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Die 39 Zeichen 10 - Der Schlüssel zur Macht

Die 39 Zeichen 10 - Der Schlüssel zur Macht

Titel: Die 39 Zeichen 10 - Der Schlüssel zur Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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schweigend. Bei jedem anderen Jungen, einem Nicht-Holt, hätte Eisenhower angenommen, das läge daran, dass er einen senkrechten Fels hochklettern musste, mit nur einem Seil und ein paar Karabinern, die ihn vom Tod trennten. Aber Hamilton konnte eine harmlose Klippe wie diese im Schlaf erklimmen.
    »Beweg dich!«, bellte Eisenhower, denn das war die einzige Art, wie man mit schmollenden Kindern fertig wurde.
    Aber Hamilton hing ein bisschen zu lang an seiner Spitzhacke. Er seufzte.
    »Weißt du noch, als ich klein war und du zu meinen Spielen gekommen bist?«, fragte Hamilton. »Erinnerst du dich, was die anderen Eltern gesagt haben?«
    »Du meinst … ›Holt, dein Junge ist der Beste im ganzen Team‹?«, fragte Eisenhower. Tatsächlich hatten die Eltern meist gesagt: »Holt, sagen Sie ihrem Ham, er soll aufhören, meinen Jungen zu schlagen!«, oder »Holt, Sie werden ein Leben lang für die Arztrechnungen meines Kindes aufkommen!« Aber Eisenhower wusste, was die Leute wirklich gemeint hatten.
    »Nein«, sagte Hamilton. »Etwas anderes. Sie sagten ungefähr das: ›Es kommt nicht darauf an, ob man gewinnt oder verliert, sondern wie man spielt.«
    »Ach«, entgegnete Hamilton. »Du meinst das, was die Verlierereltern immer gesagt haben. Um ihre Kinder glauben zu lassen, es sei in Ordnung, wenn man verliert. Wie sollten Gewinner wie wir auch sonst noch Gegner finden, wenn die Loser nicht so denken würden?«
    »Und wenn es gar nicht so gemeint ist?«, fragte Hamilton. »Wenn es ganz einfach bedeutet, dass … ein Sieg nichts wert ist … wenn man nicht fair gespielt hat?«
    In diesem Moment hätte eine Feder Eisenhower von der Klippe stoßen können.
    Glaubt mein Sohn etwa … ich würde betrügen? , fragte er sich.
    Das war der schlimmste Tag in Eisenhowers Leben.
    »Et tu, Hamilton?«, keuchte er.
    »Dad?«, erwiderte Hamilton mit erstickter Stimme. »Du zitierst Shakespeare?«
    Eisenhower nahm an, dass er das tat. Beinahe war er stolz, weil er überhaupt etwas von Shakespeare kannte, wenn auch nur zwei Silben. Aber was war das schon wert, wenn sein Sohn sich für ihn schämte?
    Ganz gleich wie dieser Zeichenjagd-Preis aussah, er war rein gar nichts wert, wenn Hamilton nicht auch Stolz empfand. Hamilton und die Mädchen, nur für sie wollte Eisenhower gewinnen.
    »Du glaubst also«, stieß Eisenhower hervor, »wir gewinnen nicht auf faire Weise?«
    »Amy und Dan haben herausgefunden, wie man hierhergelangt«, sagte Hamilton. »Die ganze Zeit über waren da Sachen, von denen du dachtest, ich hätte sie herausgefunden … aber das meiste haben Amy und Dan mir erzählt. Wir verdienen den Preis nicht. Sie verdienen ihn.«
    Einen Augenblick kam es Eisenhower so vor, als hinge er über dem Nichts, nur von einem dünnen Faden gehalten, mit eisigem Wind im Rücken. Das war im Grunde eine ziemlich genaue Beschreibung seiner tatsächlichen Lage. Aber Eisenhower hatte die Kälte bis jetzt gar nicht gespürt und der Abgrund unter ihm war ihm nicht so leer und riesig erschienen.
    Dann endlich wurde ihm klar, was sein Sohn falsch sah.
    »Ham, Ham, Ham«, lachte er in sich hinein. »Du hast diese Zeichenjagd wie ein normales Spiel betrachtet. Ich mach das auch oft, bei vielen Dingen. Aber es gibt da einen großen Unterschied. Spiele haben Regeln. Die Zeichenjagd nicht. Man kann nicht mogeln, wenn es keine Regeln gibt.«
    »Und was ist mit den Regeln, die man im Leben einhalten sollte?«, fragte Hamilton. »Die dich zu einem guten Menschen machen?«
    Eisenhower starrte seinen Sohn an. Er hatte andere Eltern sagen hören, sie verstünden ihre Kinder nicht mehr, aber Eisenhower hatte nie gewusst, wie sich das anfühlte.
    Nun wusste er es.
    »Ich sag ja nicht, wir sollten Amy und Dan den Sieg überlassen«, sagte Hamilton rasch und drückte seine Füße an die Felskante. »Ich finde nur, wir sollten … teilen.«
    »Du willst ein Unentschieden?«, fragte Eisenhower fassungslos. »Mein Sohn will sich mit einem Unentschieden zufriedengeben?«
    »So mein ich das nicht«, entgegnete Hamilton. »Ich meine wie … wie beim Baseball, wenn die sich neue Spieler besorgen, durch Wechsel oder Eintausch.« Er hatte nun aufgehört zu klettern und hing nur noch an der Felswand. »Du musst es dir so vorstellen, als würden wir Amy und Dan in unserer Mannschaft verpflichten.«
    »Aber unser Team ist unsere Familie«, konterte Eisenhower. »Wir machen keinen Spielertausch!«
    Hamilton sah seinem Vater tief in die Augen.
    »Könnten wir aber, wenn

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