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Die Achte Fanfare

Titel: Die Achte Fanfare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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gab … bis wir unser Ziel erreichten: ein Flüchtlingslager.«
    »Mein Gott.«
    »Vielleicht hatten die Israelis uns engagiert, wahrscheinlich aber jemand, der wollte, daß die Welt glaubte, es seien die Israelis gewesen. Alles war vorbereitet. Wir sollten im Kommandoeinsatz gegen Hunderte von unbewaffneten, hungrigen Menschen vorgehen. Ich beobachtete sie im Lager und erinnerte mich wieder. Es war, als erholte ich mich von einer Amnesie. Sie hatten mir den Verstand genommen, aber nicht völlig meine Erinnerungen. Die Maschine in mir schien zu sterben. Die meisten der Menschen, die wir massakrieren sollten, waren Kinder, verdammt, Kinder! Ich sah sie und sah mich selbst vor fünfzehn Jahren. Dann erinnerte ich mich an das unglaubliche Blutbad, das der Bombenanschlag in New York zur Folge gehabt hatte. Ich hatte nicht gewußt, daß so viele Menschen sterben würden; ich schwöre es. Ich hatte nicht einmal gewußt, daß es so etwas wie eine Parade zum Erntedankfest gab. Doch im letzten Augenblick, bevor unser Kommandant uns den Befehl zum Angriff auf das Flüchtlingslager gab, verglich ich das, was in New York geschehen war, mit dem, was hier im Libanon geschehen würde. Ich konnte es nicht zulassen, geschweige denn daran teilnehmen. Ich schoß dem Kommandanten in den Hals. Dann tötete ich den Rest des Teams. Es war sehr schnell vorbei. Vielleicht konnte man es sogar ein Begleichen alter Schulden nennen.«
    Kimberlain versuchte, sie in der Dunkelheit auszumachen.
    »Im Lager herrschte Panik. Die Schüsse trieben die Lagerinsassen auseinander, und wieder sah ich mich in der Nacht, in der die Hashi mich geholt hatten. Ich wußte, daß ich nirgendwo Schutz finden würde und mir ein Leben auf der Flucht bevorstand – und, schlimmer noch, ein Leben ohne Sinn. Ich hatte allem abgeschworen, was ich war, und davor war ich nur ein namenloses Nichts gewesen.« Sie zögerte lange genug, um tief einzuatmen. »Doch an jenem Tag befand sich in der Nähe des Lagers ein Mann, der unser Team mit der Absicht verfolgt hatte, das zu tun, was ich getan hatte, ein Mann, der zu einem Orden gehörte, der es sich zum Ziel gesetzt hatte, die Hashi zu vernichten, wie die Hashi es sich zum Ziel gesetzt hatten, des Profits wegen die Zivilisation ins Chaos zu stürzen. In seinen Worten lag ein neuer Sinn. Er gab mir, was ich brauchte. Er machte mich zu einer von ihnen.«
    »Von wem?«
    »Den Rittern des Johanniterordens.«
    Kimberlains Augen wurden größer. Die Ritter des Johanniterordens waren ihm vertraut, wie alle großen Kriegervereinigungen der Geschichte. Im Jahre 1565 zurückgelassen, um die Festung St. Elmo auf Malta mit 120 Mann gegen 10.000 marodierende Türken zu verteidigen, hielten sie die Invasoren unglaubliche einunddreißig Tage zurück. Viele bezeichneten diese Schlacht als die Geburtsstunde des Guerilla-Kampfes, da die Ritter unter anderem den Hafen mit Kettenpanzern vermint hatten und hinter die feindlichen Linien hinausgeschwommen waren, um selbstgefertigte Brandbomben auf die Schiffe der Türken zu werfen. Die lange Belagerung bedeutete einen entscheidenden Fehlschlag bei dem Versuch des Sultans Suleiman I. das Christentum mit einem Speerkopf aus islamischen ottomanischen Gruppen zu vernichten, mit denen er sich verbündet hatte und die während der Kreuzzüge legendären Ruhm erworben hatten – die Assassinen, oftmals auch Hashi genannt, eine Kurzform von ›Hashihi‹, nach ihrer angeblichen Gewohnheit, sich vor einem Kampf mit der Droge Haschisch anzuspornen.
    Die Malteserritter, wie sie ebenfalls genannt wurden, hatten den Hashi die schlimmste Niederlage überhaupt beigebracht, waren dabei aber selbst ausgelöscht worden, nur um in späteren Jahren als weltlicher religiöser Orden aufzuerstehen, dem jeder kriegerischer Bezug fehlte. Dies besagte zumindest die Legende.
    »Ein paar Ritter haben überlebt«, setzte Danielle ihre Erklärung fort, »und geschworen, insgeheim den Orden nach seiner ursprünglichen Form wieder aufzubauen, mit nur einer Aufgabe im Sinn: die Hashi endgültig zu vernichten. Ihre Inbrunst ließ mit der Niederlage des ottomanischen Reiches, mit der sich die Hashi in die Schatten zurückzogen, etwas nach. Doch sie erneuerten ihren Eid von Generation zu Generation, obwohl es sich bei den Rittern mittlerweile eher um Wächter als Krieger handelte, bis die Hashi in den letzten zwanzig Jahren wieder deutlicher in den Vordergrund getreten sind.«
    »Terrorismus«, sagte Kimberlain.
    »Genau. Sie

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