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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Vielleicht hatte sie es gar nicht des Geldes wegen getan, sondern weil sie ihn liebte. Aber ob nun aus Liebe oder aus Habgier, das Ergebnis war dasselbe: Hunderte ermordeter Männer, Frauen und Kinder. Hätte Nadia nicht beobachtet, wie Omayra Torres und Mauro Carías sich küssten, es wäre nie herausgekommen. Und nur weil Karakawe rechtzeitig eingegriffen hatte – was er mit seinem Leben bezahlte –, war der Plan gescheitert.
    Jetzt verstand Alex auch, welche Rolle sich Mauro Carías für die Expedition des International Geographic ausgedacht hatte. Einpaar Wochen, nachdem man die Indianer mit dem Masernvirus infiziert hatte, wäre die Epidemie ausgebrochen und hätte sich schnell auch auf andere Dörfer ausgeweitet. Dann hätte der hirnverbrannte Professor Ludovic Leblanc vor der Weltpresse bezeugt, dass er bei der ersten Begegnung mit den Nebelmenschen dabei gewesen war. Niemandem war ein Vorwurf zu machen: Man hatte die notwendigen Vorsorgemaßnahmen getroffen, um das Dorf zu schützen. Die Aussagen des Anthropologen wären durch Kate Colds Reportage und die Fotos von Timothy Bruce untermauert worden, die bewiesen, dass alle Dorfbewohner geimpft worden waren. In den Augen der Welt wäre die Epidemie nur ein unvermeidliches Übel gewesen, keiner hätte nachgefragt, und Mauro Carías hätte sicher sein können, dass es keine Untersuchung von Seiten der Regierung gab. Das war eine saubere und wirkungsvolle Methode, ohne das Blutvergießen, das es jahrelang gegeben hatte, weil man das Amazonasgebiet mit Kugeln und Bomben von den Menschen, die dort zu Hause waren, »säuberte«, damit die Goldsucher, die Händler, Siedler und Abenteurer freie Hand hatten.
    Kate Cold, die noch immer das Kind in den Armen hielt, war zu denselben Schlüssen gekommen und dachte, dass Ariosto bei Karakawes Beschuldigung den Kopf verloren und ihn einfach abgeknallt hatte, um Carías und sich selbst zu schützen. Er trug diese Uniform, und darin fühlte er sich unantastbar. Hier, am Ende der Welt, wo kaum jemand lebte und der lange Arm des Gesetzes nicht hinreichte, würde niemand in Zweifel ziehen, was er sagte. Das verlieh ihm eine gefährliche Macht. Er war ein roher, skrupelloser Mensch, der jahrelang an Grenzposten Dienst getan hatte, und Gewalt war etwas völlig Alltägliches für ihn. Außer auf seine Waffe und auf seinen Rang als Offizier hatte er auch immer darauf zählen können, dass Mauro Carías seine schützende Hand über ihn hielt. Der Unternehmer wiederum hatte Verbindungen in höchste Regierungskreise, gehörte zur herrschenden Klasse, schwamm in Geld, war angesehen und niemandem Rechenschaft schuldig. Das Bündnis zwischen Ariosto und Carías hatte beiden genutzt. Der Hauptmann hatte doch erzählt, er werde in weniger als zwei Jahren seine Uniform an den Nagel hängen und nach Miami ziehen; aber nun lag Mauro Carías mit zerschmettertem Schädel da undwürde ihn nicht mehr beschützen können. Das war das Ende seiner Straflosigkeit. Er würde sich vor Gericht für den Mord an Karakawe und den Indianern verantworten müssen, die hier mitten im Lager verstreut lagen.
    Kate Cold hatte keinen Zweifel daran, dass ihr Leben und das aller anderen Expeditionsteilnehmer, die Kinder eingeschlossen, in höchster Gefahr war, denn Ariosto musste um jeden Preis verhindern, dass bekannt wurde, was sich in Tapirawa-teri abgespielt hatte. Wie oft hatte er wohl schon Tote mit Benzin überschüttet, sie angezündet und für verschollen erklärt? Aber diesmal war der Schuss nach hinten losgegangen: Die Anwesenheit der Leute vom International Geographic hatte sich von einem Vorteil in ein schwerwiegendes Problem verwandelt. Bestimmt wollte er die Zeugen loswerden, aber dafür würde er sich etwas einfallen lassen müssen, er konnte sie nicht einfach erschießen, ohne in einen noch tieferen Schlamassel zu geraten. Dennoch, diese Gegend war so gottverlassen, dass es für den Hauptmann letztlich leicht sein würde, alle Spuren zu verwischen.
    Die Soldaten würden bestimmt nicht aufmucken, wenn Ariosto entschied, alle unliebsamen Zeugen umzubringen, so viel stand für Kate Cold fest, und sie würden es auch nicht wagen, ihren Vorgesetzten anzuzeigen. Der Urwald würde alle Beweise für ein Verbrechen schlucken. Sie konnten nicht einfach die Hände in den Schoß legen und auf ihre Hinrichtung warten, sie mussten doch irgendwas tun. Zu verlieren hatten sie jedenfalls nichts, schlimmer konnte ihre Lage nicht werden. Ariosto war ein gewissenloser

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