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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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fragte sich, ob sich sein Sohn im Mütterhaus gut entwickelt hatte und was aus den drei Söhnen seiner Schwester geworden war. Vor vielen Jahren hatte er versprochen, sie im Schwertkampf zu unterweisen. Hatte irgendjemand diese Pflicht für ihn übernommen?
    Dieser Gedanken quälte ihn ebenso sehr wie seine Verletzung, eine Schwertwunde, die ihm der Bär zugefügt hatte. Der Hieb hatte ihm die Brust aufgerissen und war tief in seinen Oberarm eingedrungen. Dadurch hatte er eine Menge Blut verloren, und das hatte ihn geschwächt. Doch wenn er die Kraft fand zu leben, würde sein Körper heilen. Dann, ohne darauf zu warten, begann sein Fleisch sich zu schließen. Der Mann brüllte auf und schlug die Hand auf die sich schließende Wunde. Wie ein zerrissenes Kleidungsstück, das sich selbst näht, fügte sich sein Fleisch wieder zusammen. Das, was tot war und nicht mehr geheilt werden konnte, wurde ausgestoßen. Mit einer gewissen Art von Entsetzen beobachtete ich, wie Fleischklumpen förmlich wegschmolzen. Glücklicherweise war er sehr kräftig und besaß genügend Reserven, um die Prozedur zu überstehen.
    Plötzlich setzte er sich auf, riss sich die Verbände vom Leib und warf sie beiseite. Die Umstehenden schnappten hörbar nach Luft. Sein frisch verheiltes Fleisch glänzte, doch nicht wie eine frische Narbe, sondern mit der Gesundheit eines Kinderleibes. Es war ein blasser, haarloser Streifen auf seiner wettergegerbten Haut. Er starrte an sich hinab, und dann, mit einem rauen, erstaunten Lachen, schlug er sich auf die Brust, als wolle er sich von seiner Gesundheit überzeugen. Einen Augenblick später sprang er vom Schlitten und lief barfuß durch den Schnee. Dann war er wieder da, riss Dick von seinen Stummelbeinen und wirbelte den überraschten, kleinen Mann herum. Er dankte ihm in seiner eigenen Sprache und nannte ihn >Edas Hand<, ein Outislander-Begriff, den ich nicht verstand. Dem Bären schien diese Bezeichnung jedoch etwas zu sagen, denn er ging sofort zu dem zweiten Verwundeten, riss die Decke weg und winkte Dick, zu ihm zu kommen.
    Dick blickte noch nicht einmal zu uns anderen, und auch ich hatte keinen Gedanken für ihn übrig. Mein Blick war auf Flink gerichtet, der mich mit leeren, hoffnungslosen Augen anstarrte. Ich streckte ihm die nutzlose Hand entgegen, Handfläche nach oben. Er schluckte und wandte den Blick von mir ab. Dann kam er, doch nicht zu mir, sondern zu Burrich. Er nahm wieder den Platz an seines Vaters Seite ein und ergriff dessen dunkel gewordene Hand. Schließlich schaute er fragend zu mir.
    »Es tut mir Leid«, sagte ich, während um mich herum staunende Rufe ertönten, als sich auch der zweite Outislander unversehrt erhob. »Er ist versiegelt. Mein Vater hat ihn für andere Gabennutzer versperrt. Ich komme nicht hinein, um ihm zu helfen.«
    Flink wandte sich erneut von mir ab. Seine Enttäuschung war so groß, das sie an Hass grenzte - nicht notwendigerweise Hass auf mich, aber auf den Augenblick, auf die anderen Männer, die sich geheilt erhoben, und auf jene, die sich für sie freuten. Web hatte sich ein Stück von Flink gelöst, um ihm seinen Zorn zu erlauben. Ich sah im Augenblick ebenfalls keinen Sinn darin, mit ihm zu reden.
    Dick schien das Prinzip der Gabenheilung gemeistert zu haben, und unter der marginalen Aufsicht von Pflichtgetreu fuhr er damit fort, indem er die Männer der Bleichen Frau heilte, die sich in der vorangegangenen Nacht die Tätowierungen hatten wegbrennen lassen. Blasse glatte Haut ersetzte das eitrige, geschwollene Fleisch. Zuvor Gegenstand ihrer Verachtung, war Dick nun wie ein Fürst für sie, die lebende Inkarnation von Edas Hand. Ihnen war nicht klar gewesen, dass er über Edas Gabe verfügte, doch nun verstanden sie, warum unser Prinz ihn so schätzte und ihn mit in die Schlacht genommen hatte. Es schmerzte mich zu sehen, wie Dick sich nun in ihrer Hochachtung sonnte, so wie er sich einst angesichts ihrer Abscheu gekrümmt hatte. Ich fühlte mich irgendwie verraten, dass er so schnell vergessen konnte, wie sie ihn behandelt hatten. Gleichzeitig war ich ungeachtet des Widerspruchs aber auch froh darüber. Fast wünschte ich mir, ein genauso schlichtes Gemüt zu haben wie er und glauben zu können, dass der Gesichtsausdruck der Menschen stets echt war.
    Chade trat hinter mich und legte mir die Hand auf die Schulter. Mit einem Seufzen drehte ich mich zu ihm in der Erwartung, dass er mir einen Auftrag geben würde. Stattdessen legte der alte Mann jedoch den

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