Die Achtsamkeits-Revolution
Elefanten unseres Geistes anzubinden und Unausgewogenheiten abzuwenden, die so häufig mit dem modernen Leben einhergehen.
Das Heilen von Körper und Geist weist noch eine andere bedeutsame Parallele zu den Vorstellungen der Umweltschützer auf. Wenn ein Fluss vergiftet ist, kann man versuchen, ihm Gegengifte zuzusetzen, und hoffen, dass sie die Toxine neutralisieren. Der direktere und vernünftigere Ansatz aber wäre, der Einleitung von verunreinigenden und giftigen Substanzen ein Ende zu setzen. Wenn das geschehen ist, kann die Wasserströmung mit Hilfe von Erde, Steinen und Vegetation den Fluss wieder vollständig reinigen. Ebenso können Sie, statt sich eine besondere Atemtechnik zuzulegen, ganz einfach aufhören, Ihre Atmung durch störende Gedanken und Emotionen in Aufruhr zu versetzen. Und es wird nicht lange dauern, bis Sie feststellen, dass sich der gesunde Atem- fluss auf natürliche Weise wiederhergestellt hat.
Gemäß der buddhistischen Tradition und auch anderer kontemplativer Traditionen besteht eine enge Verbindung zwischen mentalen Unausgewogenheiten und dem Körper, und hier vor allem der Atmung. Ob wir ruhig oder aufgeregt sind, der Atem reagiert sehr rasch. Umgekehrt nehmen Unregelmäßigkeiten der Atmung auch auf unsere Gefühlszustände Einfluss. Am Tage verfängt sich unser Geist in einem Strom uns oft beunruhigender oder erregender Gedanken, Pl äne, Erinnerungen und Besorgnisse. Wenn Sie das nächste Mal wütend oder traurig, hochgestimmt oder überrascht sind, dann achten Sie auf Ihren Atemrhytmus. Überprüfen Sie ihn auch, wenn Sie hart arbeiten, sich auf eine Aufgabe konzentrieren oder im Stau stecken. Vergleichen Sie diese Atemmuster mit Ihrer Atmung, wenn Sie ganz ruhig und still zu Hause sitzen, Musik hören oder einem Sonnenuntergang zuschauen.
Es setzen sich alle möglichen mentalen Prozesse auch dann fort, wenn wir träumen und unser Körper und unsere physischen Sinne schlafen. Unsere emotionalen Reaktionen sind ebenso real, wie wenn wir uns im Wachzustand befinden, und haben die gleichen Auswirkungen auf den Körper und die Atmung. Die einzige Unterbrechung in all diesem sinnenhaften und mentalen Input findet nur dann statt, wenn wir uns im traumlosen Tiefschlaf befinden. Dann kann die Atmung ohne störende Einflüsse vonseiten des Geistes fließen. Meiner Meinung nach ist das bei den meisten tagsüber wie auch nachts die Phase unseres gesündesten Atmens. Wir schlafen vielleicht am Ende eines Tages erschöpft ein, doch acht Stunden später wachen wir wieder erfrischt auf, bereit für einen neuen Tag. Und dann wird der nur allzu oft bloß zu einem weiteren Tag, an dem wir unseren Körper und Geist ins Ungleichgewicht bringen.
Jetzt haben wir die Gelegenheit, mit dieser Gewohnheit zu brechen. Wir brauchen nicht zu warten, bis wir uns im Tiefschlaf befinden, damit die Atmung den Schaden, der tagsüber angerichtet wurde, wiedergutmachen kann. Mit der Achtsamkeit auf die Atmung können wir dies jederzeit. Ohne Kontrolle über die Atmung auszuüben, lassen wir sie so anstrengungslos wie möglich fließen und den Körper sein Gleichgewicht auf seine eigene Weise wiederherstellen.
Nach innen gerichtete Achtsamkeit, die erste Stufe dieser Praxis, bedeutet, dass Sie Ihre Achtsamkeit einfach aufmerksam und konzentriert auf Ihre mit der Atmung verbundenen Empfindungen lenken. Gemeistert haben Sie die Stufe, wenn Sei auf die Acht samkeit auch nur ein paar Sekunden lang auf die Atmung gerichtet halten können. Wenn Sie morgens oder abends ein bisschen Achtsamkeits-Meditation ernsthaft praktizieren, bringt das sofort größere Klarheit bei allen Aktivitäten und ein natürliches Abchecken ungesunder Gewohnheiten mit sich. Selbst dann, wenn Sie diese Praxis hilfreich finden, könnte es schwierig werden, jeden Tag Zeit für dieses Achtsamkeitstraining zu finden. Sich Zeit für das Ausbalancieren des eigenen Geistes zu nehmen verlangt liebevolle, gütige Selbstzuwendung. Und daher könnte es sein, dass Sie erst Liebende Güte kultivieren müssen, bevor Sie Entscheidungen treffen können, die Ihrem Wohlbefinden wirklich förderlich sind und nicht nur schlicht angenehme Empfindungen auslösen.
ZWISCHENSPIEL · LIEBENDE GÜTE*
B ei all den Anforderungen an unsere Zeit kann die Aussicht, täglich noch mehr von unserer Zeit fürs Meditieren aufwen den zu müssen, als zusätzliche Last empfunden werden. Ich würde aber behaupten, dass der Grund, warum so viele Menschen keine Zeit zum
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