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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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schließlich durchgesetzt. Sie hatte entschieden, als Erste zu den Nahab zu gehen, allein, hatte sich zum Zeichen ihrer Würde den gelben Federschmuck aufgesetzt, damit die Fremden wussten, wer hier das Sagen hatte. Sie war beruhigt gewesen, denn Jaguar und Aguila waren vom heiligen Berg zurückgekehrt und im Lager der Fremden. Sie waren Freunde und konnten übersetzen, so dass diese armseligen, in stinkende Fetzen gehüllten Geschöpfe sich ihr gegenüber nicht ganz verloren fühlen mussten. Bei dieser ersten Begegnung hatten die Nahab sie freundlich empfangen, waren zweifellos von ihrer Erhabenheit und der Zahl ihrer Runzeln beeindruckt, aus denen die Erfahrung eines langen Lebens sprach. Obwohl die Nahab ihr Essen angeboten hatten, sah Iyomi sich gezwungen, sie aus dem Auge der Welt wegzuschicken, wo sie nichts verloren hatten; das war ihr letztes Wort gewesen, sie war nicht bereit zu verhandeln. Feierlich hatte sie sich mit ihrer Schale voll Fleisch und Mais wieder zurückgezogen, überzeugt davon, die Nahab mit dem Gewicht ihrer Würde eingeschüchtert zu haben.
    Da Iyomis Besuch so erfolgreich verlaufen war, hatte sich der Rest des Stammes ein Herz gefasst und war ihrem Beispiel gefolgt. So kehrten sie in ihr Dorf zurück, in dem sich vor ein paar Tagen die Fremden breit gemacht hatten, die ganz offensichtlich selbst die grundlegendste Regel der Bescheidenheit und Höflichkeit nicht kannten: Man besucht kein Schabono, wenn man nicht eingeladen ist. Dort betrachteten sich die Indianer die großen, glitzernden Vögel, die Zelte und diese seltsamen Nahab, von denen man sich so haarsträubende Geschichten erzählte. Eigentlich hätten diese Fremden für ihre schlechten Manieren ein paar ordentliche Knüppelhiebe verdient, aber Iyomi hatte ihren Stamm gebeten,geduldig mit ihnen zu sein. Um die Nahab nicht zu beleidigen, hatten sie also das Essen und die Geschenke angenommen, waren dann auf die Jagd gegangen und hatten Honig und Früchte gesammelt, denn für ein empfangenes Geschenk musste man selbst auch etwas geben, das gehörte sich so.
    Am nächsten Tag, nachdem Iyomi nachgesehen hatte, ob Jaguar und Aguila noch dort waren, erlaubte sie dem Stamm, erneut bei den Nahab zu erscheinen und ihre Medizin anzunehmen. Weder sie noch irgendwer sonst konnte erklären, was dann passiert war. Sie verstanden nicht, wieso Jaguar und Aguila, die doch so darauf gedrängt hatten, dass sie diese Medizin bekamen, plötzlich angerannt kamen, um genau das zu verhindern. Sie hörten ein unbekanntes Knallen, wie kurzes Donnern. Als die Ampullen zerplatzten, erkannten sie, dass der Rahakanariwa sie in seiner unsichtbaren Gestalt angriff, denn einige brachen tot zusammen, ohne dass ein Pfeil oder ein Knüppel sie getroffen hätte. Während die einen noch kämpften, stürzten die anderen in wirrer Flucht weg von dem unheilvollen Ort. Sie wussten nicht mehr, wer ihre Freunde und wer ihre Feinde waren.
    Endlich war Walimai gekommen, um ihnen einige Dinge zu erklären. Er sagte, Aguila und Jaguar seien Freunde, denen geholfen werden müsse, alle Übrigen aber könnten Feinde sein. Er sagte, der Rahakanariwa sei entkommen und fähig, jede mögliche Gestalt anzunehmen: Mächtige Beschwörungen seien notwendig, um ihn wieder ins Reich der Geister zu verbannen. Er sagte, sie müssten die Götter um Hilfe bitten.
    Sie hatten die beiden Riesen, die noch nicht in den heiligen Tepui zurückgekehrt waren und das Auge der Welt durchstreiften, gerufen und im Schutz der Nacht dort hingeführt, wo einmal ihr Dorf gewesen war. Von allein hätten die Götter sich niemals dem Zuhause der Indianer genähert, sie hatten es viele tausend Jahre nicht getan. Walimai hatte ihnen erst begreiflich machen müssen, dass es nicht mehr das Dorf der Nebelmenschen war, dass die Nahab es mit Füßen getreten hatten und Morde dort begangen worden waren. Tapirawa-teri würde an einem anderen Ort im Auge der Welt wieder aufgebaut werden müssen, weit weg, wo es den Menschen und den Geistern ihrer Vorfahren gefiel, wo dieSchlechtigkeit die Erde nicht beschmutzt hatte. Die wilden Götter hatten sich des Lagers der Nahab angenommen und Freund wie Feind außer Gefecht gesetzt.
    Tahama und seine Krieger mussten viele Stunden warten, bis der Gestank sich so weit verzogen hatte, dass sie in das Lager gehen konnten. Zuerst hatten sie ihre Toten mitgenommen, die für eine würdige Bestattung gewaschen und geschmückt werden mussten, dann waren sie die anderen holen gegangen, hatten

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