Die Abrichtung (German Edition)
sich aufs Sofa und legt seine Boots auf diese lebende Fußbank.
«Chef, ich hab zwar wenig Klamotten, aber irgendwo muss noch ne alte Lederjacke sein. Ich trage die nie, weil sie so wenig Nieten hat. Ich dachte, ich schreib mit Stachelnieten SUCKER auf den Rücken. Quer drüber, in Großbuchstaben. Ich würde die auch tragen, aber die kriegt das Dreckstück erst mal. Und ein altes Paar Boots ohne Schnürsenkel. Wenn Sucker raus muss, braucht er ne Hose, und wenn es kalt ist, ein Hemd. Ich trage ja gern tagelang dasselbe, bis es mir doch zu siffig ist. Wenn ich dann was Frisches nehme, kann Sucker doch einfach die Siffsachen weitertragen, bis ich ihm die nächsten gebe, oder? Das vereinfacht viel und ist gut für die Umwelt.» – «Das ist praktisch und logisch, Ratte. Außerdem hat dein Sklave dann immer deinen Geruch um sich.» – Die Fußbank zittert. Darunter richtet sich ein Schwanz auf.
«So, mein Schwein kommt mit mir, der Rest ab in den Keller. Morgen will ich ausschlafen.»
Ansporn
Langsam werde ich wach. Neujahr. Ich schiebe den Kopf des Schweines zwischen meine Beine. Nachdem es seine Pflicht getan hat, frage ich: «Weißt du, ob jetzt in der Stadt ein Bäcker geöffnet hat?» – «Nein, Herr, aber ich kann es herausbekommen. » Das Schwein geht in den Keller und kommt mit Sucker wieder. Der taumelt noch verschlafen und trägt Boots, die kurze, weite Jeans und ein Sweatshirt. – «Sucker, mein Herr will wissen, ob schon irgendein Bäcker in der Stadt offen hat. Schau mal nach! Aber so schnell wie möglich. Wenn du läufst, ist es nicht zu kalt.» – Sucker will was sagen, fängt sich aber noch und wartet. – «Raus, Sucker. Schau nach. Und schnell! Der Hausschlüssel hängt neben der Tür.» Ich sitze in Stiefeln auf dem Sofa, das Schwein deckt den Frühstückstisch, als Ratte und Punk erscheinen. «Morgen, Chef! Geh mal aufs Sofa, Bruder! Das erste, was ich im neuen Jahr schmecken will, ist der Schwanz von ‘nem geilen, freien Punker!»
Sucker stürzt herein, total außer Atem: «Ja, Herr.» Als er sieht, womit sein Herr beschäftigt ist, geht er sofort, immer noch keuchend, in die Knie und will ihn bedienen. Das trägt ihm nur einen Tritt in die Eier ein. «Dann hol für jeden von uns zwei Brötchen, Dreckstück! In meiner Jacke ist Geld. Und dalli!»
Nach einer Viertelstunde kommt Sucker wieder und bleibt taumelnd und keuchend stehen. Brust und Rücken des Sweatshirts sind nass geschwitzt. Er kann sich kaum auf den Beinen halten. Das Schwein nimmt ihm die Brötchentüte ab und zählt: «Acht, er hat sich selbst vergessen.» – «Nein, das Dreckstück fängt an zu begreifen. Aber es soll was in sein Maul bekommen. » Ratte packt Suckers Kopf und stößt ihn tief und heftig, ohne auf das Keuchen zu achten. «Morgen bekommst du ne Kette, damit man dich besser lenken kann. Lauf sofort zum Eisenwarengeschäft hinter dem Bahnhof und schau nach, wann die morgen aufmachen. Los!» – Er dreht Sucker um und gibt ihm einen Tritt in den Hintern.
Der Sklave kommt nach zwanzig Minuten keuchend wieder, mit tiefrotem Kopf. «Weißt du es, Drecksack?» – «Ja, Herr.» – «Dann weck mich morgen eine halbe Stunde vorher!» – «Ja, Herr.» – «Und hol für jeden noch ein Mohnbrötchen, los!» Ratte grinst: «Leute, es geht doch nichts über ofenfrische Brötchen.» – «Ja, aber soll er sich nicht mal ausruhen und was essen und trinken?» – «Nö, wozu? Er kriegt später meine Pisse, aber fressen braucht er vorläufig noch nix.»
Als Sucker zurückkommt, sichtlich am Ende seiner Kraft: «Na, Sklavensau? Hast du Hunger?» – «Ja, Herr.» – Ratte schüttet von all unseren Tellern die Krumen und Eierschalen auf den Fußboden. «Auflecken!»
Danach nimmt Ratte Sucker mit in seine WG. Er soll selbst seinen Namen – seine Funktion – in Nieten auf die Lederjacke schreiben. Punk, der keine Feiertage kennt, geht in die Goldschmiede. Ich gehe mit dem Schwein aufs Bett und lasse mich lecken.
«Hast du kein Mitleid mit Sucker? Wie war das, als du ihn heute früh rausgeschickt hast und Ratte dann immer mehr verlangte?» – «Herr, Sie würden mich auch so schicken, wenn es nötig ist. Ich habe gut verstanden, was gestern gesagt wurde. Er braucht das. Sonst war sein Rücken für nichts blutig. Wenn ich ihm helfen kann, dann so. Ich hoffe, dass er lernt, mir auch so zu helfen. Sklaven müssen einander helfen, besser zu werden.» Und dann: «Herr, ich hatte zwei Freunde. Jetzt sind die wie wir. Das
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