Die Abaddon-Mission (German Edition)
ohnehin nicht mehr, das war ihm g e stern klargeworden, als er beinahe das Bewußtsein verloren hatte. Sein Herzschlag hatte sich zwar mit t lerwe i le wieder beruhigt, aber das konnte sich von einem Augenblick auf den anderen ändern. Der Ei n heimische, der sich Tom Benett nannte, hatte g e wußt, wie es um ihn stand: Sie werden nicht zurüc k fliegen, Mi s ter Hopkin. Ganz egal, wie es ausgeht ...
Die Einsamkeit machte ihm nichts aus, im Gege n teil. Wenn er allein war, konnte er tun oder lassen, was er wollte, mußte sich nicht verstellen. Längst war er es leid, seine Rolle als The Rock zu spielen, das unve r wüstliche Relikt der Siebziger Jahre. Sie war zur Staffage geworden, zu einer Lüge, die nur deshalb unbemerkt geblieben war, weil sich kein Mensch mehr für die naiven Ideale der frühen Jahre intere s sierte. Er hatte sie verloren, irgendwo auf dem Weg, und es nicht einmal bemerkt. Manchmal hatte er mit dem Gedanken gespielt, nach England z u rückzukehren, doch es war nie etwas daraus gewo r den. Immer waren andere Dinge wichtiger gewesen, bis ihm der Krieg schließlich die Entscheidung a b genommen hatte. Wenige Liter Kampfstoff hatten au s gereicht, um die Stadt, die damals Mittelpunkt seiner Welt gewesen war, in eine moderne Nekrop o lis zu verwandeln, bevorzugtes Motiv der Propaga n david e os, mit denen die Störsender des Shariats die Pr o gramme der großen Netzwerke zu unterbrechen pflegten: ve r ödete Prachtstraßen und weltberühmte Bauwerke, vor denen Leichen verwesten. Allahu akhbar ...
Nein, nur nicht daran denken! Nicht heute.
Der alte Mann sah auf das Leuchtzifferblatt seiner Uhr. Noch zehn Minuten, dann würde er diesen Raum verlassen und eine neue Welt betreten ... nein, keine neue, sondern eine wiedererstandene Welt, in der er, Lewis B. Hopkin, keinen Tag älter als fün f zehn Jahre sein würde.
Und wenn nicht?
Das war der Gedanke, den er am meisten fürcht e te. Er durfte nicht zulassen, daß die Zweifel Macht über ihn gewannen. Nicht heute, wo es um alles oder nichts ging!
Der alte Mann hatte sein gesamtes Vermögen in das Projekt investiert, aber die aufgewendete Zeit wog schwerer. Acht Monate seines Lebens hatte a l lein der Flug hierher verschlungen, von den Jahren der Vo r bereitung ganz zu schweigen. Es war keine leichte Aufgabe, eine Welt zu erschaffen, auch wenn diese Welt nicht größer als ein paar Quadratmeilen war und nur für Stunden Bestand haben sollte. Er hatte diese Aufgabe auf sich genommen – eines Traumes wegen. Manchmal erschien es ihm, als hä t te alles, was er bis dahin getan hatte, in gewisser Weise der Vorbereitung gedient, und vielleicht stimmte das sogar.
Jetzt war er am Ziel.
Wirklich?
Gleich würde er es wissen, noch zwei Minuten ...
Der alte Mann spürte, wie seine Hände zu zittern begannen. Schweiß drang ihm aus allen Poren und lief als klebriges Rinnsal in seinen Nacken. Hastig schüttelte er die Decke ab und richtete sich auf. G e dämpftes Stimmengewirr drang an seine Ohren, g e legentlich übertönt von einzelnen Trommelschlägen.
Vielleicht war Charlie schon auf der Bühne ...? Er mußte sich beeilen.
Lewis sprang auf und verspürte ein leichtes, be i nahe angenehmes Schwindelgefühl, das ihn einen Auge n blick lang innehalten ließ. Auf dem Weg zur Tür registrierte er – zunächst nur unbewußt – daß sich etwas verändert hatte.
Lag es wirklich nur an der geringen Schwerkraft, daß er sein Gewicht kaum noch spürte?
Irgend etwas stimmte nicht. Sein Körper gehorc h te ihm zwar, reagierte aber anders als gewohnt, i r gen d wie leichter, müheloser. Und er sah auch anders aus. Verwirrt starrte Lewis auf die glatte, braung e brannte Haut seiner Unterarme und fuhr ungläubig mit be i den Händen über sein Gesicht.
Es war kein Zweifel möglich: Er war wieder jung!
Er spürte die Veränderung in jeder Muskelfaser, jeder Nervenzelle und selbst in der Art seiner Wah r nehmung. Das Gefühl war unbeschreiblich. Eine Flut von Bildern, Geräuschen und Düften stürmte auf ihn ein, als er die Tür nach draußen öffnete.
Einen Augenblick später war Lewis Teil der Me n ge. Die Hitze des Sommertages trieb ihm den Schweiß auf die Stirn, während er nach Sally und den anderen Ausschau hielt.
Er wich einem Trupp Hell‘s Angels aus, finster blickenden Vorstadttypen in schwarzen Lederanz ü gen, und lief in Richtung eines Hügels, von dem aus er sich einen besseren Überblick erhoffte.
»Hey Lew! Brauchst du ’ne Brille?«
Beinahe
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