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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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sie alle in den Wald geschleift, auch Hauptmann Ariosto, der von den mächtigen Klauen eines Gottes zerfetzt worden war. Einer nach dem anderen kamen die Verschleppten zu sich. Sie lagen auf einer Waldlichtung auf der Erde, so benommen, dass sie sich nicht an den eigenen Namen erinnern konnten. Noch viel weniger konnten sie sich erinnern, wie sie hierher gekommen waren. Kate Cold rührte sich als Erste. Was war bloß los? Irgendwie war das Lager weg; wo war der Hubschrauber, der Hauptmann und vor allem, wo war ihr Enkel? Dann fiel ihr das kleine Kind ein, aber auch das entdeckte sie nirgends. Sie kroch von einem zum andern, rüttelte sie, bis sie ein Lebenszeichen von sich gaben. Alle hatten mörderische Kopfschmerzen, ihnen tat jeder Knochen weh, sie husteten und kotzten, ihre Augen tränten, sie fühlten sich, als hätte sie jemand niedergeknüppelt, sahen aber aus, als wäre ihnen kein Haar gekrümmt worden.
    Dem Professor, der als Letzter die Augen aufschlug, ging es so hundsmiserabel, dass er nicht aufstehen konnte. Eine Tasse Kaffee und ein Schluck Wodka wären jetzt das Richtige, dachte Kate Cold, aber hier war ja weit und breit nichts, was wie ein Frühstück aussah. Dagegen hing ihnen der Gestank der Bestie in den Kleidern, in den Haaren, pappte ihnen auf der Haut; sie mussten sich zu einem nahen Bachbett schleppen und weichten sich erst einmal gründlich ein. Ohne ihre Waffen und ihren Hauptmann fühlten sich die fünf Soldaten derart aufgeschmissen, dass sie bloß kleinlaut nickten, als César Santos sagte, er gebe jetzt die Befehle. Timothy Bruce, der abgebrühte Engländer, ärgerte sich scheckig, weil er der Bestie offensichtlich so nah gewesen war und doch kein einziges Foto von ihr gemacht hatte; er wollte unbedingt ins Lager zurück und seine Kameras holen, wusste aber nicht, in welcheRichtung er loslaufen sollte, und anscheinend war auch niemand gewillt, mit ihm zu gehen. Da hatte er nun Kate Cold an Kriegsschauplätze, in Katastrophengebiete und auf so manche waghalsige Fahrt begleitet und verlor wirklich selten die Fassung, aber was ihm hier passiert war, verdarb ihm gründlich die Laune. Kate Cold dachte nur an ihren Enkel, César Santos nur an seine Tochter. Wo waren die beiden?
    Der Führer lief die ganze Lichtung ab und fand geknickte Zweige, Federn, Samenkörner und weitere Spuren der Nebelmenschen. Die Indianer mussten die Leute aus dem Lager hierher gebracht haben, und damit hatten sie ihnen das Leben gerettet, denn andernfalls wären sie alle erstickt oder von der Bestie in Stücke gerissen worden. Wieso hatten sie das getan? Warum hatten sie nicht die Möglichkeit genutzt, sie alle umzubringen und ihre Toten zu rächen? Wäre er in der Lage gewesen, einen einzigen klaren Gedanken zu fassen, Professor Leblanc hätte seine Theorie über die Wildheit dieser Stämme nun endgültig über den Haufen werfen müssen, aber der bedauernswerte Anthropologe lag wimmernd auf dem Bauch, halb tot vor Übelkeit und Kopfschmerzen.
    Alle rechneten damit, dass die Nebelmenschen jeden Moment zurückkommen würden, und schließlich war es dann so weit; urplötzlich löste sich der ganze Stamm aus dem Dickicht. Die Indianer nutzten ihre Fähigkeit, sich lautlos zu bewegen und von einem Augenblick auf den anderen Gestalt anzunehmen, und hatten die Fremden umzingelt, noch ehe die mitbekamen, was da vorging. Die Soldaten, die für den Tod der Indianer verantwortlich waren, zitterten erbärmlich. Tahama ging auf sie zu und nagelte sie mit seinem Blick fest, rührte sie aber nicht an; bestimmt dachte er, diese Würmer verdienten es nicht, von einem so edlen Krieger, wie er einer war, ein paar anständige Knüppelhiebe über den Schädel zu bekommen.
    Iyomi trat einen Schritt vor und hielt eine lange Rede, aber die Nahab glotzten nur verständnislos, deshalb packte sie die einzige Person, die ihr halbwegs ebenbürtig erschien, am Kragen und schrie ihr ins Gesicht. Das war natürlich Kate Cold, die sich nicht anders zu helfen wusste, als nun ihrerseits die Alte mit der Federkrone bei den Schultern zu nehmen und auf Englischzurückzubrüllen. So standen sich die beiden alten Frauen eine ganze Weile gegenüber, schrien sich Nase an Nase unverständliche Schmähungen ins Gesicht, bis es Iyomi leid war, sie sich umdrehte und unter einen Baum setzte. Auch die meisten anderen Indianer hockten sich hin und schwatzten miteinander, aßen Früchte, Nüsse und Pilze, die sie zwischen den Baumwurzeln fanden und herumgehen

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