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Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Titel: Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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zweiundvierzigjährigen Generals verriet nicht die leiseste Gefühlsregung, als sein Wagen den Zina Circus umrundete und seinen Weg in Richtung auf die nördlichen Vororte der Stadt fortsetzte. Er lehnte sich in die Lederpolster zurück und ließ die lange Vorgeschichte dieser bei Kairo produzierten Raketen in Gedanken nochmals Revue passieren. Isser Harel, seinen Vorgänger, hatte sie den Posten gekostet – und einigen Männern das Leben.
    Schon im Verlauf des Jahres 1961, lange bevor Nasser die beiden Raketen in den Straßen Kairos der staunenden Öffentlichkeit vorführen ließ, wußte die israelische Mossad von ihrer Existenz. Von dem Augenblick an, als die erste Meldung aus Kairo eintraf, war die Fabrik 333 ständig eingehend beobachtet worden.
    Der israelische Geheimdienst wußte auch, daß die ODESSA deutsche Wissenschaftler in großem Umfang für die Arbeit an der Entwicklung der Raketen von Heliopolis angeworben hatte. Schon damals war diese Entwicklung besorgniserregend; im Frühjahr 1962 war sie bedrohlich.
    Im Mai 1962 nahm Heinz Krug, der deutsche Anwerber der Wissenschaftler, mit Dr.   Otto Joklik, einem österreichischen Physiker, in Wien Kontakt auf. Statt sich jedoch von Krug anwerben zu lassen, setzte sich der österreichische Professor mit dem israelischen Geheimdienst in Verbindung. Er berichtete dem Agenten der Mossad, der nach Wien entsandt worden war, daß die Ägypter beabsichtigten, ihre Raketen mit Sprengköpfen aus strahlenverseuchtem Atommüll und Beulenpest-Bazillen auszurüsten. Die Israelis maßen dieser Nachricht große Bedeutung bei. General Isser Harel, damaliger Chef der Mossad, der den entführten Adolf Eichmann persönlich von Buenos Aires nach Tel Aviv eskortiert hatte, flog selbst nach Wien, um mit Joklik zu sprechen. Er war überzeugt, daß die Information des Professors der Wahrheit entsprach. Verstärkt wurde diese Überzeugung noch durch die Nachricht, die Kairoer Regierung habe ein Quantum radioaktiven Kobalts bei einer Züricher Firma bestellt, das dem Fünfundzwanzigfachen der Menge entsprach, die Ägypten zu medizinischen Zwecken verwenden konnte.
    Aus Wien zurückgekehrt, ließ sich Isser Harel bei Ministerpräsident Bens Gurion melden. Er bat den Ministerpräsidenten dringend um die Genehmigung, gegen die deutschen Wissenschaftler, die entweder bereits in Ägypten arbeiteten oder im Begriff waren, nach dort auszuwandern, mit geeigneten Repressalien vorgehen zu dürfen. Der alte Mann stand vor einer schwierigen Entscheidung. Einerseits war er sich der entsetzlichen Gefahr für Israel durch die neuen Raketen mit ihren völkervernichtenden Sprengköpfen durchaus bewußt; andererseits war ihm an den westdeutschen Panzern und Geschützen gelegen, deren Anlieferung in Kürze beginnen sollte. Israelische Vergeltungsaktionen auf deutschem Boden konnten womöglich zur Folge haben, daß Bundeskanzler Adenauer dem Drängen jener Kreise im Auswärtigen Amt schließlich doch nachgab, die das geheime Waffenlieferungsabkommen ablehnten, und die Vereinbarung widerrief.
    Innerhalb der israelischen Regierung zeichnete sich eine Spaltung ab; sie entsprach in etwa der des Bonner Kabinetts in dieser Frage. Isser Harel und Frau Golda Meir, ihres Zeichens Außenminister, befürworteten eine harte Politik gegenüber den deutschen Wissenschaftlern. Shimon Peres und der Armee dagegen erschien das Risiko unvertretbar, die kostbaren deutschen Panzer nicht zu bekommen. Ben-Gurion wurde zwischen beiden Lagern hin und her gerissen.
    Er entschied sich für eine Kompromißlösung: Harel wurde autorisiert, eine unauffällige Kampagne zu unternehmen. Das Ziel war, auf die deutschen Wissenschaftler diskret einzuwirken und sie von dem Vorsatz abzubringen, nach Kairo zu gehen und Nasser beim Bau seiner Raketen zu helfen. Aber Harel, der Deutschland und alle Deutschen haßte, hielt sich nicht an seine Weisungen.
    Die Kampagne richtete sich in ihrem weiteren Verlauf vor allem gegen die deutschen Wissenschaftler, die bereits in Ägypten waren. Am 27.   November traf ein in Hamburg aufgegebenes Paket in Kairo ein, adressiert an den Raketenspezialisten Professor Wolfgang Pilz. Es wurde von seiner Sekretärin, Fräulein Hannelore Wende, geöffnet. Die Explosion kostete sie das Augenlicht und verkrüppelte sie lebenslang.
    Am 28.   November kam noch ein Paket aus Hamburg in der Fabrik 333 an. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Ägypter bereits Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der deutschen Wissenschaftler

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