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Die Abrechnung: Ein Neonazi steigt aus

Die Abrechnung: Ein Neonazi steigt aus

Titel: Die Abrechnung: Ein Neonazi steigt aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingo Hasselbach , Winfried Bonengel
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potentieller Kühnen-Nachfolger gehandelt wurde, beanspruchte er diese Position selbst nicht. Worch ist ein ernstzunehmender »nationaler Sozialist«. Mehrfach vorbestraft, verbrachte er eine Reihe von Jahren im Gefängnis, sogar auch in Isolationshaft. Er ist ein äußerst beherrschter Typ. Worch hält viel von Kameradschaftlichkeit. Als ich einmal ohne Geld auf dem Stuttgarter Bahnhof festhing und dringend nach Berlin zurück mußte, rief ich ihn an und bat ihn, mir zu helfen. Innerhalb einer Stunde hatte ich auf telegrafischem Wege genug Bargeld. Wieder in Berlin, überwies ich ihm das Geld zurück, postwendend hielt ich es mit der Bemerkung »Wenn wir so anfangen, dann können wir gleich aufhören« wieder in den Händen.
    Worch arbeitete mehrere Jahre als Notargehilfe, sein Arbeitgeber entließ ihn, als er seine Gesinnung bemerkte. Er arbeitete noch für eine Zeit in verschiedenen Berufen, bis er ein beträchtliches Vermögen erbte, das es ihm erlaubte, vollkommen ungehindert für die »nationale Bewegung« tätig zu sein und sie generös zu unterstützen.
    Worchs Äußeres entspricht den Klischeevorstellungen vom deutschen »Biedermann«. Er ist sorgfältig gekleidet und legt großen Wert auf eine gepflegte äußere Erscheinung. Sein Kopf ist nicht kahlgeschoren, sondern er trägt sein Haar akkurat gescheitelt. »Er wäre der Stolz einer jeden Schwiegermutter«, stand über ihn in einer Zeitung. Niemals trägt er uniformähnliche Kleidungsstücke, niemals nimmt er an Wehrsportlagern teil. Neben Althans ist er der andere begabte Redner im Kreis der Neonaziführer. Im Gegensatz zu Althans achtet er genau auf das, was er sagt, und wird niemals, wie der, Opfer eines zum Exhibitionismus neigenden Geltungsdranges. Seinem Redetalent entgegen steht eine gewisse Verdrossenheit, die es verhindert, seine Zuhörer mitzureißen. In der sehr fragwürdigen Kunst der Demagogie und Manipulation hat Althans die stärkere Begabung. Worch ist aber ohne Zweifel der Schlauere von beiden. Althans versteht es, den Zuhörern eine starke Persönlichkeit und Kraft zu suggerieren, eine Fassade, hinter der sich nichts als ein selbsternannter Herrenmensch versteckt. Althans genießt es, Macht zu haben und Menschen zu manipulieren. Vermutlich hätte er in der modernen Werbebranche ähnliche persönliche Erfolge wie bei seiner neonazistischen »Aufbauarbeit«. Worch ist dagegen von selbstquälerischer Art. Er gilt als der Chef der Hamburger »Nationalen Liste«, einer Landespartei mit bundespolitischem Anspruch. Obwohl die NL nicht einmal dreißig Mitglieder umfaßt, wird sie den größten und gefährlichsten rechtsextremen Parteien zugerechnet. Worch sonnt sich im Ruf der Gefährlichkeit seiner Partei. Er ist nur allzugern zu Interviews bereit, in denen er seine Antworten abspult wie ein Tonband. Er ist gezwungen, vorsichtig zu sein und den Boden der Gesetzlichkeit möglichst nicht zu verlassen. Als ehemaliger Notargehilfe hat er darin Übung.

In der Weitlingstraße 122
    Nach dem Treffen in Fulda kamen Gottfried Küssel und Günther Reinthaler mit nach Berlin in die Weitlingstraße. Ohne sich mit uns abzusprechen, hatte Michael Kühnen eine Vereinbarung mit den beiden getroffen: Küssel und Reinthaler, zwei kampferprobte Österreicher aus der »Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front«, sollten sich in Zukunft bis auf weiteres intensiv um unser Haus kümmern.
    Die GDNF sieht sich als eine Dachorganisation für alle ultrarechtsradikalen Parteien in Deutschland, ihr Hauptziel ist die Wiedereinführung der NSDAP als wählbare Partei für alle Deutschen. Michael Kühnen wurde bis zu seinem Tode als Chef dieser Organisation von allen Parteien anerkannt. Seit Kühnens Tod leitet Eite Homan aus Delfzijl in den Niederlanden die GDNF. Homan, gegen den ein Einreiseverbot nach Deutschland verhängt wurde, ist außerdem Leiter der »Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Aufbau-Organisation«. Die ANS war 1983 in einer spektakulären Aktion durch die Justizorgane für Deutschland verboten worden. Eines ihrer Mitglieder, Christian Bügner, wurde in einem Wald bei Hamburg erstochen aufgefunden. Wenige Tage zuvor hatte Bügner den »Kameraden« seinen Ausstieg mitgeteilt, und kurz danach war die Vermutung laut geworden, Kühnen habe dabei seine Hände im Spiel gehabt. Nachzuweisen war ihm jedoch nichts.
    Die GDNF versteht sich selbst als die neue SA. Sie organisiert und leitet alle bedeutenderen Neonaziveranstaltungen und -aktionen in Deutschland. Michael

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