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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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wollten. Ich wusste, dass man hier unter Gastfreundschaft etwas anderes verstand als in den Sechs Provinzen. Allgemein gesprochen erwartete man von Gästen, dass sie sich selbst versorgten. Als wir hierher gekommen waren, hatten wir das gewusst. Der Wein und das Essen im Gemach des Prinzen waren offenbar eine Verbeugung vor der Gastfreundschaft der Sechs Provinzen, welche die Narcheska und ihr Gefolge in Bocksburg genossen hatten. In diesem Stockwerk fand sich kein einziger Diener, und ich bezweifelte, dass man uns welche zur Verfügung stellen würde.
    Eine Etage tiefer schien alles genauso zu sein. Nur rochen hier die Räume, als wären sie vor kurzem noch genutzt worden: Rauch, Essen, und in einem Fall schien auch ein nasser Hund dort gewohnt zu haben. Ich fragte mich, ob man sie extra für uns freigemacht hatte. Die Räume hier waren ein wenig kleiner und die Fenster mit Ölhaut anstatt mit Glas verschlossen. Schwere, hölzerne Fensterläden, einige davon mit Narben von Pfeileinschlägen, boten Schutz vor potentiellen Angreifern. Offensichtlich waren die oberen Räumlichkeiten nur für jene von höchstem Rang vorgesehen; ganz anders als in den Sechs Provinzen, wo die Diener unter dem Dach lebten, damit der Adel nicht so viele Treppen steigen musste. Ich hatte gerade wieder die Tür hinter mir geschlossen, als ich Schritte auf der Treppe hörte. Plötzlich erschien eine ganze Prozession von Dienern und brachte das Gepäck der Herren der Sechs Provinzen sowie Essen und alles, was sie für ihre Bequemlichkeit benötigten. Verwirrt blieben sie im Gang stehen, und einer fragte mich: »Woher sollen wir wissen, für wen welches Zimmer ist?«
    »Ich habe keine Ahnung«, antwortete ich freundlich. »Ich weiß ja noch nicht einmal, wo ich das Schmutzwasser hinbringen soll.«
    Dann ließ ich sie mit der Frage allein, wer in welchem Zimmer wohnen würde; ich vermutete aber, dass die besten an die Adeligen mit den aggressivsten Dienern gehen würden. Eine weitere Tür führte in einen Gang und zu einer großen Küche, wo mehrere junge Outislander sich um einen großen Spießbraten kümmerten, Kartoffeln und Zwiebeln schnitten und Brotteig kneteten. Sie waren so sehr in ihre Arbeit vertieft, dass sie mich vollkommen ignorierten, während ich sie anstarrte. Bei einer raschen Tour um die Außenseite des Gebäudes fand ich eine zweite, weit größere Tür, die zu einer weitläufigen Halle führte, welche den Großteil des Erdgeschosses in Anspruch nahm. Die Tür stand offen, um Licht und Luft hineinzulassen. Darin sah ich das, was ohne Zweifel das Empfangskomitee für den Prinzen war. Ich schüttete das Schmutzwasser ins tiefe Gras auf einer Seite des Gebäudes, zog rasch meine Uniform zurecht und band mein Haar zu einem Pferdeschwanz zurück.
    Unbemerkt schlich ich mich in die Halle. Meine Gardekameraden standen an der Wand aufgereiht. Sie sahen so wachsam aus, wie es Männer nun einmal tun, die zutiefst gelangweilt sind, und tatsächlich schienen sie kaum mehr zu bewachen zu haben als sich selbst.
    Die Halle war lang, die Decke niedrig. Den größten Teil hatte man mit einheitlichen Bänken vollgestellt, auf denen Männer saßen. Einen Thron oder ein Podium gab es nicht. Auch waren die Bänke nicht alle nach vorne gerichtet, sondern im Kreis aufgestellt, und der Platz in der Mitte war frei. Ein gebeugter alter Kaempra, ein Kriegsfürst des Fuchsclans, sprach gerade. Seine kurze Jacke war von Fuchsschwänzen gesäumt, ebenso weiß wie sein unbändiges Haar. Ihm fehlten drei Finger an der Schwerthand, doch zum Ausgleich trug er eine Halskette aus menschlichen Fingerknochen. Nervös zupfte er daran, während er sprach. Immer wieder blickte er zu Blutklinge, als sei er sorgfältig darauf bedacht, diesen nicht zu beleidigen, gleichzeitig jedoch zu verärgert, um still zu bleiben. Ich schnappte nur seine Schlussworte auf.
    »Kein einzelner Clan kann für uns alle sprechen! Kein einzelner Clan hat das Recht, Unglück über uns alle zu bringen.«
    Dann nickte der Fuchs-Kaempra feierlich in jede Ecke des Raums und zog sich wieder zu seiner Bank zurück. Ein anderer Mann stand auf, ging in die Mitte und begann zu sprechen. Ich entdeckte den Prinzen und Lord Chade inmitten der sie begleitenden Adeligen auf einer Gruppe von Bänken. Pflichtgetreus Zwiehafte Kordiale saß hinter ihm. Der Hetgurd - ich erkannte die Versammlung, als den Rat der Kriegsfürsten der Clans - hatte dem Rang meines Prinzen keinen Respekt gezollt. Hier saß er als

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