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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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wieder.
    Fünf Poeten, fünf Narren. Fünf Geschichtenerzähler. Fünf herumtollende Barden, die aus Dankbarkeit über ihre Freilassung sprangen, tanzten und herumwirbelten und meine Finger schüttelten, mit meiner Stimme sprachen und sich schon um meine Aufmerksamkeit stritten.
    »Was brauchst du? Eine Geburtstagshymne? Ich habe einen ganzen Berg davon, und es ist keine Mühe, überhaupt keine Mühe, sie für den Empfänger anzupassen, ehrlich!«
    »Zerhacken! Schamloses Zerhacken ist dieses Hauen und Spalten alter Relikte, diese alten Knochen in neuem Gewand! Lass mich deine Stimme haben, und ich werde dir ein Lied singen, um deine Krieger zum Kampf zu rufen und neue Lust in den Jungfrauen zu wecken!« Das war ein Mann, und er füllte meine Lungen, bis sie zu platzen drohten, um seine Worte hinauszubrüllen. Jeder Satz und jede Stimme kam aus meiner eigenen Kehle. Ich war wie eine Puppe für sie, eine Flöte, auf der sie spielen konnten.
    »Lust ist nur ein feuchter Augenblick, ein Aufbranden und ein Platschen!«, sagte sie abschätzig. Sie war eine junge Frau, bei der man an Sommersprossen auf der Nase denken musste. »Du willst doch ein Liebeslied, oder? Etwas Zeitloses, etwas, was älter ist als die Berge und neuer als ein Samenkorn, das in der fruchtbaren Erde aufgeht. Das ist Liebe.«
    »Viel Glück!«, rief irgendjemand verzweifelt. Er färbte seine Worte mit der Verachtung eines Gecken. »Hört zu. Fala-la-lala - hoffnungslos! Die Kehle eines Seemanns und einen Leib aus Holz. Das schönste je gesungene Lied wird das Krächzen einer Krähe sein, wenn es aus seiner Kehle kommt, und ich wette, er hat auch noch nie einen Handstand gemacht. Wer ist das überhaupt, und wie ist er an unseren Schatz gekommen?«
    »Barden«, sagte ich lustlos. »Barden und Gaukler. Oh, Narr,
dieser
Schatz passt wahrlich zu dir. Eine
Narrenkrone.
Hier gibt es keine Hilfe für uns.« Ich legte den Kopf in die Hände und fühlte das raue Holz der Krone unter meinen Fingern. Ich schob, doch sie blieb stur, wo sie war. Sie hatte sich um meine Stirn festgezogen.
    »Wir sind doch gerade erst angekommen«, beschwerte sich das zahnlose alte Weib. »Und wir haben nicht die Absicht, sofort wieder zu gehen. Wir sind eine große Gabe, eine fantastische Gabe, die nur demjenigen gewährt wird, der dem König am meisten Freude bereitet. Wir sind ein Chor von Stimmen, Stimmen jeden Alters. Wir sind ein Regenbogen der Geschichte. Warum willst du dich uns verweigern? Was für eine Art Schausteller bist du denn?«
    »Ich bin kein Schausteller.« Ich seufzte. Für einen Augenblick erlangte ich das volle Bewusstsein über meinen Körper zurück. Ich stand neben dem Scheiterhaufen, aber ich erinnerte mich nicht daran, aufgestanden zu sein. Um uns herum war es Nacht geworden, und die Insekten stimmten ihre Lieder an. In der kühler gewordenen Luft roch ich das Laub des Waldes. Der zerfallende Leib des Narren fügte ihm seine eigene süßliche Note von Fäulnis hinzu. Sein ganzes Leben lang war er für Nachtauge der >Geruchlose< gewesen. Nun, im Tod, konnte ich ihn riechen. Das widerte mich jedoch nicht an. Ich hatte noch genug Wolf in mir, um schlicht zu akzeptieren, dass er roch, wie er roch. Es war die Veränderung, die mir einen Stich versetzte, denn sie war der unwiderlegbare Beweis dafür, dass sein Körper wieder zur Erde zurückkehrte, in den natürlichen Kreislauf von Tod und Wiedergeburt, der überall um mich herum herrschte. Ich versuchte, lange genug innezuhalten, um etwas Trost aus diesem Gedanken zu ziehen, doch die fünf in mir waren viel zu ungeduldig, als dass sie stillgehalten hätten. Sie drehten mich langsam im Kreis, hoben meine Arme, prüften wippend meine Füße und füllten meine Lunge mit Luft. Ich fühlte, wie sie gierig die Nacht in mir aufnahmen, den Geschmack, den Geruch, die Geräusche und das Gefühl der Waldluft auf meinem Gesicht. Sie gierten nach Leben.
    »Was brauchst du für Hilfe?«, fragte mich das sommersprossige Mädchen, und in ihrer Stimme hörte ich Mitgefühl. Kaum verhüllt lauerte darunter der Hunger aller Barden nach den Geschichten vom Leid anderer. Sie wollte auch diesen Teil des Lebens wieder zurück. Ich wollte mein Leid jedoch nicht teilen.
    »Nein. Geht weg. Ihr könnt mir nicht helfen.« Und dann erzählte ich es ihnen gegen meinen Willen trotzdem. »Mein Freund ist tot. Ich will ihn wieder zum Leben erwecken. Kann ein Barde mir dabei helfen?«
    Einen respektvollen Augenblick lang schwiegen sie, während

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