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Die Abenteuer des Joel Spazierer: Roman (German Edition)

Die Abenteuer des Joel Spazierer: Roman (German Edition)

Titel: Die Abenteuer des Joel Spazierer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Köhlmeier
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Kopf und eine Sonnenbrille auf der Nase. Aber er war hell gekleidet, auch der Hut war hell; darum würde er sicher weniger auffallen als Major Hajós, war meine Meinung. Die beiden redeten nur knapp miteinander; sie tauschten Briefumschläge aus, drehten einander den Rücken zu, um nachzusehen und nachzuzählen, was darin steckte, und spuckten am Ende ins Wasser. Ich spuckte auch. Major Hajós gefiel das, er presste meinen Kopf an seine Seite und lachte und rief über den Donaukanal in die Sonne hinein: »My son! He is my son! I love you, my son!« Der andere war weg.
    Major Hajós war auf einmal prächtig gelaunt. Wir kauften Brot und Käse und zwei Flaschen Milch – das heißt, er gab mir Geld und ich kaufte, weil er kein Wort Deutsch konnte – und frühstückten auf der Straße. Er hatte eine Art zu essen, die meiner Mutter sehr missfallen hatte. Er sagte, wir müssten uns beeilen, denn bald könnte er sich in Wien zusammen mit mir nicht mehr blicken lassen. Was das heiße, fragte ich, und wobei wir uns beeilen müssten und wann ich endlich nach Hause dürfe.
    Er sagte, Milch schmecke am besten, wenn man einen Schluck sehr lange im Mund behalte und die Milch im Mund immer wieder über die Zunge fließen lasse. »Dann wird sie süß, als wäre sie gezuckert. Probier es aus!«
    Er hatte recht.
    In einem Papiergeschäft nahe beim Michaelerplatz besorgte ich auf seine Anweisung hin: einen großen Bogen durchsichtiges Millimeterpapier, eine Handvoll Bleistifte verschiedener Stärken, ein Farbband für eine Schreibmaschine, schwarze Tusche und ein Päckchen Büroklammern.
    Als ich wieder auf der Straße war, sagte ich, die Frau im Geschäft habe mich komisch angeschaut und die Frau beim Kreisler auch schon, und das nur, weil ich ein Kopftuch trage. Major Hajós seufzte und knurrte irgendetwas, nahm mir aber schließlich das Tuch ab und sagte, ich solle halt meine Hände irgendwie vors Gesicht halten oder so tun, als ob ich Fliegen von meinem Gesicht verscheuchte.
    »Du kannst nichts dafür, aber an deinen Sommersprossen erkennt dich jeder. Du wirst nie im Leben verlorengehen.«
    Ich sagte: »Wenn ich die Hände vors Gesicht drücke oder so tue, als ob ich Fliegen verscheuche, wo gar keine Fliegen sind, fällt das viel mehr auf.«
    Er nickte und blickte sich um und drückte mich schon wieder an sich. Die eine Hälfte meines Gesichts wurde von seiner Jacke abgedeckt und die andere Hälfte von seiner Hand. Das sah aus, als habe er mich sehr, sehr lieb. »My son«, sagte er. »You are my son.«
    Ich fragte, was das heiße. Er sagte, das sei Englisch und gleichzeitig Amerikanisch und heiße, ich sei sein Sohn.
     
    Und der war ich auch.
    In dem Kuvert, das er von dem Mann unten beim Donaukanal bekommen hatte, war ein Pass. Den zeigte er mir, als wir wieder in der Waschküche waren.
    »Das ist unser Pass«, sagte er.
    »Warum unser?«
    »Jetzt kannst du etwas lernen«, sagte er und war dabei so fröhlich, dass ich ebenfalls ein bisschen fröhlich wurde. Er holte aus seinem Koffer eine Taschenlampe und eine Lupe. Draußen war ein strahlender Julitag, aber in der Waschküche benötigte man eine Taschenlampe, um genau zu sehen. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie gern ich mache, was ich gleich mache. Ich könnte es immer machen, von morgens bis abends, ohne Zweck, einfach aus Freude.«
    Er breitete alles, was er brauchte, auf dem Betonboden aus – den Pass, die Dinge, die wir in dem Papiergeschäft gekauft hatten, die Lupe, die Taschenlampe und: einen Stapel Fotos, auf denen sein Kopf zu sehen war, allerdings ohne Bart. Der Pass war ein österreichischer und lautete auf den Namen Helmut Rosenberger . Das Foto darin zeigte einen Mann mit einem hageren Fledermausgesicht, er war nur im Hemd und trug eine Krawatte.
    »Wahrscheinlich im Sommer aufgenommen, als es heiß war«, sagte ich.
    Major Hajós nickte und nickte eine lange Zeit weiter, und mir war klar, er nickte gar nicht meinetwegen. Ich solle die Taschenlampe halten und nicht wackeln, sagte er. Mit einem kleinen Messer bog er vorsichtig die zwei hohlen Nieten auf, mit denen das Foto von Herrn Helmut Rosenberger im Pass befestigt war, und steckte sie in die Brusttasche seines Hemdes.
    »Welches Bild von mir gefällt dir am besten? Lass dich nicht von der glatten Haut irritieren. Erst kommt der Pass, und dann kommt der Mensch. Ich werde mein Gesicht dem Pass angleichen. So gehört es sich. Also welches?«
    Ich zeigte auf ein beliebiges Bild, und er sagte, genau dieses

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