Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
Vom Netzwerk:
Klauen und Knochen mit, aus denen die Suppenkonserven zubereitet wurden.
    Von einem verlassenen Pavillon aus, wo in Friedenszeiten irgendein Photograph die Soldaten photographiert hatte, die ihre Jugend auf der Militärschießstätte verbrachten, konnte man unten im Tal der Leitha das rote elektrische Licht des Bordells »Zum Kukuruzkolben« sehen, das Erzherzog Stephan während der großen Manöver bei Sopron im Jahre 1908 mit seinem Besuch beehrt hatte. Täglich versammelte sich hier eine Offiziersgesellschaft.
    Es war das beste verrufenste Lokal, das gemeine Soldaten und Einjährigfreiwillige nicht betreten durften.
    |374| Die gingen ins »Rosenhaus«, dessen grüne Lichter man ebenfalls von dem verlassenen Photographenatelier aus sehen konnte.
    Es war dieselbe Klasseneinteilung wie später an der Front, als die Monarchie ihren Truppen mit nichts anderem mehr helfen konnte als mit fahrbaren Bordellen beim Brigadestab, den sogenannten »Puffs«.
    Es gab also einen k. k. Offizierspuff, einen k. k. Unteroffiziers- und einen k. k. Mannschaftspuff.
    Bruck an der Leitha erstrahlte, ebenso wie auf der anderen Seite der Brücke Királyhida leuchtete. Zisleithanien und Transleithanien. In beiden Städten, in der ungarischen sowie in der österreichischen, spielten Zigeunerkapellen, strahlten die Fenster der Kaffeehäuser und Restaurants, sang und trank man. Die eingeborenen Bürger und Beamten führten ihre Frauen und erwachsenen Töchter in diese Kaffeehäuser und Restaurants, und Bruck an der Leitha und Királyhida waren nichts anderes mehr als ein großes Bordell.
    In einer der Offiziersbaracken im Lager wartete Schwejk des Nachts auf Oberleutnant Lukasch, der am Abend in die Stadt ins Theater gegangen und noch nicht zurückgekehrt war. Schwejk saß auf dem offenen Bett des Oberleutnants, und ihm gegenüber auf dem Tisch saß der Diener Major Wenzls.
    Der Major war wieder zum Regiment zurückgekehrt, nachdem in Serbien an der Drina seine vollständige Unfähigkeit festgestellt worden war. Man sprach davon, daß er die Pontonbrücke hatte auseinandernehmen und zerstören lassen, als noch die Hälfte seines Bataillons auf der andern Seite stand. Jetzt war er in Királyhida als Kommandant der Militärschießstätte zugeteilt und hatte auch mit der Intendantur im Lager zu tun. In Offizierskreisen munkelte man, Major Wenzl werde sich jetzt wieder auf die Beine helfen. Die Zimmer Lukaschs und Wenzls befanden sich auf dem gleichen Gang. Mikulaschek, der Diener Major Wenzls, ein kleiner, blatternarbiger Bursche, baumelte mit den Beinen und schimpfte: »Ich wunder mich, daß dieser alte Fallott noch nicht kommt! Ich möcht gern wissen, wo sich dieser Zappelgreis die ganze Nacht herumtreibt. Wenn er mir wenigstens den Schlüssel vom Zimmer |375| geben möcht, ich möcht mich niederlegen und saufen. Ich hab dort massenhaft Wein.«
    »Er stiehlt herich«, unterbrach ihn Schwejk, der behaglich die Zigaretten seines Oberleutnants rauchte, da ihm dieser verboten hatte, im Zimmer aus der Pfeife zu paffen, »du mußt doch was davon sehn, woher ihr den Wein habt?«
    »Ich geh dorthin, wohin er mich schickt«, sagte Mikulaschek mit dünner Stimme, »ich krieg eine Karte von ihm, und schon geh ich für Kranke fassen und trags nach Haus.«
    »Und wenn er dir befehln möcht«, fragte Schwejk, »daß du die Regimentskassa stiehlst, möchtest dus machen? Hier bei mir schimpfst du, aber vor ihm zitterst du wie Espenlaub.«
    Mikulaschek blinzelte mit den kleinen Äuglein. »Das möcht ich mir überlegen.«
    »Nichts darfst du dir überlegen, du grüner Junge, du!« schrie ihn Schwejk an, verstummte jedoch, weil sich die Türe öffnete und Oberleutnant Lukasch eintrat. Er war, wie man sofort merken konnte, in sehr guter Laune, denn er hatte die Mütze verkehrt auf.
    Mikulaschek erschrak so sehr, daß er vom Tisch zu springen vergaß; aber er salutierte im Sitzen, denn er vergaß auch, daß er keine Mütze auf dem Kopf hatte.
    »Melde gehorsamst, Herr Oberlajtnant, alles in Ordnung«, meldete Schwejk, ein streng militärisches, vorschriftsmäßiges Aussehen annehmend, wobei er vergaß, die Zigarette aus dem Mund zu nehmen.
    Der Oberleutnant bemerkte es jedoch nicht und schritt geradewegs auf Mikulaschek zu, der mit herausgewälzten Augen jede Bewegung des Oberleutnants beobachtete, ununterbrochen salutierte und noch immer auf dem Tisch saß.
    »Oberleutnant Lukasch«, sagte dieser, mit nicht allzu festen Schritten zu Mikulaschek tretend. »Und wie

Weitere Kostenlose Bücher