Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache
festzuhalten, während ich mich darum bemühte, jedes einzelne Bild mit den Fingerspitzen abzufahren und ihre Haut dazu zu bewegen, die Fäulnis der Bleichen Frau auszustoßen. Dabei sah ich erneut den Rücken des Narren vor mir, der so wunderbar und exquisit gezeichnet gewesen war, und ich dankte dem Schicksal dafür, dass ihm dies beigebracht worden war, bevor die Bleiche Frau die Gabenlehre pervertiert hatte. Ich konnte nicht verstehen, warum sich ihre Tätowierungen so sehr gegen uns wehrten. Als schließlich die letzte Pranke aus Ellianias Haut getrieben war, war ich vollkommen erschöpft, doch ihr Rücken war glatt und klar.
»Es ist vollbracht«, sagte ich müde und zog die Decke wieder hoch. Sie atmete tief ein - es war fast ein Schluchzen und Pflichtgetreu nahm sie vorsichtig in die Arme.
»Danke«, sagte er leise zu mir. Dann wandte er sich an Elliania. »Es ist zu Ende. Sie kann dir nie wieder wehtun.«
Kurz fragte ich mich nervös, ob das wahr war. Aber bevor ich meine Zweifel zum Ausdruck bringen konnte, hörte wir einen Ruf vor dem Zelt. »Segel in Sicht! Segel in Sicht! Eines mit dem Eber, das andere mit dem Bären!«
Je mehr ich mich mit den Affären und Verbindungen von Lord und Lady Grauling beschäftige, desto mehr bin ich davon überzeugt, dass Euer Verdacht gut begründet ist Auch wenn siedie >Einladung< der Königinfür die junge Lady Sydel angenommen haben, einige Zeit am Bocksburger Hof zu verbringen, war von Eifer oder Freude nichts zu spüren. Ihr Vater war hartherziger in dieser Sache als ihre Mutter. Ihre Mutter war ehrlich entsetzt, sie dorthin zu schicken ohne passende Kleidung für auch nur einen Tag bei Hofe. Die Gelder, die ihr Vater ihr gewährt hat, reichen noch nicht einmal für ein Milchmädchen. Ich glaube, er hofft darauf, dass sie sich bei Hofe lächerlich genug machen wird, um wieder nach Hause zurückzukehren.
Der Frau, die er als Zofe für sie ausgewählt hat, kann man nicht vertrauen. Ich schlage vor; dass man irgendetwas gegen Opal suchen und finden sollte, woraufhin sie sofort aus Bocksburg zu entfernen ist. Achtet darauf dass ihre graue Hauskatze mit ihr geht.
Sydel selbst scheint lediglich der Jugend und Oberflächlichkeit schuldig zu sein. Aus diesen Gründen glaube ich nicht, dass sie weiß, dass man ihre Eltern als Gescheckte enttarnt hat, geschweige denn, dass sie in ihre Intrigen eingeweiht wäre.
Spionagebericht, nicht unterzeichnet
Günstige Gezeiten hatten die Schiffe rascher zu uns gebracht, als wir erwartet hatten. Aber wenn wir schon überrascht waren, die Schiffe so schnell zu sehen, so waren die Mannschaften gleichermaßen geschockt ob der Größe unserer Gruppe, die sie erwartete. Die Boote, mit denen sie ans Ufer fuhren, waren voller Männer, welche die Neuigkeiten sofort und aus erster Hand hören wollten. So viele von uns gingen ihnen entgegen, dass die Boote schon weit auf den Strand gezogen worden waren, bevor die ersten Männer aussteigen konnten. Ein Geschrei wie bei einer Schlacht erhob sich, als jeder Mann versuchte, den staunenden Seeleuten seine Geschichte als Erster zu erzählen. Neben allgemeinem Schulterklopfen wurde viel gelacht, und Arkon Blutklinge übertönte sie allesamt, als er vom Triumph des Narwalclans berichtete. Später sollte ich erfahren, dass die Narcheska ihrem Vater viel in Form von Getreide, Handelsgütern und anderen Gefälligkeiten versprochen hatte. Die Ländereien des Eberclans waren felsig und steil, gutes Land für Schweine, aber nicht für Feldfrüchte. Blutklinge hatte acht Nichten in seinem eigenen Glan, um die er sich kümmern musste, und diese jungen Eber würden ob des Narwal-Triumphs prächtig gedeihen.
Doch damals, in diesem Augenblick, wusste ich nur, dass wieder einmal große Freude den jungen Flink und mich umgab, was unsere Trauer nur vergrößerte. Schlimmer noch: Ich hatte vergangene Nacht eine Entscheidung getroffen -eine Entscheidung, die sich so korrekt anfühlte, dass ich wusste, dass nichts mich davon abbringen würde. Während die Männer draußen also einander zujubelten und sich ihre Geschichten erzählten, sprach ich im trüben Licht des Schlittenzeltes leise mit Flink.
»Ich werde nicht mit dir zurückgehen. Kannst du dich ohne mich um deinen Vater kümmern?«
»Kann ich ... Was meinst du damit, du würdest nicht mit uns zurückkommen? Was kannst du denn sonst tun?«
»Hier bleiben. Ich muss noch einmal auf den Gletscher, Flink. Ich will einen Weg in den unterirdischen Palast finden.
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