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Die Adler von Lübeck: Historischer Roman

Die Adler von Lübeck: Historischer Roman

Titel: Die Adler von Lübeck: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Klugmann
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Festigkeit des Schiffskörpers, der damit größer werden konnte. Auch die Manövrierfähigkeit wurde besser. Zimmerleute, Bauern, Holzhändler, jeder, der mit Holz befasst war, wusste, dass die krumm gewachsenen Bäume keinen Ausschuss darstellten, sondern bares Geld.
    Svante Flinn gehörte zu den Holzhändlern, die den Krach um das geplante Lübecker Riesenschiff mit Interesse verfolgten. Er wusste, dass die für den Bau benötigten Hölzer bevorzugt in baltischen Wäldern geschlagen werden würden. Doch er sah die Marktlücke, und als er hörte, dass der Bau stockte und es an Holz fehlte, wurde er aktiv. Zwei Tage war er gefahren, heute würde er Lübeck erreichen, wo er mit einem Abgesandten der Werft verabredet war. Flinn war ein korrekter Händler und wusste, dass der erste Kontakt über alles Weitere entscheiden würde. Deshalb trug er seine beste Leinenkluft, für die der Aufenthalt im matschigen Graben Gift war. Auch sein Blickwinkel wurde dadurch ungünstig, denn, auf dem Boden liegend, sah er, wie sich das Krummholz durch den heftigen Zusammenprall aufrichtete und sich dem heranfliegenden Mann entgegenreckte, als freue es sich, seine Bekanntschaft zu machen. Den Körper des Mannes durchstießen die Spitzen des Holzes an drei Stellen zugleich. Der durchbohrte Oberarm wäre zu verschmerzen gewesen, aber die nächsten Äste trafen Brust und Bauchraum. Hippolyt Vierhaus war nicht mehr am Leben, als Antje zu schreien begann. Eine Hand hielt sie vor ihren Mund gepresst, mit der anderen wies sie auf den Leichnam, gekreuzigt vom Krummholz und ein Lächeln im Gesicht, selbst jetzt noch.

36
    Die Stadt atmete durch . Die Erlösung von der Pest ließ keinen Bewohner unbeeindruckt. So ergeben man sich ins Schicksal gefügt hätte, weil es unabwendbar war, so erleichtert fühlten sich alle, als der Alb an ihnen vorüberzog . Die strenge Suche nach den Verantwortlichen für das böse Spiel erbrachte sechs Namen. Alle sollten unnachgiebig zur Verantwortung gezogen werden, doch nur zwei traf am Ende der Bann. Sie verloren alle Rechte als Bürger, einer landete im Turm, der andere, der über Beziehungen verfügte, verschwand über Nacht aus der Stadt und ließ alles zurück, was größer war als eine Tasche. Die zurückgelassenen Güter wurden einem Wohnstift überlassen. Zwei weitere Schuldige, als Aufrührer bekannt und ohne Schutz, traf die Wut des Pöbels. Kalten Herzens sahen die Bürger zu, wie die Habe der Verräter im Triumphzug aus der Stadt an die Trave getragen wurde, um dort im Wasser versenkt zu werden.
    Mit den Verrätern Vierhaus und Senftenberg verhielt es sich anders. Einerseits galten sie als ehrbare Mitbürger, andererseits ließ ihr Schicksal kaum einen kalt. Der tragische Tod des Vierhaus bescherte ihm ein würdiges Begräbnis in bester Friedhofslage. Senftenberg gelang die Flucht, Gerüchte wollten ihn nördlich der Schlei wissen, wo er angeblich beim ländlichen Adel die Klinken putzte und mit seinem Angebot, Bibliotheken einzurichten, für Heiterkeit sorgte. Seiner Frau wurde nahegelegt , die Scheidung zu betreiben. Sie war dazu um so eher bereit, als ein Nachfolger im Amt des Gatten wohl schon bereitstand.
    Große Erleichterung herrschte im Hause Schnabel und bei allen Bürgern, die um die Handlungsfähigkeit des Hafens besorgt waren. Dass die Rosländer-Werft wieder in Betrieb ging, war die Kröte, die man schlucken musste. Aber der Ruf des Hafens blieb rund ums Baltische Meer unangekratzt. Nichts war wichtiger. Kein anderer Hafen konnte nun in die Bresche springen und Lübeck Ladung abspenstig machen. Und wen es schmerzte, den regelmäßigen Zug der Holzfuhrwerke zur Rosländer-Werft zu sehen, konnte sich abwenden und im Haus des Reeders Schnabel an einem Umtrunk zu Ehren des Hafens teilnehmen. Er konnte der Einladung des Ratsapothekers nachkommen. Und wenn er es verdient hatte, ruhte das Auge des Bischofs wohlgefällig auf ihm und berief ihn in einen erlesenen Zirkel, für den einige der besten Weine auf den Tisch kamen, die Lübeck zu bieten hatte.
    »Ich mag Anna Rosländer und ihre Pläne nicht. Aber einen blockierten Hafen mag ich noch weniger.« So lautete der Trinkspruch, den der Reeder Schnabel im Kreis seiner Getreuen ausbrachte. Alle stimmten zu, alle leerten ihre Gläser, und Frau Schnabel tat es nicht leid, zur Feier des Tages das Muranoglas freigegeben zu haben.
    Einige Tage gefielen sich Schnabel und seine Getreuen in der Überzeugung, bessere Lübecker zu sein als die Sechserbande,

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