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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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menschenfressender Vogel würde die Nebelmenschen umbringen, ihr Tod war viel greifbarer, war schon da. Sie rannten in die Mitte desDorfes, wo Dr. Omayra Torres gerade die Spritze auf Tahamas Oberarm aufsetzte. Ohne nachzudenken, rammte Alex in vollem Lauf den Krieger und warf ihn um. Tahama war mit einem Satz wieder auf den Füßen, schwang seinen Knüppel und wollte Alex zerquetschen wie eine Kakerlake, aber Nadias Schrei ließ ihn erstarren.
    »Nein! Nicht! Der Rahakanariwa ist dort drin!«, brüllte Nadia und zeigte auf die Ampullen mit dem Impfstoff.
    César Santos dachte, seine Tochter habe den Verstand verloren, packte sie am Arm, aber sie entwand sich seiner Umklammerung und rannte zu Alex, wobei sie Mauro Carías, der sich ihr in den Weg stellte, anschrie und auf ihn einschlug. Hastig versuchte sie, den Indianern begreiflich zu machen, dass sie sich geirrt hatte, dass die Impfung sie nicht retten, sondern ganz im Gegenteil sie umbringen würde, weil der Rahakanariwa in der Spritze war.

ACHTZEHNTES KAPITEL
Blutvergießen
    Dr. Omayra Torres blieb ruhig. Sie sagte, Nadia und Alex sei offenbar die Hitze aufs Hirn geschlagen, und wies Hauptmann Ariosto an, die beiden wegzuschaffen. Am liebsten hätte sie wohl in ihrer unterbrochenen Arbeit einfach fortgefahren, aber mittlerweile liefen die Indianer aufgeregt durcheinander. In diesem Augenblick, als Hauptmann Ariosto sich schon bereitmachte, die Ordnung mit Waffengewalt wiederherzustellen, und zwei seiner Soldaten Nadia und Alex festhielten, trat Karakawe vor die Ärztin.
    »Einen Moment!«, rief er.
    Zur allgemeinen Verwirrung eröffnete ihnen ebendieser Mann, der auf der ganzen Reise vielleicht ein halbes Dutzend Wörter gesagt hatte, er arbeite für das Gesundheitsministerium in der Abteilung zum Schutz der indianischen Bevölkerung. Er erklärte ihnen, sein Auftrag bestehe darin, herauszufinden, warum so viele Indianer im Amazonasgebiet krank wurden und starben, vor allem diejenigen, die in der Nähe von Gold- und Diamantenvorkommen lebten. Er hege schon lange einen Verdacht gegen Mauro Carías, weil der von den Reichtümern der Gegend am stärksten profitiert habe.
    »Hauptmann Ariosto, beschlagnahmen Sie diesen Impfstoff!«, befahl Karakawe. »Ich werde ihn in ein Labor bringen. Wenn ich Recht habe, enthalten diese Ampullen keinen Impfstoff, sondern eine tödliche Dosis Masernviren.«
    Ariosto sagte keinen Ton, setzte Karakawe bloß seine Pistole auf die Brust und drückte ab. Der Indianer war sofort tot. Mauro Carías stieß Dr. Omayra Torres auf die Seite, zog seinen Revolver, zielte auf die Ampullen, und während César Santos herbeistürzte, um die Ärztin mit seinem Körper abzuschirmen, schoss Carías das Magazin leer, dass die Scherben nur so spritzten. Die Flüssigkeit versickerte im Boden.
    Es ging alles so schnell und war so brutal, dass hinterher keiner genau sagen konnte, was eigentlich passiert war, und jeder seineeigene Version erzählte. Aber Timothy Bruce filmte, und was ihm entging, hielt Kate Cold mit dem Fotoapparat fest.
    Als sie die zersplitternden Ampullen sahen, glaubten die Indianer, der Rahakanariwa sei aus seinem Gefängnis geflohen, werde erneut in die Gestalt des menschenfressenden Vogels schlüpfen und sie alle verschlingen. Noch ehe ihn jemand hindern konnte, ließ Tahama unter furchterregendem Gebrüll seinen Holzprügel mit solcher Wucht auf den Schädel von Mauro Carías niedergehen, dass der wie ein Sack in sich zusammenfiel. Hauptmann Ariosto richtete seine Waffe auf Tahama, aber Alex hatte sich losgerissen, warf sich gegen seine Beine und bekam Hilfe von Borobá, der Ariosto ins Gesicht sprang. Die Schüsse gingen ins Leere, und Tahama blieb Zeit genug, sich im Schutz seiner Krieger, die mittlerweile ihre Bogen gespannt hatten, zurückzuziehen.
    In den paar Sekunden, bis die Soldaten sich gefasst und ihre Pistolen aus dem Halfter gezogen hatten, zerstreuten sich die Indianer. Die Frauen und Kinder huschten wie Erdhörnchen ins Unterholz und verschwanden im Dickicht, und die Männer konnten noch etliche Pfeile abschießen, ehe auch sie die Flucht ergriffen. Die Soldaten feuerten blind drauflos, während Ariosto am Boden mit Alex, Nadia und Borobá rang. Der Hauptmann verpasste Alex mit dem Knauf seiner Pistole einen Kinnhaken, und als der wie betäubt liegen blieb, konnte er mit Faustschlägen Nadia und den Affen loswerden. Kate Cold rannte zu ihrem Enkel und zerrte ihn aus der Schusslinie. Bei all dem Geschrei und dem

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