Die 39 Zeichen 08 - Die Entführung am Himalaya
zu tun. Das nächste Zeichen muss hier irgendwo versteckt sein.«
Wenn es ein Thema gab, über das Dan nicht reden wollte, dann war es die Zeichenjagd. »Also?«
»Also, obwohl wir nicht gerade ein Team sind, sucht deine Schwester doch nach demselben Zeichen. Deshalb finden wir sie am ehesten, wenn wir auch danach suchen.«
Es war recht eindeutig, worauf er hinauswollte. Dan war zwar aus der Jagd ausgestiegen, doch Amy war noch immer hinter dem nächsten Hinweis her.
»Komm mit uns, Cous«, fuhr Jonah fort. »Wir finden sie gemeinsam.«
Ich bin raus aus der Sache, aber Jonah weiß das noch nicht. Für ihn bin ich noch im Rennen. Eiskaltes Misstrauen erfasste Dan.
Was, wenn es eine Falle war? Ein Plan, um die Enkel von Grace Cahill auseinanderzubringen? Nilkrokodile waren nur eine kleine Unannehmlichkeit verglichen mit dem Verlust der Schwester.
McIntyres Worte hallten in Dans Kopf wider: Vertraut niemandem.
Ja – ein echt nützlicher Ratschlag! Ich habe keine Amy und kein Geld. Wenn ich niemandem vertraue, schlafe ich demnächst auf der Straße!
Laut sagte er dagegen: »Das ist ziemlich riskant. Wenn du und Amy die Sache unterschiedlich angeht, kann es sein, dass wir am Ende Tausende von Kilometern voneinander entfernt sind.«
»Stimmt schon, yo«, grübelte Jonah. »Ich will dich nicht anlügen. Klar kann das passieren. Aber du hast eine bessere Chance, Amy bei der Jagd nach den Zeichen zu finden, als ihr in einer Siebzehn-Millionen-Stadt zufällig über den Weg zu laufen.«
»Aber was ist, wenn sie hier nach mir sucht?«
Der Star schüttelte den Kopf. »Dann hätten wir sie doch schon längst gefunden. Nicht nur Paps sucht nach ihr, sondern unsere ganze Wizard-PR-Maschinerie. Die ist ganz sicher nicht hier.«
Das klang vernünftig. Warum sollte Amy ihre Zeit damit verschwenden, auf Dan zu warten?
Wahrscheinlich hasst sie mich, nach der Sache auf dem Platz des Himmlischen Friedens …
»Ich glaube, du hast recht, Jonah. Ich bleibe bei euch. Wo geht es also als Nächstes hin?«
»Neuer Plan«, erwiderte Jonah. »Eigentlich war ein Besuch der Chinesischen Mauer geplant, aber das muss warten. Tut mir leid, dass ich es dir nicht genauer erklären kann, aber das ist eine absolut vertrauliche Insider-Janus-Info. Eines Tages, wenn ihr wisst, zu welchem Familienzweig ihr gehört, werdet ihr das mit dem Schweigegelübde auch noch kapieren.«
»Schon klar«, meinte Dan, der an seine geheime Madrigal-Identität denken musste. »Ich habe dir ja auch nicht alles verraten.«
»Jedenfalls fliegen wir in die Provinz Henan zum Shaolin-Tempel. Schon mal davon gehört?«
Dan machte große Augen. »Du meinstin dem das Kung-Fu entwickelt wurde? Das ist die krasseste Kampfsportart aller Zeiten!«
»Den Janus ist das ziemlich wichtig«, fuhr Jonah fort. »Du weißt schon: Kampf- Kunst ! Bei uns geht es schließlich nicht nur um Zeichenstift und Cembalo.«
»Das wird einfach super!«, rief Dan. »Ist es weit dorthin? Fahren wir mit der Limousine?«
»Nein, das chinesische Fernsehen stellt uns einen Privatjet zur Verfügung. Wenn du mit mir unterwegs bist, dann immer erster Klasse.«
Zehntes Kapitel
Als Amy und Nellie an Alistair Ohs Tisch im Dim-Sum-Restaurant auftauchten, kritzelte er gerade zerstreut auf seinem Platzdeckchen aus Papier herum.
»Hübsche Kalligrafie«, bemerkte Nellie.
Erschrocken sprang der ältere Herr auf. Dabei fiel sein Spazierstock auf den Boden. »Guten Morgen!« In seiner altmodisch höflichen Art wies er ihnen ihre Plätze zu.
»Was bedeutet das?«, fragte Amy.
»Bitte?«
Sie deutete auf das chinesische Schriftzeichen auf dem Platzdeckchen. Obwohl er statt eines üblichen Pinsels einen Kugelschreiber verwendet hatte, sah es kunstvoll aus.
»Das da. Was heißt das?«
»Ach das. Es bedeutet – ›Charme‹«, erwiderte Alistair. Er wirkte, es wäre ihm etwas unbehaglich dabei. »Denk nicht weiter darüber nach, Amy. Wo ist dein Bruder?«
»Wir haben ihn nicht gefunden.« Amy hielt ihre Enttäuschung zurück, doch die dunklen Ringe unter ihren Augen verrieten, wie sehr sie sich sorgte. »Ich drehe bald durch. Was ist, wenn Isabel Kabra ihn hat?«
»Beruhige dich.« Nellie legte ihr einen Arm um die Schulter. »Es hilft Dan nicht, wenn wir jetzt in Panik geraten.«
»Isabel ist nicht das Problem.« Alistair hielt eine Ausgabe einer Pekinger Tageszeitung hoch und deutete auf ein Bild, das Jonah im Vogelnest zeigte. »Deshalb habe ich euch angerufen. «
Nellie schüttelte traurig
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