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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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bis er vom Pfarrer seines Dorfes hörte, die Kirche suche Missionare für Afrika. Er war diesem Ruf aus reiner Verzweiflung gefolgt, hatte aber bald erkannt, dass er tatsächlich berufen war. Als Missionar brauchte man dieselben Eigenschaften wie für den Stierkampf: Mut, Zähigkeit und Glauben auch in schwierigen Situationen.
    »Mit Stieren zu kämpfen ist einfach. Christus zu dienen ist erheblich schwieriger.«
    »Ich finde, als bebrillter Torero machen Sie die bessere Figur«, sagte Angie und strahlte ihren Lebensretter an.
    »Für die nächsten Tage haben wir Fleisch genug. Wir müssen es kochen, damit es sich länger hält«, sagte Bruder Fernando.
    »Hast du den Kampf fotografiert?«, wollte Kate von Joel wissen.
    Er musste zugeben, dass er das in der Aufregung vollkommen vergessen hatte.
    »Ich hab’s!« Alex wedelte mit der winzigen Pocketkamera, die er immer in der Hosentasche bei sich trug.
    Wie sich herausstellte, war Bruder Fernando der Einzige, der wusste, wie man dem Schwein die Haut abzog und es ausnahm, denn daheim in seinem Dorf hatte er öfter bei Schlachtungen zugesehen. Er zog sein Hemd aus und machte sich an die Arbeit. Sie hatten keine geeigneten Messer, weshalb es ein langwieriges und blutiges Geschäft wurde. Während er sich abmühte, verscheuchten Alex und Joel mit Stöcken die Geier, die über ihren Köpfen kreisten. Nach einer Stunde war das Fleisch, das sie nutzen konnten, zum Kochen bereit. Den Rest warfen sie in den Fluss, damit Fliegen und Raubtiere nicht vom Blutgeruch angelockt wurden. Der Missionar hatte dem Wildschwein die Hauer aus dem Unterkiefer gebrochen, hatte sie mit Sand blank gerieben und drückte sie Alex und Nadia in die Hand:
    »Könnt ihr als Erinnerung mit nach Hause nehmen.«
    »Falls wir lebend hier herauskommen«, sagte Angie.
    ~
    In der Nacht gingen immer wieder kurze Regengüsse nieder, und es war schwierig, das Feuer davor zu schützen. Sie hatten zwar eine Plane darüber gespannt, aber es ging dennoch dauernd aus, und irgendwann gaben sie es auf. Die Nacht verlief zunächst ruhig, aber während Angies Wache ereignete sich etwas, das sie später als »wundersame Rettung« beschreiben sollte. Ein Krokodil, das am Flussufer vergeblich auf Beute gelauert hatte, näherte sich dem schwachen Schein der glühenden Holzscheite und der Petroleumlampe. Angie hatte sich wegen der Nässe unter einer Plastikplane zusammengekauert und hörte das Tier nicht kommen. Sie sah es erst, als sein aufgerissenes Maul nur noch einen Meter von ihren Beinen entfernt war. Wie ein Blitz durchzuckte Má Bangesés Weissagung ihren Kopf, sie glaubte, ihr Ende sei gekommen, und war nicht geistesgegenwärtig genug, die Flinte abzufeuern, die neben ihr lag. Panisch sprang sie auf, stolperte rückwärts und schrie dabei aus Leibeskräften, was ihre Freunde aus dem Schlaf riss. Das Krokodil stockte kurz, dann ging es zum Angriff über. Angie rannte, strauchelte, fiel, rollte sich hierhin und dorthin, um dem Tier zu entrinnen.
    Alexander hatte sich schon zuvor aus dem Schlafsack geschält, weil er mit der Wache an der Reihe war, und eilte Angie als Erster zu Hilfe. Ohne lange darüber nachzudenken, nahm er, was gerade zur Hand war, und hieb mit aller Kraft auf das Maul des Krokodils ein. Er schrie noch lauter als Angie, schlug und trat blind um sich und traf kaum einmal das Krokodil. Fast sofort waren auch die anderen da, und Angie, die sich etwas gefasst hatte, feuerte ihre Flinte ab, ohne richtig zu zielen. Einige Schotkörner streiften das Untier, schafften es jedoch nicht durch den ledernen Panzer. Aber der Lärm und Alexanders Hiebe vergällten ihm schließlich doch dieses Abendessen, es schlug missmutig mit dem Schwanz und verzog sich wieder hinunter zum Fluss.
    »Ein Krokodil, es war ein Krokodil!«, japste Alex, der am ganzen Körper zitterte und es nicht glauben konnte, dass er gegen ein solches Monstrum gekämpft hatte.
    »Lass dich küssen, mein Junge, du hast mir das Leben gerettet.« Angie zog ihn an ihre ausladende Brust.
    Alex spürte, wie seine Rippen knackten, und bekam kaum Luft in dieser Mischung aus Angstschweiß und Gardenienparfüm, während Angie ihn mit lautstarken Küssen bedeckte und lachte und weinte vor Erleichterung.
    Joel trat zu ihnen, um sich die Waffe zu betrachten, die Alexander benutzt hatte, und schrie plötzlich auf:
    »Meine Kamera!«
    Sie war es. Das schwarze Lederfutteral war zerfetzt, aber ansonsten schien der schwere deutsche Fotoapparat die rüde Begegnung

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