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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Entscheidung«, mischte Kate sich ein.
    Die Gruppe zerstreute sich am Strand, Kate schrieb, und Bruder Fernando lief nachdenklich am Ufer entlang. Zusammen mit Alex und Nadia gelang es Angie schließlich, den Propeller aus der Halterung zu lösen, und als sie ihn sich gründlich ansah, fand sie ihre Befürchtungen bestätigt: Mit dem, was sie an Werkzeug zur Hand hatte, würde sie ihn nicht reparieren können. Sie saßen fest.
    Im Grunde hatte Joel nicht damit gerechnet, dass etwas anbeißen würde, weshalb er sich vor Schreck fast hinsetzte, als er den Zug am Haken spürte. Die anderen liefen zu ihm, und nach einigem Hin und Her hatten sie einen stattlichen Karpfen aus dem Wasser gezogen. Der Fisch schnappte nach Luft und zappelte auf dem Sand, bis Bruder Fernando ihn am Schwanz packte und gegen einen Stein schlug. Nadia zuckte zusammen.
    »So ist die Natur, mein Kind. Die einen sterben, damit die anderen leben können.«
    Am liebsten hätte er wohl hinzugefügt, dass Gott ihnen den Fisch geschickt hatte, denn davon war er überzeugt, aber er wollte Angie nicht weiter reizen. Sie nahmen den Fisch aus, wickelten ihn in Blätter und garten ihn über dem Feuer. Es war, als hätten sienie zuvor etwas derart Wohlschmeckendes gegessen. Mittlerweile glühte der Sand unter der Mittagssonne. Mit einem Segeltuch über vier Stöcken verschafften sie sich etwas Schatten und legten sich hin, beobachtet von den Affen und einigen großen grünen Echsen, die zum Sonnen an den Strand gekommen waren.
    ~
    Alle dösten und schwitzten im lichten Schatten des Segeltuchs, als am anderen Ende des Strandes jäh ein Getrampel losging und etwas in einer Wolke aus Sand durch das Unterholz brach. Wegen des Spektakels, das es veranstaltete, glaubten sie erst, es sei ein Rhinozeros, aber als es näher kam, erkannten sie ein großes Wildschwein mit gesträubten Borsten und bedrohlichen Hauern. Ihnen blieb nicht die Zeit, nach den Waffen zu greifen, die sie während ihrer Siesta vor dem Zelt hatten liegen lassen, denn das Untier raste blindwütig auf ihr Lager zu. Sie schafften es eben, zur Seite zu springen, da prallte es schon gegen die Stützpfosten des Sonnensegels und riss sie um. Schnaufend hob es den Kopf und starrte sie über die Ruinen hinweg an.
    Angie stürzte auf ihren Revolver zu und zog damit die Aufmerksamkeit des Wildschweins auf sich, das sich für einen neuen Angriff bereitmachte. Es scharrte mit den Vorderhufen im Sand, senkte den schweren Schädel und raste auf Angie los, deren Leibesfülle ein perfektes Ziel bot.
    Angie schien verloren, als Bruder Fernando sich zwischen sie und das Wildschwein warf und einen Fetzen des Sonnensegels in der Luft schwenkte. Das Tier stockte mitten im Lauf, machte kehrt und galoppierte auf den Missionar zu, aber ehe es ihn umreißen konnte, war er ihm schon mit einem eleganten Hüftschwung ausgewichen. Wütend nahm das Schwein einen neuen Anlauf, fegte aber wieder nur unter dem Stofffetzen hindurch, ohne Bruder Fernando zu streifen. Mittlerweile hielt Angie den Revolver in der Hand, doch sie wagte nicht zu schießen, denn das Tier wirbelte so eng um Bruder Fernando herum, dass die beiden wie verwachsen schienen.
    Mit offenen Mündern verfolgten alle diesen einzigartigenWildschweinkampf. Der Missionar schwenkte den Stofffetzen wie ein Torero sein Tuch, reizte das Tier und feuerte es mit Olé-Rufen an. Er führte es an der Nase herum, baute sich vor ihm auf, machte es rasend. Es dauerte nicht lange, und das Wildschwein war restlos erschöpft, kurz vor dem Zusammenbruch stand es da, geifernd, mit bebenden Flanken und schlotternden Beinen. Da wandte ihm Bruder Fernando mit der blasierten Pose eines Stierkämpfers den Rücken zu und trat ein paar Schritte von ihm weg, wobei er sein Tuch hinter sich über den Sand schleifte. Angie nutzte die Gelegenheit und tötete das Schwein durch zwei Schüsse in den Kopf. Mit Applaus, Hochrufen und Pfiffen wurde die tollkühne Heldentat des Missionars gefeiert.
    »Das war ein Spaß! Mein erster Stierkampf seit fünfunddreißig Jahren!«
    Zum ersten Mal, seit sie ihn kannten, lächelte Bruder Fernando, und dann erzählte er ihnen, dass er als Jugendlicher davon geträumt hatte, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, der ein berühmter Stierkämpfer gewesen war, aber Gott hatte andere Pläne mit ihm gehabt. Durch ein schlimmes Fieber war er fast erblindet, und an Stierkampf war nicht mehr zu denken. Er hatte nicht gewusst, was er mit seinem Leben anfangen sollte,

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