Die 39 Zeichen 02 - Mozarts Geheimnis
gedacht, dass so ein Schicki-Micki-Typ wie Mozart so was gesagt hat.«
»Moment mal!« Amys Stimme klang beunruhigt. Sie blätterte die nächste Seite um und betrachtete eingehend die Bindung des Notizbuches. »Hier fehlen Seiten! Wenigstens zwei. Seht mal!«
Alle drei untersuchten das Tagebuch sorgfältig. Amy hatte recht. Der Dieb war sehr vorsichtig gewesen - die fehlenden Seiten waren mit einem scharfen Messer herausgetrennt worden. Der Schnitt war kaum zu erkennen.
»Glaubt ihr, dass Jonah es getan hat?«, fragte Dan atemlos.
»Das bezweifle ich«, antwortete Amy. »Warum sollte er das Tagebuch noch im Kronleuchter verstecken, wenn er die wichtigen Teile daraus bereits entfernt hat?«
»Um uns von dem eigentlichen Hinweis abzulenken?«, schlug Dan vor.
»Vielleicht, aber denk dran - dieses Buch ist über 200 Jahre alt. Die Seiten hätten jederzeit zwischen damals und heute entfernt werden können. Vielleicht hat Nannerl sie sogar selbst herausgeschnitten, weil sie Tinte darübergeschüttet hat.«
»Nehmt’s mir nicht übel, ihr zwei«, warf Nellie ein, »aber ich habe eure Familie nun lange genug erlebt, um sagen zu können, dass das ganz eindeutig die Handschrift der Cahills trägt. Ich habe noch niemals in meinem ganzen Leben eine so hinterhältige Bagage erlebt.«
»Wo sie recht hat, hat sie recht«, nickte Dan düster. »Jedes Mal wenn wir glauben, einem der 39 Zeichen näher zu kommen, stellt sich heraus, dass uns wieder einmal jemand einen Schritt voraus ist.«
»Beruhige dich«, sagte Amy. »Der richtige Hinweis ist nicht das Tagebuch, sondern die Musik. Und wir sind die Einzigen, die im Besitz der Noten sind. Lasst uns nach unten in die Lobby gehen. Da steht nämlich ein Klavier.«
Sie machten ein hübsches Foto - amerikanisches Mädchen beim Klavierspiel, ihr jüngerer Bruder an ihrer Seite.
Es wäre nun wirklich kleinlich gewesen, darauf hinzuweisen, dass das Notenblatt aus einer Papierserviette bestand und dass das Mädchen nur sehr stockend spielte.
»Gute alte Tante Beatrice«, sagte Amy halblaut zu Dan. »Selbst die Klavierstunden hat sie mir gestrichen, um noch ein paar Pennies mehr einsparen zu können.«
Tante Beatrice hatten sie es im Übrigen auch zu verdanken, dass sie nun auf der Flucht vor den Sozialbehörden des Staates Massachusetts waren.
»Spiel das andere«, schlug Dan vor. »Den Teil, der nicht in dem eigentlichen Lied enthalten ist. Vielleicht öffnet sich dann irgendwo eine Falltür oder wir beschwören damit den Geist der Cahills oder so was in der Art.«
Sie versuchte es, eine leichte, luftige Melodie, die sich stark von der ernsteren klassischen Musik, die sie umgab, unterschied. Plötzlich stellte sich eine Frau neben das Klavier und fing zu singen an. Sie sang auf Deutsch, aber es war offensichtlich, dass sie die Melodie kannte und dass sie der Dame Vergnügen bereitete.
»Sie kennen dieses Lied!«, rief Amy. »Ist es von Mozart?«
»Nein - nicht von Mozart. Es ist eine alte österreichische Volksweise. Sie heißt Der Ort, wo ich geboren ward .« Die Dame übersetzte den Titel für Amy und Dan. »Danke, dass du sie gespielt hast, mein liebes Kind. Ich habe sie seit vielen Jahren nicht mehr gehört.«
Amy packte Dan und zerrte ihn in eine kleine, abgelegene Nische mit einem Kamin. »Das ist es! Das ist der Hinweis!«
»Was? Irgendein altes Lied?«
»Nein, das war die Botschaft zwischen Mozart und Ben Franklin!«
Dan machte große Augen. »Meinetwegen, aber wie lautet sie?«
»Na: ›Komm zu dem Ort, an dem ich geboren wurde.‹ < Mozart ist in Salzburg geboren, das liegt in den österreichischen Alpen. Und da müssen wir hin.«
Ihr Mietwagen war ein alter Fiat, bei dem jede einzelne Schraube quietschte und der nur widerwillig die Alpen emporkletterte, dafür umso mehr Spaß daran hatte, auf der anderen Seite wieder herunterzurollen. Zum Teil könnte das aber auch an Nellie liegen, die nie zuvor mit einem Schaltwagen gefahren war.
»Wie sehr ich Ausflüge ins Gebirge doch liebe «, moserte Dan.
»Hey, möchtest du vielleicht fahren?«, fragte Nellie beleidigt. Dan sagte allerdings so schnell »ja«, dass sie die Frage sofort wieder bereute.
Saladin war schon die ganzen drei Stunden Fahrt über reisekrank. Glücklicherweise gab es nichts, was der Kater hätte auswürgen können, denn er aß ja nichts.
Sie hätten mehr Platz in einem Zug gehabt und die Reise wäre damit sicherlich bequemer gewesen. Aber ihre Begegnung mit den Holts stand ihnen noch
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