uns herum von kleinen Booten, die mit ihren Rudern übers Wasser huschten wie vielbeinige Käfer. Eines, das größer war als die anderen, trug alsbald Prinz Pflichtgetreu, Chade, ein ausgewähltes Gefolge und eine Hand voll Gardisten davon. Ich blickte ihnen hinterher und war sicher, dass sie Dick und mich vergessen hatten. Dann klopfte es an der Tür. Es war Sieber, und er trug eine frische Gardistenuniform. Seine Augen strahlten vor Aufregung.
    »Ich soll auf deinen Schwachkopf aufpassen, während du dich fertig machst. Ein Boot wird dich, ihn und den Rest der Garde an Land bringen. Und jetzt mach voran. Alle anderen sind schon bereit.«
    Also hatten sie mich nicht vergessen; sie hatten es nur nicht für nötig befunden, mich in ihre Pläne einzuweihen. Ich nahm Sieber beim Wort, ließ ihn mit Dick allein und ging nach unten. Das Quartier der Gardisten war menschenleer. Die anderen hatten saubere Uniformen angelegt, kaum dass wir uns dem Hafen genähert hatten. Jene, die den Prinzen begleiten sollten, eilten sofort an die Reling, begierig darauf, endlich von Bord zu kommen. Ich zog mich rasch um und eilte ins Quartier des Prinzen zurück. Dick dazu zu bringen, etwas Sauberes anzuziehen, würde weder angenehm noch leicht werden, doch als ich eintraf, stellte ich fest, dass Sieber mir die Arbeit bereits abgenommen hatte.
    Dick hockte auf der Kante seiner Koje und schwankte mit dem Oberkörper hin und her. Seine blaue Tunika und die blaue Hose hingen an seinem ausgezehrten Leib herunter. Erst jetzt, da ich ihn angezogen sah, fiel mir auf, wie viel Gewicht er verloren hatte. Sieber kniete neben der Koje und drängte ihn gutmütig, die Schuhe anzuziehen. Dick stöhnte leise, das Gesicht zu einer Maske des Elends verzerrt. Hatte ich bis jetzt noch Zweifel gehegt, so war ich nun sicher, dass Sieber einer von Chades Männern war. Kein gewöhnlicher Gardist hätte diese Aufgabe auf sich genommen.
    »Ich bringe das zu Ende«, sagte ich zu ihm und konnte einen schroffen Unterton nicht vermeiden. Ich wusste nicht warum, doch der kleine Mann, der mich aus seinen trüben, kleinen Augen anblickte, weckte meinen Beschützerinstinkt.
    »Dick«, sagte ich, nachdem ich ihm die Schuhe angezogen hatte, »wir gehen jetzt an Land. Haben wir erst einmal wieder festen Boden unter den Füßen, wirst du dich rasch besser fühlen. Du wirst schon sehen.«
    »Nein, das werde ich nicht«, versprach er mir. Dann hustete er, und das Rasseln in seiner Kehle bereitete mir große Sorgen. Nichtsdestotrotz holte ich ihm einen Mantel und zog ihn in die Höhe. Er taumelte neben mir her, als wir die Kabine verließen. Oben an Deck spürte er zum ersten Mal seit Tagen den frischen Wind auf dem Gesicht. Er zitterte und zog den Mantel enger um die Schultern. Die Sonne schien hell, doch hier war ein Frühlingstag nicht so warm wie in Bocksburg. Auf den Kuppen der größeren Hügel lag noch immer Schnee, und der Wind wehte kalt ins Tal hinab.
    Die Outislander sorgten für unseren Transport an Land. Um Dick in das kleine, auf den Wellen tanzende Boot zu bringen, bedurfte es sowohl meiner als auch Siebers ganzer Überredungskunst. Im Geiste verfluchte ich jene Gardisten, die uns in unserer Not verspotteten. Gleichzeitig zogen auch die Outislander an den Rudern freimütig über uns her, ohne zu ahnen, dass ich klar und deutlich verstand, mit welcher Verachtung sie über einen Prinzen sprachen, der sich einen Schwachkopf zum Gefährten nahm. Als ich mich schließlich neben Dick auf der Bank niederließ, musste ich den Arm um ihn legen, um ihm die Angst vor dem

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