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Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Titel: Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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wir im Krieg überrannt haben? Wer erhebt Anklage gegen diejenigen, die Massenmorde begangen haben?«
    »Oh, jetzt verstehe ich, was Sie meinen. Nun ja, grundsätzlich sind es die Generalstaatsanwaltschaften der Länder.«
    »Heißt das, daß sie alle damit befaßt sind?«
    Dorn lehnte sich behaglich im Sessel zurück. Er dozierte gern über sein ureigenes Wissensgebiet.
    »Wir haben bekanntlich – Berlin nicht mitgezählt – zehn Länder in der Bundesrepublik. Jedes dieser Länder hat seine Landeshauptstadt und seinen Generalstaatsanwalt. Jede Generalstaatsanwaltschaft verfügt über ein Dezernat, das für die Ermittlung von Verbrechen während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zuständig ist. Jeder Landeshauptstadt ist in dieser Sache ein Teil des ehemaligen Reichsgebiets beziehungsweise der vormals besetzten Gebiete zugeordnet, für das die betreffende Generalstaatsanwaltschaft als Strafverfolgungsbehörde zuständig ist.«
    »Zum Beispiel?« sagte Miller.
    »Beispielsweise werden alle von den Nationalsozialisten und insbesondere der SS in Italien, Griechenland und Polnisch-Galizien verübten Verbrechen von Stuttgart ermittelt. Auschwitz, das größte aller Vernichtungslager, fällt in den Zuständigkeitsbereich der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft. Die Vorgänge in den Vernichtungslagern Treblinka, Chelmo oder Kulmhof, Sobibor und Maidanek werden in Düsseldorf und Köln ermittelt. Daß im Mai das Verfahren gegen zweiundzwanzig ehemalige SS-Angehörige des Lagerpersonals von Auschwitz in Frankfurt anhängig wird, werden Sie schon gehört haben. Anschließend wird den Lagerwachen von Treblinka, Chelmo, Sobibor und Maidanek in Köln beziehungsweise Düsseldorf der Prozeß gemacht. München ist für Belzec, Dachau, Buchenwald und Flossenbürg zuständig. Die meisten der in der Sowjetunion verübten Verbrechen fallen unter die Jurisdiktion von Hannover. Und so weiter.«
    Miller, der sich die Auskünfte notiert hatte, nickte.
    »Und wer ermittelt gegen die Schuldigen der in den drei baltischen Staaten begangenen Verbrechen?« fragte er.
    »Hamburg«, sagte Dorn. »Die Hamburger Generalstaatsanwaltschaft ist darüber hinaus zuständig für alles, was im Bereich von Danzig und im ehemaligen Verwaltungsbezirk Warschau geschehen ist.«
    »Hamburg«, rief Miller überrascht aus. »Das heißt also die hiesige Staatsanwaltschaft?«
    »Ja. Warum?«
    »Weil mich Riga interessiert.«
    Dorn verzog den Mund.
    »Ich verstehe. Die deutschen Juden. Ja, das ist allerdings Sache der hiesigen Staatsanwaltschaft.«
    »Falls demnach jemals eine Verhandlung gegen jemanden stattgefunden hat, der der Teilnahme an den in Riga begangenen Verbrechen verdächtigt war, oder eine Festnahme erfolgt ist – dann muß das in Hamburg gewesen sein?«
    »Die Verhandlung allerdings«, entgegnete Dorn. »Die Festnahme nicht notwendigerweise, sie kann auch andernorts erfolgt sein.«
    »Wie wird denn bei den Festnahmen vorgegangen?«
    »Also, da gibt es das Fahndungsbuch. Darin ist jeder wegen Kriegsverbrechen Gesuchte mit Namen, Vornamen und Geburtsdatum aufgeführt. Gewöhnlich hat die ermittelnde Behörde mit der Vorbereitung der Anklage gegen den Betreffenden Jahre verbracht, bevor sie seine Festnahme veranlaßt. Wenn ihre Arbeit weit genug gediehen ist, ersucht sie die Polizeibehörden des Bundeslandes, in dem der Mann lebt, ihn zu verhaften, und entsendet ein paar Kriminalbeamte, um ihn abzuholen. Ein dringend gesuchter Mann kann festgenommen werden, wo immer er angetroffen wird, und die zuständige Strafverfolgungsbehörde erhält umgehend Nachricht von seiner Festnahme. Sie schickt dann ihre Beamten dorthin, und die bringen ihn an Ort und Stelle, das heißt zum Sitz der anklagenden Behörde. Die Schwierigkeit liegt darin, daß die Mehrzahl der verantwortlichen ehemaligen SS-Führer unter falschem Namen lebt.«
    »Offenbar«, sagte Miller. »Hat in Hamburg jemals eine Verhandlung gegen einen der Schuldigen an den Verbrechen von Riga stattgefunden?«
    »Nicht, daß ich wüßte«, sagte Dorn.
    »Im Archiv müßten doch einschlägige Zeitungsausschnitte zu finden sein, sofern es eine Gerichtsverhandlung gegeben hat.«
    »Selbstverständlich sind sie da. Falls sie nicht schon vor 1950 stattgefunden hat. Das war das Jahr, in dem das Archiv eingerichtet wurde.«
    »Vielleicht könnten wir mal nachschauen?«
    »Kein Problem.«
    Das Archiv war im Keller. Es wurde von fünf Angestellten in grauen Kitteln betreut. Es war nahezu einen halben

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