Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Achte Suende

Die Achte Suende

Titel: Die Achte Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
Vom Netzwerk:
Fadenstruktur des Leinens zu erkennen.
    »Wenn Sie diese beiden Negative zur Deckung bringen«, meinte Brandgesicht mit Stolz in der Stimme, »dann werden Sie feststellen, dass sich die Struktur des winzigen Ausschnitts exakt in der Gesamtstruktur des Grabtuches fortsetzt.«
    Malberg schob die beiden Negative übereinander und hielt sie gegen das Licht, das von der Kuppel in das Kirchenschiff fiel. Tatsächlich – das komplizierte Fischgrätmuster der Leinenstruktur ging ohne Unterbrechung in die Fehlstelle über. Brandgesicht hatte wirklich an alles gedacht.
    »Also?«, meinte der Gebrandmarkte fordernd.
    »Was also?«, erwiderte Malberg, obwohl er genau wusste, was dieser meinte.
    »Sind Sie interessiert? Hunderttausend Dollar in großen Scheinen!« Er spreizte zehn Mal hintereinander die Finger beider Hände.
    »Ja«, antwortete Malberg gedehnt. »Im Prinzip schon.« Er kam sich ziemlich hilflos vor in dieser Situation. Im Augenblick hatte er keine Idee, wie er das Brandgesicht hinhalten sollte.
    »Sagen wir in einer Woche? Selber Treffpunkt, selbe Zeit.«
    »Ich habe verstanden.«

Kapitel 39
    Als Staatsanwalt Achille Mesomedes an diesem Morgen sein Büro im Justizpalast betrat, blickte die Sekretärin betreten hinter ihrem Bildschirm hervor.
    »Burchiello hat nach Ihnen gefragt. Er war aufgebracht. Sie sollen sofort zu ihm kommen!«
    Mesomedes stellte seinen Aktenkoffer auf dem Schreibtisch ab und machte sich auf den Weg zum Büro des Leitenden Oberstaatsanwalts. Er wurde erwartet.
    Giordano Burchiello, ein wohlbeleibter, in Ehren ergrauter Jurist, galt als die schärfste Waffe im Kampf gegen die Mafia. Es gab jedoch auch Stimmen, die sagten ihm sogar gewisse Verbindungen zur sogenannten feinen Gesellschaft nach. Immerhin war er als Leiter der Staatsanwaltschaft Roma uno der Chef von einem Dutzend meist junger Staatsanwälte – unter ihnen Achille Mesomedes.
    »Dottor Mesomedes«, begann er, wobei er den Titel über die Maßen betonte, als wolle er, dem dieser akademische Grad verwehrt geblieben war, sich lustig machen, »Dottor Mesomedes, ich habe Sie rufen lassen, nachdem mir zu Ohren gekommen ist, dass Sie eigenmächtig Ermittlungen in einem eingestellten Verfahren wieder aufgenommen haben.«
    »Das ist richtig, Signor Oberstaatsanwalt. Ich wüsste nicht, was daran verwerflich ist oder gar gegen das Gesetz.«
    Der Leitende Oberstaatsanwalt nahm seine schwarze Brille ab und schleuderte sie über seinen Schreibtisch, der das Ausmaß einer Tischtennisplatte hatte. Dann verschränkte er seine Arme über dem Bauch und begann: »Nach den Gesetzen dieses Landes genießen Staatsanwälte nicht das Privileg sachlicher und persönlicher Unabhängigkeit wie Richter. Sie haben den Weisungen ihrer Vorgesetzten Folge zu leisten. Der einzelne Staatsanwalt handelt nur als Vertreter des ersten Beamten der Staatsanwaltschaft, und der bin ich. Ich kann mich nicht erinnern, Ihnen jemals eine entsprechende Weisung erteilt zu haben, den Fall Marlene Ammer neu aufzurollen.«
    »Nein, Signor Oberstaatsanwalt«, erwiderte Mesomedes devot, »aber, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, ich habe den Fall keineswegs neu aufgerollt. Ich habe nur Einsicht in die Akten genommen, zu Studienzwecken sozusagen, und dabei bin ich auf Merkwürdigkeiten und Ungereimtheiten gestoßen, die den Verdacht nahelegen …«
    »Sie zweifeln also an der Seriosität meiner Arbeit«, unterbrach Burchiello den Redefluss des jungen Staatsanwalts.
    »Keineswegs!«
    »Ich habe das Verfahren eingestellt. Die Akte trägt meine Unterschrift. Die Frau ertrank in der Badewanne. Damit ist der Fall ein für alle Mal erledigt. Sie sprachen von Merkwürdigkeiten?«
    »Nun ja, da ist einmal das Obduktionsergebnis. Mit Verlaub, eine nachlässige Arbeit.«
    »Die Qualifikation von Dottore Martino Weber steht außer Frage!«
    »Ich habe nicht das Gegenteil behauptet. Aber auch eine hohe Qualifikation schließt nicht aus, dass man einmal einen schlechten Tag hat. Mir kam es so vor, als sei der Obduktionsbefund am Schreibtisch entstanden. Nur Phrasen, aus denen keine Schlüsse zu ziehen sind. Und der einzige ungewöhnliche Hinweis blieb ohne Beachtung.«
    »Was meinen Sie, Dottor Mesomedes?«
    »Die Duftspuren im Morgenmantel der Toten, eine Mischung kostbarer Baumharze wie Olibanum und Tolubalsam, aus denen der teuerste Weihrauch der Welt hergestellt wird. Ein Weihrauch, der nur noch im Vatikan Verwendung findet.«
    Burchiello räusperte sich, als habe der Weihrauch ein

Weitere Kostenlose Bücher