Die 5 Plage
worden, das andere Ende war um ihren Hals geschlungen.«
»Du liebe Zeit. Und das hat sie wirklich selbst gemacht?«
»Es ist ein echtes Rätsel«, antwortete Claire, während sie uns eisgekühltes Bier nachschenkte. »Ihr Freund, ein achtundzwanzigjähriger Kotzbrocken, der schon früher durch häusliche Gewalt aufgefallen ist, ist natürlich der einzige Zeuge.
Er rief die Notrufzentrale an, nachdem die beiden sich gestritten hatten, und sagte, sie habe sich das Leben genommen. Er sagte, er habe sie abgeschnitten und versucht, sie wiederzubeleben. Ach ja, und schwanger sei sie auch.«
»O nein...«
»Tja. Die Feuerwehr ist zuerst vor Ort, und jetzt geht es darum, ihren Körper am Leben zu halten, um das Baby zu retten. Also versuchen sie, das Mädchen zu reanimieren. Dann kommt sie in die Notaufnahme, wo sie sie noch ein bisschen mehr bearbeiten und das Kind per Kaiserschnitt holen.
Als ich sie schließlich auf den Tisch kriege, ist sie also schon vier Mal in die Mangel genommen worden, voller Einstiche, Schnitte und Blutergüsse, mit Rücken- und Halsverletzungen, und ich kann beim besten Willen nicht feststellen, was mit dem armen Mädchen passiert ist.
Ich stelle mir also die Frage: Hat ihr Freund sie zusammengeschlagen, sie umgebracht und dann aufgehängt, um die Tat als Selbstmord zu tarnen, oder war es wirklich Selbstmord, und die ganzen Verletzungen stammen von den diversen Wiederbelebungsversuchen?«
»Was ist aus dem Baby geworden?«
»Der Fötus, ja. Er war noch zu klein, erst sechsundzwanzig Wochen alt. Hat im Krankenhaus noch ungefähr zwei Minuten gelebt.«
Loretta brachte die Speisekarten und die Bananenchips. Sie sagte Claire, dass ihr Königsblau fantastisch stünde, und mir sagte sie, ich sähe aus, als brauchte ich dringend Urlaub.
Ich dankte ihr höflich und sagte, wir würden mit dem Bestellen noch warten, bis Cindy und Yuki da wären; sie sollte uns inzwischen ein bisschen Brot bringen. Dann wandte ich mich wieder Claire zu.
Sie seufzte und sagte: »Doppelmord oder Selbstmord? Noch ist es zu früh, um irgendetwas sagen zu können. Ich muss ganz von vorn anfangen, alle Personen befragen, die Erste Hilfe geleistet haben, sie fragen, was sie tatsächlich gesehen haben...«
Claire hielt inne, und als ich mich umdrehte, sah ich Cindy zur Tür hereinkommen.
Ihr flauschiger grauer Pulli betonte ihre rosigen Wangen und ihr blondes Haar. Aber ich sah die Sorgenfalten auf ihrer Stirn, und ich wusste, was sie zu bedeuten hatten.
Sie fragte sich, ob zwischen uns beiden alles wieder in Butter war, oder ob wir noch auf dem Kriegspfad wandelten.
Ich stand auf, ging auf sie zu und drückte sie ganz fest an mich.
»Es tut mir leid, Cindy«, sagte ich. »Es war völlig in Ordnung, dass du diesen Artikel über Garza gebracht hast. Du hast einfach nur deinen Job gemacht, und ich hab einfach nur gesponnen.«
109
Wenig später saß Cindy an unserem Tisch, und sie wirkte wie elektrisiert - in ihren Augen blitzte Erregung, und vielleicht auch ein wenig Angst. Sie lieferte uns gerade einen detaillierten Bericht über den Kunstfehlerprozess, als Yuki im Susie’s eintraf. Sie kam sehr spät, und sie sah fürchterlich aus, noch schlimmer als ich. Sie setzte sich neben Cindy, die ihr besorgt die Hand tätschelte.
»Du kommst gerade rechtzeitig«, sagte Cindy.
»Rechtzeitig wofür?«
»Ich werde gleich eine Bombe platzen lassen.«
Während Cindy vor Energie glühte, wirkte Yuki neben ihr total ausgelaugt. Ihr Haar war glanzlos, sie hatte dunkle Schatten unter den Augen, und an ihrer hellen Seidenbluse fehlte ein Knopf.
Während Cindy ihren Kassettenrekorder auf dem Tisch aufbaute, flüsterte ich Yuki zu: »Bist du okay?«
»Alles bestens«, antwortete sie und lächelte schwach.
»Hast du deine Bombe vielleicht in diesem kleinen Ding?«, fragte Claire Cindy.
Cindy grinste. »Ich darf ihren Namen nicht preisgeben«, sagte sie, während sie das Band an die richtige Stelle spulte. »Aber sie ist Krankenschwester im Municipal. Das müsst ihr euch anhören.«
Ein ungutes Gefühl beschlich mich.
Ich hoffte bei Gott, dass ich mich täuschte.
Das Band lief an, und aus dem kleinen Apparat tönte die verrauschte Stimme einer Frau.
Noddie Wilkins hatte wieder mal geplaudert - und diesmal mit der Presse.
»Ich hab sie mit eigenen Augen gesehen«, sagte Cindys Quelle. »Meistens irgendwann in der Nacht. Ich geh ins Zimmer rein, und da liegt der Patient tot im Bett, mit diesen Knöpfen auf den
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