Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache
ich besaß das Wissen, nach dem er suchte, und er nahm es sich. Er riss meinen Geist auf wie eine alte Börse, schüttete meine Erinnerung aus, als wäre sie ein Krug Kleingeld, und durchwühlte ungeduldig mein ganzes Leben nach allem, was er wissen wollte. Und noch bevor er fertig war, war unser Schicksal, das Schicksal aller Menschen besiegelt. Denn plötzlich raste Tintaglia wie ein Sturmwind durch mich hindurch und nutzte ihr Bewusstsein von mir, um Eisfeuer zu finden. Es war, als würden sie in meinem Leib verschmelzen; ich war der Kanal, den sie nutzten, bis sie einander erkannten. Danach verbanden sie ihren Geist und warfen mich beiseite. Sie brauchten mich nicht mehr. Ich war nutzlos geworden, bedeutungslos. Doch dass sie mich benutzt hatten, hatte in mir das Innerste nach außen gekehrt und es in den wilden Strom der Gabe ergossen. Ich konnte mich nicht mehr finden ... und wollte es auch nicht wirklich versuchen.
Wie ein zappelnder Fisch lag ich da, und die Gabe strömte an mir vorbei und trug Stücke von mir fort. Plötzlich hatte ich das Gefühl, als hätten meine Mauern nicht dem Schutz gedient, sondern mich eingeengt und vom Besten abgeschnitten. Es war noch nicht einmal so, als wäre der Gabenstrom sonderlich verführerisch gewesen; es war schlicht unvermeidlich. Das war das Ende, das mir seit jeher vorbestimmt gewesen war. Ich würde vergehen und vergessen, wer ich war und was ich getan hatte. Eine unpersönliche Gnade, aber eine, nach der ich mich gesehnt hatte.
Auch Veritas war irgendwo hier. Ich fühlte ihn - wie einen Duft, den man fast vergessen hatte, ein Hauch, den einem der Wind in die Nase treibt. Veritas, ja, und andere, älter, weise und ruhig. So ruhig, die Uralten und der Gabenstrom. Alles war so friedlich. Dann war da wilde Bewegung, und irgendjemand redete auf einen anderen ein. Er sprach so schnell, dass ich den Gedanken kaum folgen konnte. Sie suchten nach jemandem, der verloren war, nach einem Mädchen, nein, nach einem Mann, nein, nach einem Mädchen
und
einem Mann, die die Flut davongetragen hatte. Was für eine Schande, doch das hatte nichts mit mir zu tun. Nichts mit mir zu tun. Ich wünschte, sie würden aufhören, sich darum zu sorgen und sich zu uns gesellen. Warum kämpften sie gegen solch einen Frieden und solch eine Ganzheit an, wie sie sie hier erfahren konnten?
Schande über dich
. Er bohrte seine Zähne in mich und bereitete mir große Schmerzen.
Schande über dich, den Welpen einfach so ertrinken zu lassen. Ich wäre dir gefolgt und du mir. Schande über dich, dass du sie einfach so hast gehen lassen. Sind wir kein Rudel ? Wenn du das tust, lässt du mich zurück. Weißt du das ? Kümmert dich das überhaupt ? Warst du überhaupt je ein Wolf?
Und diese Frage traf mich tiefer als die Fänge und weckte den Kampfgeist in mir. Chade, Pflichtgetreu und Dick waren da, als Kordiale verbunden, und suchten nach uns. Sie machten es falsch, wie ein Mann, der in der Hoffnung, einen Fisch zu fangen, mit einem Sieb auf das Meer eindrischt. Chade suchte willkürlich nach Nessel, denn niemand außer Dick kannte ihre Form im Gabenstrom, und weder Chade noch Pflichtgetreu hatten daran gedacht, nach ihr zu suchen. Ich kämpfte darum, genug von mir zusammenzubekommen, um sie zu erreichen. Es war, als würde ich in einem Traum arbeiten, wo die Reihenfolge der Ereignisse keinen Sinn ergibt und sich die Wirklichkeit in jedem Moment verändert. Schließlich berührte ich Dick, eine Berührung wie ein Faden, der einem auf den Arm fällt, und flüsterte:
Finde die Frau, die dem Kätzchen geholfen hat. So sieht sie hier aus. Finde sie.
Und das tat er. Wir hatten ja schon gewusst, dass er stark war, aber hier hatten wir ihn nie auf die Probe gestellt, wo seine Navigationskünste durch die Gabe das Einzige waren, was zählte. Er sang das Lied, das Nessel war, und sie nahm um die Töne herum Gestalt an. Er suchte sie weniger, als dass er sie beschwor, um die Form zu füllen, die er für sie gemacht hatte. Und dann, als würde er eine Glasfigur reparieren, die vom Regal gefallen war, stellte er sie vorsichtig in seinen Traum für sie. War je eine Frau als so wertvoll erachtet worden? Einen Augenblick lang sah ich das Innere des Reisewagens und dann das Kätzchen auf dem Bett, das der kraftlosen Frau neben sich sagte:
Alles ist gut. Ruh dich erst einmal aus. Von hier kennst du den Weg. Ruhe dich eine Zeit lang aus und geh dann nach Hause. Du bist jetzt in Sicherheit. Du weißt, dass ich dich
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