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Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit

Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit

Titel: Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Shields
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herauszuhalten. »Frankie … meine Großmutter hat sich immer um mich gekümmert. Aber sie ist krank geworden.«
      »Das tut mir leid. Ich habe gespürt … ich meine, ich hatte den Eindruck, dass du unglücklich bist.«
      »Ja, nun, so ist es nun mal.« Ich wollte kein Mitleid. Aber dieses Mädchen wirkte so wenig bedrohlich, dass ich den Wunsch verspürte, mehr zu sagen. Ich schluckte mühsam und sprach weiter. »Dad wusste von der Schule, weil Frankies Familie einmal in dieser Gegend gewohnt hat, vor langer Zeit. Er hat von diesem Stipendium erfahren, und dann ging alles sehr schnell. Ich weiß, dass ich wirklich Glück habe.« Dann platzte es aus mir heraus. »Aber ich glaube nicht, dass ich jemals hierher passen werde. Ich komme nicht aus einer Familie, die seit Generationen solche Schulen besucht.«
      »Das spielt keine Rolle, jedenfalls nicht für mich«, sagte Sarah. »Abgesehen davon hat meine Familie es auch nur mit Ach und Krach geschafft.«
      »Wie meinst du das?«
      »Meine Urgroßmutter Maria stammt von umherziehenden Roma ab, ist aber als Baby adoptiert worden. Sonst wäre auch für mich alles anders gewesen.«
      »Wieso? Was ist passiert?«, fragte ich.
      »Ihre Adoptiveltern waren reiche Landbesitzer und sehnten sich verzweifelt nach einem Kind. Offenbar hatten sie Marias Vater geholfen, als er irrtümlich von einem ebenfalls wohlhabenden Nachbarn der Wilderei angeklagt worden war. Da Marias Mutter bei der Geburt starb, überredeten sie ihn, das Kind ihnen zu geben. Das war für beide Seiten eine ziemlich ungewöhnliche Übereinkunft, aber die beiden vergötterten Maria und wollten immer nur das Beste für sie – Kleider, Reisen, Bildung –, und so natürlich auch Wyldcliffe.«
      »Wieso eigentlich? Was ist so besonders an Wyldcliffe? «
      »Wyldcliffe hatte in England immer den Ruf, eine sehr exklusive Schule zu sein. Mit anderen Worten, es war immer unglaublich versnobt und teuer.« Sarah lachte. »Die Oberste Mistress der Schule hat sich wegen Maria ziemlich angestellt und gesagt, sie würde nicht zulassen, dass ein schmutziges Zigeunerkind den heiligen Boden von Wyldcliffe verpesten würde. Doch dann haben ihre Adoptiveltern der Schule eine Menge Geld geschenkt, und damit war das geregelt. Und so bin ich jetzt hier.« Sie blickte nachdenklich drein. »Ich denke oft an sie. Es ist eigenartig, wenn ich mir vorstelle, dass sie einmal auf dem gleichen Boden herumgelaufen ist wie wir jetzt. Manchmal habe ich das Gefühl – das klingt jetzt wahrscheinlich ziemlich albern –, als würde sie über mich wachen.«
      »Du meinst … so wie ein Geist?« Ich versuchte, einen Witz zu machen, aber meine Stimme stockte.
      »Oh, so genau weiß ich das nicht. Aber ich denke wirklich oft über sie nach. Ich meine, ich frage mich, ob sie jemals an ihre wahre Familie gedacht hat, ob sie es nicht manchmal bedauert hat, dass sie nicht das alte Leben der Roma führte. Mir hätte ein solches Leben gefallen, denke ich manchmal, draußen und bei den Pferden und dem Land zu sein, in Kontakt mit dem alten Wissen zu stehen – « Sarah brach ab und lächelte. »Meine Familie hat immer noch tonnenweise Geld, was durchaus nützlich ist. Aber trotzdem glaube ich nicht, dass ich Celeste und ihrer Gang irgendwie ähnlich bin. Okay?«
      »Okay«, sagte ich. »Ich habe auch nicht im Mindesten das Gefühl, dass du so bist wie sie, das schwöre ich dir.«
      »Schön, dass wir das geklärt haben.« Sie grinste. »Komm, wir sollten besser zur Klasse zurückkehren, wenn du dich jetzt besser f?hlst. Sonst verteilt Miss Scratton noch mehr Verwarnungskarten.?
      Sie zog mich hoch. Ich spürte, dass ich den See noch nicht verlassen wollte. Er war die einzige größere Wasserfläche, die ich gesehen hatte, seit ich mein Zuhause am Meer verlassen hatte, und ich hatte das Gefühl, als würde ich in seine grüne Tiefe gezogen werden. Und doch war es auch der Schauplatz einer schrecklichen Tragödie – ein Mädchen war dort ertrunken.
      Ich wollte nicht darüber nachdenken. Ich drehte mich vom See weg und starrte zu den Moors hin. Vielleicht war der Junge, dem ich begegnet war, irgendwo da draußen und ritt über die Hügel. Dann verdeckte eine Wolke die Sonne, und ein Windstoß tobte über das Gras. Ich zitterte vor Kälte und begann zu laufen.
      »He, warte auf mich!«, rief Sarah. Aber ich blieb erst stehen, als ich mich im Schutz des düsteren Hauses befand.
     

 Sieben
 
 
      
      Das Tagebuch von

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