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Die Achte Fanfare

Titel: Die Achte Fanfare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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Konzentrationsfähigkeit war einzigartig. Alles, was er begann, führte er mit größter Finesse auch durch; für etwas anderes blieb kein Platz. Doch sie spürte auch das Unbehagen tief in seinem Inneren bei dem, was er tat. In den Pausen, zu denen es während ihrer Vereinigung kam, fühlte sie, daß er irgendwie peinlich berührt war.
    »Das hast du schon lange nicht mehr getan, nicht wahr?« fragte sie ihn schließlich, nachdem sie ins Wohnzimmer zurückgekehrt waren, um sich am Feuer zu wärmen.
    »Nicht mehr, seit ich diese Hütte gebaut habe.« Er dachte einen Augenblick lang nach. »Und auch schon lange vorher nicht mehr. Ich weiß nicht, mir kam es einfach nicht mehr wichtig vor. Nach den Caretakern kam mir nichts mehr wichtig vor.«
    »Der Sex?«
    »Und Liebe. Jeder Mensch hat nur so und so viel Leidenschaft zu geben, und man kann nur so und so viele andere Menschen damit bedenken. Vielleicht ist es mit der Leidenschaft wie mit einem Reservoir. Wenn es erschöpft ist, ist es eben erschöpft. Leidenschaft kann wieder zurückkehren, muß es aber nicht. Und nach dem, was meinen Eltern zugestoßen ist, richtete sich meine ganze Leidenschaft auf die Caretaker und das, wofür sie standen. Und nach den Caretakern fing ich an, meine Schulden zurückzuzahlen.«
    »Du benutzt das, was du Leidenschaft nennst, als Entschuldigung, um nicht lieben zu müssen. Doch du sprichst nicht wirklich von Liebe, nur von Abhängigkeit, Bedürfnissen. Ich weiß, wie das ist, denn mir erging es ähnlich. Ich hatte immer einen Grund, mich nie mit einem Menschen einzulassen; es gab immer etwas anderes zu tun. Entschuldigungen, durchaus vernünftige Erklärungen. Ich dachte immer, wenn ich mich einem anderen Menschen hingeben würde, würde ich dadurch irgendwie schwächer, und das konnte ich mir nicht erlauben. Dieser Verletzlichkeit konnte ich mich nicht ausliefern.«
    »In meinem Gewerbe kann jede Verletzlichkeit einen umbringen.«
    »Ich hätte nie geglaubt, daß das auch für meine Branche gilt, aber … halt mich einfach fest, ja?«
    Was Kimberlain auch tat.
    Ein Wagen, der sich über die unbefestigte Straße näherte, kündete von Peets Ankunft. Mittlerweile hatte Kimberlain sich angezogen und war bereit, ihm gegenüberzutreten. Er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut, als er den Riesen nun als Verbündeten, sogar als dringend benötigten Verbündeten, betrachten mußte. Aus reiner Gewohnheit hielt er Abstand zu ihm, eine Tatsache, die Peet mit einem leisen Lächeln zur Kenntnis nahm.
    Er hatte Lisa genau erklärt, wer Peet war und was er getan hatte, und zu seiner großen Überraschung war sie von Anfang an mit seiner Wahl einverstanden. Seine Ruhe und Entschlossenheit schien auf sie abgefärbt zu haben. Peet war zwar immer noch zu Gewalttaten fähig, schien diese Seite seiner Persönlichkeit jedoch unter Kontrolle zu haben, und das bestätigte Kimberlains Entscheidung, seine einzigartigen Fähigkeiten zu nutzen. Ja, er ließ Lisa Eiseman in den Händen eines Mannes zurück, der siebzehn Menschen mit diesen Händen getötet hatte, bevor er gefaßt wurde. Es waren vielleicht noch dieselben Hände, doch der Mann war ein anderer, genau wie Kimberlain nicht mehr der gleiche Mensch war, der für die Caretaker gearbeitet hatte. Wenn er sich ändern konnte, warum dann nicht auch Peet?
    Die Sonne ging auf, als Kimberlain seinen Reißverschluß hochzog und zum Wagen ging. Peet hackte in der Nähe Holz, ohne sich im geringsten dabei anzustrengen. Bevor der Riese sich den nächsten Scheit vornahm, fuhr er mit der Hand darüber und riß die Rinde ab.
    »Ich würde das nie bei einem Baum tun, der noch steht, Fährmann«, sagte er. »Alles, was an der Oberfläche geschieht, hat Auswirkungen auf das, was tief im Innern liegt.«
    »Ja, da ist wohl was dran.«
    »Bewahren Sie das, was vor meiner Ankunft zwischen Ihnen und der Frau geschehen ist.«
    Kimberlain machte sich nicht die Mühe, seine Betroffenheit zu verbergen. »Ist das so offensichtlich?«
    »Mir ja. Ich befürchte nur, daß die Eindrücke, die ich an Ihrer Oberfläche feststelle, wesentlich tiefer gehen.«
    »Ich hatte das nicht beabsichtigt«, sagte er abwesend.
    »Und darin liegt das Problem, Fährmann. Alles geschieht von einem Augenblick zum anderen, doch in jedem Augenblick muß man sich bewußt sein, was danach geschehen wird. Wenn diese Sache vorbei ist, werde ich in die Anstalt zurückkehren müssen. Sie müssen mich zurückbringen, und ich weiß und akzeptiere das. Und

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