Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache
nicht mit einem Gewandelten verschwistert sein wollte. Damals hatte ich nicht wirklich verstanden, was er damit gemeint hatte. Nun, nachdem ich die Krieger der Bleichen Frau gesehen hatte, glaubte ich, es zu wissen.
Auch glaubte ich zu verstehen, was der Narr im Sinn hatte und warum er hierher gekommen war. »Tu es nicht!«, flehte ich ihn an, und als er mich daraufhin überrascht anstarrte, sagte ich: »Ich weiß, dass du darüber nachdenkst, deine Erinnerungen an deine Folter in den Drachen zu geben. Das Mädchen-auf-einem-Drachen könnte sie aus dir herausziehen und sie in sich behalten, wo sie dir nie wieder wehtun könnten. Es würde funktionieren. Ich weiß das. Doch es hat seinen Preis, sich auf diese Art von seinen Schmerzen zu verabschieden, Narr. Wenn du deine Schmerzen linderst und sie vor dir versteckst ...« Meine Worte verhallten. Ich wollte nicht selbstmitleidig klingen.
»Dann gibst du auch einen Teil deiner Freuden auf«, sagte er schlicht. Kurz wandte er den Blick von mir ab und schürzte die Lippen. Ich fragte mich, ob er das Eine gegen das Andere abwog. Würde er sich entscheiden, seine nächtlichen Albträume loszuwerden, auch wenn er damit das Risiko einging, des Morgens keine Freude mehr zu empfinden? »Ich habe das nachher in dir gesehen«, sagte er schließlich. »Ich fühlte mich schuldig. Hätte ich nicht an dem Mädchen-auf-einem-Drachen gearbeitet, du hättest es nie getan. Ich habe mir gewünscht, es irgendwie ungeschehen machen zu können. Jahre später, als ich dich dann in deiner Hütte gesehen habe, habe ich gedacht: >Sicher wird er mittlerweile geheilt sein. Sicher wird er sich erholt haben. <« Er richtete den Blick wieder auf mich. »Aber dem war nicht so. Du hattest nur... aufgehört. In mancherlei Hinsicht. Oh, du warst älter und weiser geworden, nehme ich an. Aber du hast nicht aus eigener Kraft versucht, wieder ins Leben zurückzukehren. Wäre dein Wolf nicht gewesen, hätte es dich wohl noch weit schlimmer getroffen. Du hast wie eine Maus in der Wand gelebt und dich von den Krümeln ernährt, die Merle dir hingeworfen hat. So dickhäutig sie auch sein mag, selbst sie hat es gesehen. Sie hat dir Harm gegeben, und du hast ihn aufgenommen. Aber hätte sie ihn nicht zu deiner Türschwelle gebracht, hättest du dir dann jemanden gesucht, um dein Leben mit ihm zu teilen?« Er beugte sich näher zu mir herüber und fuhr fort: »Selbst nachdem du nach Bocksburg gekommen warst, in deine alte Welt, hast du dich abseits gehalten, egal, was auch immer ich getan oder dir angeboten habe. Meine Schwarze. Du konntest noch nicht einmal eine Verbindung zu einem Pferd aufbauen.«
Ich war wie erstarrt. Seine Worte schmerzten, doch sie waren auch die Wahrheit. »Getan ist getan«, sagte ich schließlich. »Jetzt kann ich nur sagen, falls es das ist, was du hier tun wolltest, tu's nicht. Es war die Sache nicht wert.«
Er seufzte. »Ich muss zugeben, dass ich darüber nachgedacht habe. Ich muss zugeben, dass ich mich sogar danach gesehnt habe, und ich will dir auch sagen, dass dies nicht das erste Mal ist, dass ich seit unserer Ankunft hier das Mädchen-auf-einem-Drachen besucht habe. Ich habe darüber nachgedacht, ihr meine Erinnerungen anzubieten. Ich weiß, dass sie sie nehmen könnte, so wie sie auch deine genommen hat. Aber ... aber auch wenn ich diese Zukunft nicht gesehen habe, so habe ich doch das Gefühl, als hätte das alles so sein sollen. Fitz, an was von ihrer Geschichte erinnerst du dich noch?«
Ich atmete tief durch. »Veritas hat mir erzählt, sie sei Teil einer Kordiale gewesen, die einen Drachen geschaffen hat. Ich erinnere mich an ihren Namen. Salz. Sie hat versucht, Teil der Kordiale zu bleiben, gleichzeitig aber auch das Mädchen-auf-einem-Drachen zu werden. Damit hat sie alle ins Unglück gestürzt. Weil sie zu viel zurückgehalten hat, konnten sie sich nicht als Drache in die Luft erheben. Fast wären sie erwacht, doch dann sind sie im Stein versunken ... bis du sie befreit hast.«
»Bis
wir
sie befreit haben.« Der Narr schwieg für einen Moment, ehe er weitersprach. »Für mich ist das wie das Echo eines Traums. Salz war die Anführerin der Kordiale, und nach ihr ist sie auch benannt worden. Doch als es an die Schaffung der Figur ging, war es Realder, der bereit war, dem Drachen sein Herz zu geben. Als alle nun glaubten, der Drache sei fertig, wurde verkundet, es sei Realders Drache.« Er schaute mich an. »Du hast sie gesehen, gekrönt mit der Hahnenkrone. Das ist
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