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Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit

Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit

Titel: Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Shields
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dass er das Mädchen verletzt hätte, das er gekannt hatte? Wie passte das mit Laura zusammen? Vielleicht hatten die beiden gestritten, bevor sie gestorben war; vielleicht f?hlte er sich irgendwie schuldig an ihrem Tod.
      »Du bist so still«, sagte Sebastian und ließ die Ruder über den Rand des Bootes hängen. »Willst du umkehren?«
      »Nein, es geht mir gut«, log ich. »Ich dachte nur gerade über etwas nach.«
      »Und über was? Sag es mir.«
      Ich nahm das Erstbeste, das mir in den Sinn kam.
      »Ich vermisse mein Zuhause. Dieser See hier und die Gärten und die Hügel – das alles wirkt irgendwie … ich weiß nicht, irgendwie zu ruhig. Erdrückend. Ich wünschte mir, wir könnten am Meer entlanggehen, wo die Wellen tosen und ein stürmischer Wind weht. Ich kann es nicht richtig erklären, aber ich fühle mich da irgendwie anders … irgendwie freier.«
      »Die Vorstellung gefällt mir.« Er lächelte. »Ich würde gern mit dir am Strand entlanggehen.«
      »Wir könnten herumlaufen und segeln und schwimmen. « Meine Stimme wurde heiser vor Sehnsucht. Mein Geist stand in Flammen, und mein Kopf tat weh von all meinen ruhelosen, namenlosen Begierden. Ich versuchte, mich zusammenzureißen und wieder die vernünftige Evie zu sein. »Zumindest erlebe ich morgen mal einen Tag Freiheit«, sagte ich. »Morgen mache ich mit meiner Klasse einen Ausflug in die Moors. «
      »Dann werden Mrs. Hartles Gefangene also rausgelassen, ja? Und wohin lässt sie euch wandern?«
      »Wir besuchen ein altes Haus, die Fairfax Hall. Kennst du es?«
      Sebastian begann, zu den überhängenden Lorbeerbüschen am Seeufer zurückzurudern.
      »Sicher«, sagte er, fast ein bisschen zu beiläufig. »Alle hier kennen es. Arme Evie. Wenn ihr euch davon irgendetwas Aufregendes versprecht, wirst du enttäuscht sein. Es ist ein langweiliges altes Haus, das vollgestopft ist mit den Erinnerungen anderer Leute, weiter nichts.«
      Er band das Seil um einen dicken Ast und sprang aus dem Boot. Matsch spritzte unter seinen Stiefeln, als er das Seeufer betrat. Dann drehte er sich um und hob mich aufs Gras. Einen Moment lang hingen wir aneinander wie Geliebte.
      »Evie«, sagte er eindringlich. »Versprich mir etwas.«
      »Natürlich. Was?«
      »Wenn du im Dorf … irgendetwas Schlechtes über mich hörst … vertraust du mir trotzdem noch? Du kommst weiter hierher und triffst dich mit mir? Versprichst du mir das?« Er hielt mich jetzt sogar noch fester. Mein Herz pochte dicht an seinem.
      »Ich verspreche es dir«, sagte ich. »Ich verspreche es dir.«
      Sebastian trat einen Schritt zurück; er war blass und angespannt. »Ich muss jetzt gehen.«
      »Warum?«, fragte ich. »Geh noch nicht.«
      »Ich muss aber«, sagte er. »Es tut mir leid, Evie.« Er begann sich über den dunklen Rasen zu entfernen.
      »Sebastian, warte! Wann werde ich dich wiedersehen?«
      »Morgen Nacht«, rief er zurück. »Und vergiss nicht – du hast es mir versprochen!«
      Ich fröstelte plötzlich bis auf die Knochen. Wieso sollte jemand versuchen, mich gegen Sebastian aufzubringen? Vielleicht hatte er wirklich etwas getan, das Laura geschadet hatte. Vielleicht wussten alle seine Freunde im Dorf davon, und er machte sich Sorgen, dass ich es herausfinden k?nnte. Vielleicht war es vollkommen idiotisch von mir, dass ich ?berhaupt irgendetwas mit ihm zu tun hatte. Ich setzte mich m?de in Bewegung, bestrebt, m?glichst schnell in den Schlafsaal zur?ckzukehren.
      Als ich aber den Stallhof erreichte, hatte sich irgendetwas verändert. Ich hielt inne. Die grüne Tür, die in den Bedienstetenflügel führte, stand weit offen. Seltsam, dachte ich. Ich war mir ganz sicher, dass ich sie sorgfältig zugemacht hatte.
      Im Hof war es vollkommen ruhig, abgesehen von einem gelegentlichen Wusch, wenn sich ein Pferdeschweif bewegte. Ich schlich vorsichtig über die Pflastersteine und glitt durch die Tür. Dann schlug sie laut hinter mir zu, und ich hörte, wie ein Schlüssel im Schloss herumgedreht wurde. Ich wirbelte herum und zog am Griff, aber die Tür ließ sich nicht bewegen. Jemand hatte mich eingeschlossen.
      Panik stieg in mir auf, wie ein Meer aus lodernden Flammen.
      »Wer ist da?«, rief ich. »Macht die Tür auf!« Aber es kam keine Antwort, nur das leise Geräusch von Schritten war von draußen zu hören. Ich tastete auf dem Boden wild nach Helens Taschenlampe. Sie war weg. Natürlich war sie weg, und ich wusste auch, wer sie genommen

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