Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet
erreichten, kaute unser Führer ungeduldig auf seinem Schnurrbart ob unseres langsamen Gangs. Es kümmerte mich nicht länger. Als er eine Seitentür öffnete und mir winkte, wir sollten uns beeilen, richtete ich mich langsam zu voller Größe auf und funkelte auf ihn hinab. In meinem besten Outislandisch und mir durchaus bewusst, wie furchtbar mein Akzent war, sagte ich ihm: »Es ist nicht der Wunsch des Gefährten des Prinzen, dass wir uns beeilen. Ich folge seinem Befehl, nicht deinem.«
Ich sah Unsicherheit im Gesicht des alten Mannes, als er sich fragte, ob er unbewusst jemanden von weit höherem Rang beleidigt hatte. So war er dann auch ein wenig höflicher, als er uns zwei steile Treppen hinauf zu einer Kammer führte, durch deren dicke Fenster man über Stadt und Hafen blicken konnte. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon mehr als genug von ihm. Ich schätzte ihn als kleinen Lakaien irgendeines unbedeutenden Kriegsführers des Eberclans ein, und als solchen entließ ich ihn brüsk, kaum dass wir in der Kammer waren. Dann schloss ich die Tür, obwohl er im Gang stehen blieb.
Ich setzte Dick aufs Bett und schaute mich rasch im Raum um. Eine Tür verband diesen Raum mit einem anderen, weit größeren Zimmer. Das ließ mich darauf schließen, dass man uns im Dienerquartier neben dem Gemach des Prinzen untergebracht hatte. Das Bett war angemessen, die Möbel schlicht. Nichtsdestotrotz kam mir die Kammer nach der Enge des Schiffes wie ein Palast vor. »Bleib hier sitzen«, sagte ich zu Dick. »Und leg dich noch nicht schlafen.«
»Wo sind wir? Ich will wieder nach Hause«, murmelte er. Ich ignorierte ihn und schlich ins Gemach des Prinzen. Dort besorgte ich mir einen Krug Waschwasser, eine Schüssel und Handtücher. Auf dem Tisch stand auch ein Teller mit Essen. Ich war nicht sicher, um was es sich dabei handelte; aber ich nahm mir ein paar der dunklen, klebrigen, in Vierecke geschnittenen Stücke und einen ölig aussehenden Kuchen. Auch nahm ich eine Flasche von etwas, das mir Wein zu sein schien, sowie einen Becher.
Dick war aufs Bett gefallen. Mühsam wuchtete ich ihn wieder in die Höhe. Trotz seines Protests zwang ich ihn, sich Gesicht und Hände zu waschen. Ich wünschte nur, ich hätte eine Wanne gehabt, in die ich ihn hätte stopfen können, denn nach so vielen Tagen im Krankenbett stank er einfach nur furchtbar. Anschließend brachte ich noch dazu, etwas zu Essen und einen Becher Wein zu trinken. Dick beschwerte sich und schniefte, bis er einen Schluckauf bekam. Einmal fühlte ich, wie er seine Gabenstärke gegen mich sammelte, doch er war so schwach, dass der darauffolgende Schlag meine Mauern noch nicht einmal ankratzte. Ich zog ihm Hemd und Schuhe aus und legte ihn ins Bett. »Der Raum bewegt sich immer noch«, murmelte Dick trotzig. Dann stieß er einen lauten Seufzer aus, machte es sich auf dem Bett bequem und schlief ein. Ich schloss ebenfalls die Augen und schlich mich vorsichtig in Dicks Traum. Das Kätzchen schlief zusammengerollt auf dem bestickten Kissen. Dick fühlte sich sicher. Ich öffnete die Augen wieder und fühlte mich plötzlich so müde, dass ich mich einfach auf den Boden legen und augenblicklich hätte einschlafen können.
Das tat ich jedoch nicht. Stattdessen benutzte ich, was von dem sauberen Wasser übrig geblieben war. Anschließend probierte ich das Essen, fand es ungenießbar und aß es trotzdem. Der ölige Kuchen stellte offenbar eine Art Nachspeise dar; das andere Zeug schmeckte stark nach Fischpaste. Der >Wein< wiederum war aus irgendeiner Frucht hergestellt; aus was für einer konnte ich jedoch nicht sagen. Auf jeden Fall vertrieb er nicht den Fischgeschmack aus meinem Mund. Dann verließ ich mit der Schüssel Schmutzwasser unter dem Arm das Zimmer. Sollte jemand mich fragen, würde ich sagen, dass ich einen Platz suchte, das Schmutzwasser zu entsorgen.
Das Gebäude war ebenso sehr Festung wie Residenz des Clans. Wir waren im obersten Stockwerk untergebracht, und ich hörte nichts, was auf weitere Bewohner hätte schließen lassen. Die Innenwände waren mit geschnitzten und gemalten Ebern und Eberzahnmotiven verziert, und die anderen Türen am Gang waren nicht verschlossen. Sie schienen abwechselnd in kleinere Kammern wie die Dicks zu führen und in größere, üppiger möblierte; doch keines dieser Zimmer entsprach den Standards der Bocksburg, noch nicht einmal als Gästequartiere für niedere Adelige. Allerdings bezweifelte ich, dass die Outislander uns so beleidigen
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