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Die 39 Zeichen 08 - Die Entführung am Himalaya

Die 39 Zeichen 08 - Die Entführung am Himalaya

Titel: Die 39 Zeichen 08 - Die Entführung am Himalaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Korman
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gab, schienen sie immer höher zu kommen, je weiter sie durch die Hallen schritten. Der Tempel war direkt in den Berg hineingehauen und nahm dessen Steigung auf.
    Jonahs Vater betrachtete die dicken Steinmauern mit den Fresken, auf denen Kampfkunstszenen abgebildet waren. »Hier würden die mich sowieso nie aufnehmen.«
    Eine große Menschenmenge hatte sich um ein Ausstellungsstück versammelt, das sich in einer Plexiglasvitrine befand. »Das ist der Schattenstein, das heiligste Stück im gesamten Tempel«, erklärte ein anderer Shaolin-Führer seiner Gruppe. »Im 15. Jahrhundert saß der Mönch Bodhidharma neun Jahre lang in stiller Meditation vor diesem Stein. Als ihm die Augen vor Ermüdung zufielen, entfernte er sich die Augenlider. Er verweilte im Lotussitz, bis ihm die Beine abfielen. Und die Sonne schien so stark, dass sich sein Schatten in den Stein einbrannte, und zwar so genau, dass sogar die Falten seiner Kleidung zu sehen sind.«
    Kein Wunder, dass die Shaolin so knallhart sind, dachte Dan. Er war kein großer Freund der Meditation und die Sache mit den Augenlidern war auch nicht gerade sein Ding. Aber diese Willenskraft! Was für ein Kämpfer musste dieser Bodhidharma gewesen sein – als er noch Beine hatte, natürlich.
    Jonah kicherte. »Ich schätze, mit Zwinkern und Stepptanz hatte der Typ danach nicht mehr viel am Hut.«
    Der Führer sah ihn verächtlich an. »Unhöfliche Witze sind hier nicht willkommen. Bodhidharma ist der indische Mönch, der den Zen-Buddhismus nach China brachte und die Kunst des Kung-Fu im Shaolin-Tempel einführte.«
    »Immer schön cool bleiben.« Jonah hob entschuldigend beide Hände nach oben. »Hey, kein Grund, dem Gangsta gleich mittelalterliche Strafen anzudrohen …«
    »Gangsta?« Die Augen des Mönches weiteten sich plötzlich vor Erstaunen. Aufgeregt rief er etwas auf Mandarin.
    Aus dem gesamten Gebäude eilten Mönche herbei.
    Jonahs spöttisches Grinsen verschwand. »Sachte, sachte, ich habe doch nur Spaß gemacht! Ich wollte keinen dissen!«
    Sein Vater fasste sich an die Gürteltasche, in der er sonst immer sein Blackberry bei sich trug, doch da war nichts, womit er hätte Hilfe holen können.
    Sogar Dan wurde nervös, als sich immer mehr unschlagbare Kampfkunstmeister um sie herum scharten.
    »Wort drauf!«, plapperte Jonah weiter. »Die Sache mit dem Respekt ist glasklar. Ich habe absolut Respekt vor, äh, Traditionen und, äh, orangefarbenen Kutten …«
    Noch immer trafen weitere Mönche ein, die Jonah durchdringend anstarrten. Schließlich sprach der älteste Mönch, der offenbar die Leitung hatte: »Es stimmt also? Sie sind Jonah Wizard, der amerikanische Fernseh- und Musikstar?«

Elftes Kapitel
    Noch nie in seinem Leben war sich der berühmte Jonah Wizard so verloren vorgekommen. Normalerweise mogelte er sich mit seinem Charme aus jeder brenzligen Situation heraus. Doch sein gut einstudiertes Hip-Hop-Charisma funktionierte bei den Shaolin-Mönchen nicht.
    Dan suchte mit den Augen den Tempel nach dem nächsten Ausgang ab. Den gut trainierten Kampfkunstmeistern waren sie zahlenmäßig weit unterlegen. Wenn es eng wurde, lag ihre einzige Chance in der Flucht.
    Der Abt fuhr fort: »Sie haben in unserem Orden viele Bewunderer, Jonah Wizard. Wir sehen gewisse Ähnlichkeiten zwischen unseren rituellen Gesängen und Ihrem – ich glaube, man bezeichnet es als Hip-Hop-Groove? Für uns sind Sie, wie Sie sagen würden, echt krass.«
    Jonah lachte vor Erleichterung. »Danke, yo. Klasse, wenn man überall erkannt wird.«
    »Ich bin Li Wu Chen, Abt des Shaolin-Ordens«, stellte sich der Mann vor. »Bitte, erweisen Sie uns die Ehre, unser Gast zu sein.«
    Die Prozession der Mönche führte die kleine Besuchergruppe tiefer in den Tempel hinein. Jonah ging vorne neben dem Abt her, Broderick und Dan bildeten die Nachhut. Sie bestaunten einen Raum nach dem anderen, da jeder von ihnen mit chinesischen Kunstschätzen angefüllt war, die denen im Palastmuseum der Verbotenen Stadt in nichts nachstanden. Auch die raumhohen Regale der Bibliothek waren randvoll mit uralten Manuskripten.
    Schließlich durchschritt die Gruppe einen kunstvoll verzierten Torbogen. Dan spürte, dass es kälter wurde. Er begriff, dass sie sich nicht mehr im Tempelgebäude befanden, sondern bereits im Berg selbst. Dort gab es keine Touristen mehr, keine Souvenirläden, keine mehrsprachigen Hinweisschilder. Dies war das Herz des Shaolin-Tempels, ein geheimer Ort, der nur einer Handvoll auserwählter

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