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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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den Soldaten die Rationen eigentlich immer mehr kürze, je näher man zur Front kam. Zum Schluß mußte er über einen Paragraphen des Befehls lachen, in dem verboten wurde, bei der Zubereitung der Suppe für die Mannschaft Safran und Ingwer zu verwenden. In dem Befehl befand sich auch der Vermerk, bei den Feldküchen die Knochen zu sammeln und ins Hinterland in die Divisionsmagazine zu senden. Das war etwas unklar, denn man wußte nicht recht, um was für Knochen es sich handelte, ob um Menschenknochen oder um Knochen von anderem Schlachtvieh.
    »Hören Sie, Schwejk«, sagte Oberleutnant Lukasch, vor Langweile gähnend, »bevor wir etwas zu essen bekommen, könnten Sie mir etwas erzählen.«
    »O je«, antwortete Schwejk, »bevor wir was zu essen bekommen, da müßt ich Ihnen, Herr Oberlajtnant, die ganze |688| Geschichte von der tschechischen Nation erzählen. Ich weiß aber nur eine sehr kurze Geschichte von einer Frau Postmeisterin in Seitschan, was nach dem Tod von ihrem Mann diese Post bekommen hat. Mir is das von ihr gleich eingefalln, wie ich von der Feldpost erzählen gehört hab, obzwar es gar nichts mit der Feldpost zu tun hat.«
    »Schwejk«, ließ sich vom Kanapee her Oberleutnant Lukasch vernehmen, »Sie fangen schon wieder mit Ihren Blödeleien an.«
    »Gewiß, melde gehorsamst, Herr Oberlajtnant, es is wirklich eine schrecklich blöde Geschichte. Ich weiß selbst nicht, wie ich auf den blöden Einfall hab kommen können, von so was zu sprechen. Entweder is das angeborene Blödheit oder es sind Erinnerungen aus der Jugend. Es gibt auf unserer Erdkugel verschiedene Naturelle, Herr Oberlajtnant, und er hat doch nur Recht gehabt, der Koch Jurajda, wie er damals in Brück besoffen war und in den Abort gefalln is und nicht hat von dort herauskriechen können und geschrien hat: ›Der Mensch is dazu bestimmt und berufen, die Wahrheit zu erkennen, um durch seinen Geist in der Harmonie des ewigen Alls zu herrschen, sich fortwährend zu entwickeln und zu bilden und allmählich in die höheren Sphären einer intelligenteren und liebeerfüllten Welt einzugehn.‹ Wie wir ihn dort ham herausziehn wolln, so hat er Ihnen gekratzt und gebissen. Er hat gedacht, daß er zu Haus is, und erst wie wir ihn wieder hineingeworfen ham, dann hat er erst angefangen zu betteln, wir solln ihn von dort herausziehn.«
    »Was ist aber mit der Postmeisterin geschehen?« rief Oberleutnant Lukasch verzweifelt.
    »Das war ein sehr braves Frauerl, aber sie war doch nur ein Luder, Herr Oberlajtnant, sie hat alle ihre Pflichten auf der Post erfüllt, aber sie hat nur einen Fehler gehabt, daß sie gedacht hat, daß ihr alle nachlaufen, daß sies auf sie abgesehn ham, und deshalb hat sie nach der täglichen Arbeit Anzeigen auf sie an die Ämter gemacht, je nachdem, wie alle diese Umstände zusammengekommen sind. Einmal früh is sie in den Wald auf Schwämme gegangen und hat sehr gut bemerkt, wie |689| sie an der Schule vorbeigegangen is, daß der Herr Lehrer schon auf war und daß er sie gegrüßt hat und sie gefragt hat, wohin sie so zeitig früh geht. Wie sie ihm gesagt hat, daß sie auf Schwämme geht, so hat er ihr gesagt, daß er ihr nachkommen wird. Draus hat sie geschlossen, daß er mit ihr, mit dieser alten Schachtel, gewisse unsaubere Absichten vorhat, und dann, wie sie gesehn hat, daß er wirklich ausn Gebüsch kommt, is sie erschrocken und is weggelaufen und hat gleich eine Anzeige an den Ortsschulrat geschrieben, daß er sie hat vergewaltigen wolln. Der Lehrer is in Disziplinaruntersuchung gekommen, und damit draus nicht vielleicht ein öffentlicher Schkandal wird, is es der Schulinspektor selbst untersuchen gekommen; der hat sich an den Gendarmeriewachtmeister gewendet, damit der ein Urteil davon abgibt, ob der Lehrer vielleicht zu so einer Handlung fähig is. Der Gendarmeriewachtmeister hat in die Akten geschaut und hat gesagt, daß das nicht möglich is, weil der Lehrer schon einmal vom Pfarrer beschuldigt worn is, daß er seiner Nichte nachgelaufen is, mit der der Pfarrer immer selbst geschlafen hat, aber daß sich der Herr Lehrer vom Bezirksarzt ein Zeugnis geholt hat, daß er seit sechs Jahren impotent is, wie er mit gespreizten Beinen vom Boden auf die Deichsel von einem Leiterwagen gefalln is. Also hat das Luder eine Anzeige auf den Gendarmeriewachtmeister, auf den Bezirksarzt und auf den Schulinspektor gemacht, daß alle von dem Lehrer bestochen sind. Also ham sich Ihnen alle geklagt, und die is verurteilt worn, und sie

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