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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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lachen und Freunde sein würden.« Sie hustete und gab dann schüchtern zu: »Manchmal habe ich mir vorgestellt, dass du in meinem Alter bist und hübsch, und dass du auch mich hübsch finden würdest. Das war dumm, nicht wahr?«
    »Es tut mir Leid, dass ich dich enttäuscht habe«, sagte ich vorsichtig. »Hübsch finde ich dich allerdings tatsächlich.« Sie warf mir einen Blick zu, der deutlich sagte, dass sie solche Komplimente von einen alten Gardisten als unangenehm empfand. Ihre Illusionen, was mich betraf, hatten eine Barriere zwischen uns errichtet, mit der ich nicht gerechnet hatte. Ich trat näher zu ihr heran und hockte mich dann neben sie, um ihr in die Augen zu schauen. »Könnten wir vielleicht noch mal von vorn beginnen?« Ich streckte ihr die Hand entgegen. »Mein Name ist Schattenwolf. Und Nessel, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie viele Jahre ich mich danach gesehnt habe, dich kennen zu lernen.« Ohne Vorwarnung schnürte es mir die Kehle zu. Ich hoffte, dass mir wenigstens nicht die Tränen in die Augen stiegen. Meine Tochter zögerte und legte dann ihre Hand in die meine. Sie war schlank, wie die Hand einer Dame sein sollte, aber von der Sonne gebräunt, und ihr Handteller war voller Schwielen. Die Berührung verstärkte unser Gabenband, und es war, als drücke sie mein Herz und nicht meine Finger. Selbst wenn ich meine Gefühle vor ihr hätte verbergen wollen, ich konnte es nicht. Ich glaube, ich durchbrach irgendeine Mauer, die sie bis jetzt aufrechterhalten hatte.
    Sie blickte mir ins Gesicht, das nun auf gleicher Höhe mit ihrem war. Unsere Blicke trafen sich, und plötzlich begann ihre Unterlippe zu zittern wie bei einem Kleinkind. »Mein... mein Papa ist tot!«, stammelte sie. »Mein Papa ist tot, und ich weiß nicht, was ich tun soll! Wie sollen wir weitermachen? Chivalric ist noch immer ein kleiner Junge, und Mama versteht nichts von Pferden. Sie redet schon davon, alles zu verkaufen und in die Stadt zu ziehen. Sie sagt, sie könne es nicht ertragen, weiter zu Hause zu leben, weil dort noch überall der Geist meines Vaters ist, aber er selbst ist nicht mehr da!« Sie schluckte und schnappte nach Luft. »Alles fällt auseinander. Ich falle auseinander! Ich kann nicht so stark sein, wie alle von mir erwarten, aber ich muss.« Sie straffte die Schultern und blickte mir in die Augen. »Ich muss stark sein«, wiederholte sie, als würde das ihre Knochen in Eisen verwandeln. Es schien zu funktionieren. Keine Tränen. Sie hatte den Mut der Verzweiflung. Ich nahm sie in die Arme und drückte sie an mich. Zum ersten Mal in ihrem oder meinem Leben hielt ich meine Tochter in den Armen. Ihr kurz geschorenes Haar kratzte über mein Kinn, und alles, woran ich denken konnte, war, wie sehr ich sie liebte. Ich öffnete mich ihr und ließ sie in mich hineinfließen. Ich fühlte ihren Schock ob der Tiefe meiner Gefühle und der Tatsache, dass ein verhältnismäßig Fremder sie so anfasste. Ich versuchte, es ihr zu erklären.
    »Ich werde mich um dich kümmern«, sagte ich ihr. »Ich werde mich um euch alle kümmern. Ich habe es versprochen ... Ich habe deinem Papa versprochen, mich um dich und deine kleinen Brüder zu kümmern, und das werde ich auch tun.«
    »Ich glaube nicht, dass du das kannst«, erwiderte sie, »nicht so wie er.« Doch um ihre Worte ein wenig zu entschärfen, fügte sie hinzu: »Ich glaube allerdings, dass du es versuchen wirst. Aber es gibt niemanden auf der Welt wie meinen Papa. Niemanden.«
    Sie ließ es zu, dass ich sie noch einen Augenblick länger umarmte. Dann, sanft, löste sie sich aus meinen Armen. Mit gedämpfter Stimme sagte sie: »Mein Pferd wird schon gesattelt sein und auf mich warten, und auch der Gardist, den die Königin mir zugeteilt hat, wird bereit sein.« Sie atmete tief ein, hielt die Luft an und stieß sie langsam wieder aus. »Ich muss gehen. Zu Hause wird es viel zu tun geben. Mama kann sich nicht mehr so gut um die Babys kümmern wie zu der Zeit, als Papa noch da gewesen ist. Dafür hat sie einfach zu viel zu tun. Ich werde dort gebraucht.« Sie zog ein Taschentuch aus ihrem Gürtel und tupfte sich damit die nicht vergossenen Tränen ab.
    »Ja. Ich bin sicher, dass man dich dort braucht.« Ich zögerte und sagte dann: »Da ist noch eine Nachricht von deinem Vater. Du magst sie vielleicht für seltsam oder sogar frivol halten, aber sie war ihm wichtig.«
    Sie blickte mich fragend an.
    »Wenn Malta heiß wird, soll Rötel sie decken.«
    Sie schlug die Hand

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