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Die Achtsamkeits-Revolution

Die Achtsamkeits-Revolution

Titel: Die Achtsamkeits-Revolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Wallace
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zu regulieren. 48 Dies scheint ein ganz besonders ergiebiges Forschungsgebiet zu sein, das sich für die Zusammenarbeit von buddhistischen Kontemplativen und Kognitionswissenschaftlern anbietet.
    Diese Phase des Shamatha-Pfades führt Sie zu einer entscheidenden Weggabelung. Sie können mit der Praxis der Achtsamkeit auf die Atmung fortfahren, die für die Überwindung von Erregung sehr empfohlen wird. Viele buddhistische Kontemplative haben Meditierende, die fest entschlossen waren, Shamatha zu erreichen, ermuntert, ihre Praxis mit nur einem Meditationsobjekt weiterhin fortzusetzen. Padmasambhava, der indische Meister, der entscheidend daran Anteil hatte, dass der Buddhismus nach Tibet gelangte, befürwortete hingegen den Gebrauch vielfacher Methoden, um den zählebigen Hindernissen auf dem Weg zum Erreichen von Shamatha entgegenzutreten. 49 Beide Auffassungen haben etwas für sich. Bei dieser Praxis passiert es ziemlich leicht, dass man von seinem Meditationsobjekt gelangweilt oder damit unzufrieden wird und sich nach interessanteren und hoffentlich effektiveren Techniken umsieht. Möglicherweise lassen Sie sich dann von höchst esoterischen, geheimen Praktiken verführen, die Sie für wirkungsvoller halten als die Praxis, mit der Sie gegenwärtig befasst sind. Dieses Herumstreifen von einem Meditationsobjekt zum nächsten und von einer Technik zur anderen, immer auf der Suche nach einem größeren »Kick«, kann jedwede anhaltende Shamatha-Praxis untergraben. Wenn Sie immer wieder mit anderen Techniken experimentieren, werden Sie es möglicherweise in keiner zur Könnerschaft bringen.
    Nachdem Sie durch Achtsamkeit auf die Atmung die vierte Stufe gemeistert haben, werde ich Ihnen hier nun die Option an
     

    bieten, zu einer anderen Methode überzugehen. Dies ist das Den- Geist-in-seinem-natürlichen-Zustand-zur-Ruhe-Bringen oder -ruhen-lassen, eine Technik, die Sie direkt auf die Mahamudra- und Dzogchen-Praxis vorbereitet - zwei auf die Erkenntnis der Natur des Bewusstseins konzentrierte Traditionen kontemplativer Praxis. Eine vergleichbare Praxis in der Theravada-Tradition nennt sich »gelöste Achtsamkeit«. 50
    Wie die Achtsamkeit auf die Atmung ist auch diese Methode ganz besonders für Menschen geeignet, deren Geist zu Erregung und gedanklichem Aufruhr neigt. Zudem hat sie den weiteren Vorteil, dass sie tiefe Einsicht in die Natur des Geistes ermöglicht. Düdjom Lingpa, ein tibetischer Dzogchen-Meister des späten neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhunderts, äußerte, dass dies vielleicht die bestgeeignete Praxis für nervöse Menschen mit unstetem Geist sei, die in große Schwierigkeiten geraten, wenn sie für die Entwicklung von Shamatha verschiedene Visualisierungstechniken anwenden. 51 Der Erste Panchen Lama, ein Lehrer des Fünften Dalai Lama, sprach davon, dass diese Praxis eine »wunderbar geschickte Methode für Anfänger sei, um den Geist zur Ruhe zu bringen. 52
    Sie können diese Methode an den Anfang Ihrer Shamatha-Pra- xis stellen und sie auf dem ganzen Weg bis hin zum Erlangen von Shamatha fortführen. Sie müssen nicht unbedingt als Erstes Achtsamkeit auf die Atmung praktizieren. Viele Leute finden diese Methode jedoch schwierig, da sie immer und immer wieder von ihren Gedanken fortgerissen werden. Für sie mag die Achtsamkeit auf die Atmung die wirkungsvollste Art sein, um auf den ersten vier Stufen des Pfades voranzukommen.
    Viele Menschen praktizieren Meditation, um in »veränderte Be- wusstseinszustände« zu gelangen. Doch aus buddhistischer Sicht ist bereits unsere gewohnte Geistesverfassung, in der wir unter den Einfluss solcher Unausgewogenheiten und Störungen wie Begeh-
     ren, Angst, Stress und Frustration geraten, ein veränderter Be- wusstseinszustand. Die Übungspraxis, den Geist in seinem natürlichen Zustand ruhen zu lassen, soll uns von diesen gewohnheitsmäßigen Bewusstseinsstörungen befreien und ermöglichen, dass der Geist allmählich in seinem Grundzustand zur Ruhe gelangt. Laut buddhistischer Kontemplativer zeichnet sich der »natürliche Zustand« des Geistes durch die drei Qualitäten Glückseligkeit, lichtvolle Klarheit und Nichtkonzeptualität aus. Ich halte das für eine der bemerkenswertesten Entdeckungen, die je in Bezug auf die Natur des Bewusstseins gemacht wurde, und meine, dass sie nach einer, von Kontemplativen und Kognitionswissenschaftlern gemeinsam durchgeführten, weiter gehenden Erforschung ruft.
    Zur Beschreibung dieser Praxis werde ich hier nun

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