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Die Abrechnung: Ein Neonazi steigt aus

Die Abrechnung: Ein Neonazi steigt aus

Titel: Die Abrechnung: Ein Neonazi steigt aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingo Hasselbach , Winfried Bonengel
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Parkplatz anzuhalten, wo die Polizei uns mitteilte, daß wir zur Klärung eines Sachverhaltes zurück zur Raststätte zu fahren hätten. Also machten wir kehrt und fuhren in Begleitung der Polizeieinsatzwagen zurück. Dort wurden wir zur Gegenüberstellung in die Kaufhalle gebracht. Einer der Polizisten fragte eine von den noch immer verängstigten Verkäuferinnen: »Erkennen Sie unter diesen Personen einen der Täter wieder?«
    Einem Hool wurde das offensichtlich zu blöd, und er sagte sehr laut: »Jetzt merke ich erst einmal, was hier gespielt wird. Wollen Sie etwa behaupten, jemand aus unserer Reisegruppe hat in dieser Kaufhalle etwas gestohlen?«
    Die Verkäuferin schüttelte heftig den Kopf und antwortete dem Polizisten: »Nein, nein, die sahen anders aus. Da ist keiner mit bei.«
    »Schauen Sie bitte die Herrschaften nochmals genau an, wir müssen sie sonst alle wieder laufenlassen.«
    Die Verkäuferin und ihre Kolleginnen beharrten auf ihren Aussagen. Es blieb den Polizisten nichts anderes übrig, als uns weiterfahren zu lassen. Auf die Idee, einfach in unseren Bussen nachzusehen, kamen sie in dieser Nacht nicht.
    Die Fahrt verlief ohne weitere Zwischenfälle. Die meisten Mitreisenden, Hooligans, aber auch Neonazis, waren inzwischen vollkommen betrunken. Um sechs Uhr morgens erreichten wir Bad Berneck, unseren gemeinsamen Treffpunkt, an dem wir mit den westdeutschen und ausländischen Neonazis verabredet waren.

Rudolf Heß »zum Gedenken«
    Wir legten uns auf eine nahegelegene Wiese und schliefen unseren Rausch aus. Als Stunden später der erste Supermarkt im Ort öffnete, wurde von dort alles geholt, was zum Frühstück gebraucht wurde. Alle verließen auch diesen Supermarkt, ohne zu bezahlen.
    Am späten Vormittag trafen immer mehr »Kameraden« in Bad Berneck ein.
    Inzwischen war mein jüngerer Bruder Jens verschwunden, der bei mir im Bus gesessen hatte. Ich glaube, Jens bewunderte mich ein wenig und war irgendwie stolz darauf, daß ich einer war, auf den andere hörten. Ich fuhr mit ein paar Leuten in einem PKW los und machte mich auf die Suche nach Jens. Wir fuhren Richtung Wunsiedel. Ziemlich in der Nahe des Friedhofs sahen wir Jens mit einer Dose Bier gemütlich auf einer Bank sitzen. Meinem glatzköpfigen Bruder war es zu langweilig geworden, und er hatte sich allein per Anhalter zum Ort des Geschehens aufgemacht, dorthin, wo mehrere tausend Linksradikale nur darauf warteten, daß ihnen irgendwelche Skinheads in die Hände fielen. Wir holten Jens ins Auto und fuhren gemeinsam zum Friedhof, den die Polizei hermetisch abgeriegelt hatte.
    Am Eingang des Friedhofs fragte mich ein Polizist in barschem Ton, was ich hier wolle.
    »Da liegt ein Freund von mir«, entgegnete ich freundlich.
    Der Beamte grinste mich an: »Komm, zieh ab, der Herr Heß wird heute nicht besucht.«
    Wir drehten uns um und gingen zum Auto zurück. Dort stand eine ältere Frau und sagte: »Jetzt seid ihr extra hergekommen, und nun lassen sie euch nicht drauf, da müßt ihr morgen wiederkommen, wenn die alten Schweine weg sind!«
    Inzwischen waren die ungefähr zweitausend Neonazis im Konvoi in Wunsiedel angekommen. Dort warteten bereits sechstausend Polizisten und mehr als fünftausend Autonome auf uns. Der Einsatzleiter der Polizei bat uns, den Gedenkmarsch abzusagen, da er bestrebt sei, eine Eskalation der Gewalt unter allen Umständen zu verhindern.
    Christian Worch, der Veranstalter, war hingegen froh, daß so viele Nazis hierhergekommen waren. Er dachte überhaupt nicht daran, die Veranstaltung abzusagen. Mich nahm er zur Seite und beschwerte sich über die Plündereien in der Raststätte. Zahlreiche phantasievoll ausgeschmückte Berichte über die Vorkommnisse in der vergangenen Nacht hatten sich wie ein Lauffeuer ausgebreitet, die meisten Neonazis fanden den Überfall auf die Kaufhalle eher witzig. Worch, ein nationaler Sozialist »der alten Schule«, zeigte hingegen für derartigen Vandalismus kein Verständnis. Ich sagte ihm, daß die Leute Hunger hatten, und er solle doch froh sein, daß so viele mitgekommen wären.
    Küssel teilte mich und einen Teil meiner Leute zum Ordnungsdienst ein. Pünktlich um drei Uhr nachmittags begann die angesagte Demonstration, die Michael Kühnen anführte. Nach dreihundert Metern versuchten Autonome uns aus einer Seitenstraße heraus anzugreifen. Ich feuerte sogleich einen Leuchtstift in ihre Richtung und lief den Autonomen zusammen mit anderen Ordnern entgegen. Die ersten, mit denen wir

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