Die Akte Daniel (German Edition)
das erst, wenn ich schon fast angelangt bin.«
»Ja, das wissen wir erst immer dann. Doch wenn du bleiben willst, würde ich mich freuen. Wenn du wiederkommst, falls du gehen solltest, um so mehr. Nur, verrate uns nicht. Verrate mich nicht. Ich habe dich nicht verraten.«
»Das werde ich nicht.« Ganz gleich, was Demetrius auch tun würde, so tief würde er nicht sinken. Er hatte es damals nicht getan und würde es auch jetzt nicht tun. Er lehnte sich vor, um sich einen weiteren Kuss einzufangen.
Fearman schenkte ihm diesen und nahm sich selbst einen. »Wenn du fliehen solltest, dann mach hinter dir die Tür zu. Es ist verdammt schwer, das ganze Anwesen vernünftig zu heizen«, scherzte er nur scheinbar.
»Ich gehe sicher nicht ohne Abschied.« Demetrius’ schlanke Finger spielten mit einem Knopf von Fearmans Jackett.
» Willst du dich verabschieden?«, fragte Fearman ihn leise.
»Habe ich das gesagt?«, gab Demetrius zurück. Er wollte noch nicht darüber nachdenken. Nicht jetzt. Er nahm stattdessen den nächsten Knopf in Angriff.
»Du hast es angedeutet und ich kann dich verstehen.«
»Aber wie du schon sagtest: Wo sollte ich hingehen? Momentan gibt es keinen Platz für mich.« Nur hier , setzte er stumm hinzu.
Fearman küsste ihn und entkleidete ihn ebenso, wobei er sich ein wenig mehr Zeit ließ. Die Zeit war nämlich kostbar und sie gehörte ihnen. Das, was sie durch Demetrius’ Überfall verloren hatten, war für diesen Augenblick wieder da. Und der Rest war vergessen und vergeben.
Fearman wusste jedoch, dass er schon lange vergeben hätte, wenn es ihm und den Jägern gelungen wäre, endlich alle Kinder wieder zu finden. Aber das würde ihnen eines Tages gelingen.
Ohne Demetrius hatte die Firma nur noch wenige kluge Köpfe, die in der Lage waren, die ganze Organisation ausreichend zu schützen. Und sie würden bald neue Fehler machen. Der Ordo konnte und musste warten, auch wenn es Fearman nicht passte, die Kinder noch länger in den Klauen ihrer Feinde zu lassen.
Aber im Augenblick war das nicht wichtig, denn seine Gedanken begannen sich zu zerfasern. Leise klirrten die Porzellantassen, als eine achtlos abgelegte Krawatte über sie fiel.
Fearman lachte leise. »Hier?«, fragte er.
Demetrius schüttelte den Kopf. »Sonst geht noch etwas zu Bruch und das geht von deinem Gehalt ab.«
Fearman brauchte ein paar Sekunden, um zu begreifen, dass das Lächeln, das sich auf das Gesicht seines Gegenübers stahl, schalkhaft war und er aufgezogen wurde.
»Fang mich!« Weißblonde Haare wirbelten auf, und Demetrius war aus dem Zimmer.
Fearman lachte erneut und schickte das Zeichen seiner Freude Demetrius nach. Die Sonne war fast hinter dem Horizont verschwunden und als sich der Himmel ganz verdunkelt hatte, fielen die letzten Hüllen der Zivilisation von ihm und ein schwarzes, vierbeiniges Wesen machte Jagd auf den Albino, dessen Ausgelassenheit jeden, der ihn kannte, entsetzt hätten.
Fearman folgte den Spuren langsam und bedächtig. Der Vorsprung war eher symbolisch und verschaffte Demetrius nicht den geringsten Vorteil. Lautlos huschten Pfoten über den Teppichboden, die Treppen hinauf und die zahllosen Flure entlang. Ein paar Schlenker um die Säulen im ersten Stock, dann hatte der riesige Panther Demetrius fast eingeholt, der soeben in einem weiteren Raum verschwand.
Der Panther blieb stehen und setzte dann Pfote vor Pfote. Langsam, wie in Zeitlupe. Das war das Schlafzimmer seines Geliebten in diesem Anwesen. Fearman war froh, dass es keinen im Haus gab, der diese Szene hätte bezeugen können. Beim besten Willen, er wäre zu keiner Antwort in der Lage gewesen. Er schlich sich näher und blieb an der offenen Tür stehen. Leise grollte er Demetrius zu.
Dieser schien in der ausschließlich in dunklen Tönen gehaltenen Kulisse des Zimmers fast zu leuchten. Ohne die große Raubkatze aus den Augen zu lassen, setzte er sich aufs Bett.
Fearman löste sich von der Stelle. Er kam näher und verwandelte sich halb zurück, sodass das Feline blieb samt einem kurzen Fell. »Ich habe deine Nähe vermisst«, bekannte Fearman. Seine Stimme war weich, tief und rollend, fast ein Schnurren.
Demetrius sah ihm in die goldgelb glühenden Augen. »Ich auch«, gestand er Fearman und sich selbst ein. »Ich hätte dir ... früher entgegenkommen sollen.«
»Hattest du Angst? Ich hätte dich getötet, wenn ich es gekonnt hätte.«
»Ich weiß. Aber ich habe keine Angst.« Soviel mehr hing noch unausgesprochen in der
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