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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Die anderen Expeditionsteilnehmer ertrugen den Professor, weil er in seiner Safariaufmachung so dekorativ aussah und sie sich über ihn lustig machen konnten, ohne dass er etwas davon mitbekam. Leblanc nahm sich selbst zu ernst, um sich vorstellen zu können, dass andere das nicht taten.
    Mauro Carías schickte Spähtrupps aus, die in unterschiedlichen Richtungen die Gegend erkunden sollten. Die Soldaten brachen widerwillig auf und kehrten nach kurzer Zeit ohne Neuigkeiten von dem Stamm zurück. Sie überflogen das Gebiet auch mit den Hubschraubern, obwohl Kate Cold sie darauf hinwies, der Lärm werde die Indianer verscheuchen. Sie riet zur Geduld: Früher oder später würden die Indianer in ihr Dorf zurückkehren. Wie Leblanc war auch sie mehr an der Bestie als an den Eingeborenen interessiert, schließlich musste sie ihren Artikel schreiben.
    »Weißt du etwas über die Bestie, das du mir nicht gesagt hast, Alexander?«
    »Kann sein, kann auch nicht sein …«, antwortete ihr Enkel, traute sich allerdings nicht, ihr dabei in die Augen zu sehen.
    »Was soll das denn bitte schön heißen?«
    Um die Mittagszeit schreckte das Lager auf: Eine Gestalt war aus dem Wald getreten und kam zögerlich näher. Mauro Carías machte freundliche Gebärden und rief sie, nachdem er die Soldaten aufgefordert hatte, sich zurückzuziehen, um sie nicht zu erschrecken. Timothy Bruce drückte Kate Cold seinen Fotoapparat in die Hand und griff selbst nach der Filmkamera: Die erste Begegnung mit einem bislang unentdeckten Stamm durfte er sich nicht entgehen lassen. Nadia und Alex erkannten die Besucherin sofort, es war Iyomi, Häuptling der Häuptlinge von Tapirawa-teri. Sie kam allein, war nackt, unglaublich alt, runzlig und zahnlos, auf einen verhutzelten Stock gestützt, den runden Hut aus gelben Federn bis zu den Ohren auf den Kopf gestülpt. Schritt für Schritt ging sie auf die verdatterten Nahab zu. Mauro Carías rief Karakawe zu sich und fragte ihn, zu welchem Stamm diese Frau gehöre, aber das konnte er ihm nicht beantworten. Nadia trat vor.
    »Ich kann mit ihr reden«, sagte sie.
    »Sag ihr, wir tun ihr nichts, wir sind Freunde ihres Volkes, und alle sollen ohne Waffen zu uns kommen, weil wir viele Geschenke für sie und die anderen haben«, sagte Mauro Carías.
    Nadia übersetzte frei, ließ das mit den Waffen weg, denn angesichts der Bewaffnung der Soldaten schien ihr das keine besonders gute Idee.
    »Wir wollen keine Geschenke von den Nahab, wir wollen, dass sie aus dem Auge der Welt verschwinden«, antwortete Iyomi fest.
    »Das ist sinnlos, sie gehen doch nicht«, sagte Nadia.
    »Dann bringen meine Krieger sie um.«
    »Es werden mehr kommen, viel mehr, und alle deine Krieger werden sterben.«
    »Meine Krieger sind stark, diese Nahab haben weder Bogen noch Pfeile, sie sind plump und ungeschickt und haben weiche Köpfe, außerdem erschrecken sie sich wie die Kinder.«
    »Krieg ist keine Lösung, Häuptling der Häuptlinge. Wir müssen verhandeln«, versuchte Nadia die alte Frau zu überzeugen.
    »Was zum Teufel nuschelt die Alte da?« Mauro Carías war ungeduldig, denn Nadia übersetzte schon länger nicht mehr.
    »Sie sagt, dass ihr Volk schon seit Tagen nichts mehr gegessen hat und alle sehr hungrig sind«, erfand Nadia in Windeseile.
    »Sag ihr, dass wir ihnen so viel zu essen geben, wie sie wollen.«
    »Sie haben Angst vor den Waffen«, sagte Nadia, obwohl die Indianer noch nie eine Pistole oder ein Gewehr gesehen hatten und nichts von dieser tödlichen Gefahr ahnten.
    Mauro Carías befahl den Soldaten, als Zeichen des guten Willens die Waffen abzulegen, aber Leblanc war außer sich, denn die Indianer griffen doch normalerweise aus dem Hinterhalt an. Also legten sie die Schnellfeuergewehre hin, behielten ihre Pistolen aber im Gürtel. Iyomi bekam von Dr. Omayra Torres eine Schale mit Fleisch und Mais, drehte sich um und verschwand. Hauptmann Ariosto wollte ihr folgen, aber da hatte sie sich schon zwischen den Bäumen in Luft aufgelöst.
    ~
    Den Rest des Tages verbrachten sie damit, erfolglos ins Dickicht zu spähen und den ahnungsvollen Leblanc über sich ergehen zu lassen, der jeden Moment damit rechnete, dass eine Horde von Menschenfressern über sie herfiel. Obwohl selbst bis an die Zähne bewaffnet und von Soldaten umringt, war dem Professor beim Besuch dieser nackten Uroma mit dem gelben Federhut das Herz in die Hose gerutscht. Die Stunden verstrichen, und nichts tat sich, nur einmal gab es eine kurze Aufregung, weil

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