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Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)

Titel: Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Morgen groß und voller endloser Reihen grau angestrichener Stahlregale mit Nachschlagwerken in jeder Sparte und Sprache. Die Wände entlang standen stählerne Aktenschränke vom Fußboden bis zur Decke, und auf jeder Schublade klebte ein Schild, das den jeweiligen Inhalt angab.
    »Welches Stichwort?« fragte Dorn, als der leitende Archivangestellte herbeikam.
    »Roschmann, Eduard«, sagte Miller.
    »Zur Personalkartei bitte hier entlang«, sagte der Archivangestellte und führte sie längs der Wand zu einem Stahlschrank mit vielen Schubfächern. Er öffnete das Fach mit den Buchstabengruppen ROA–ROZ und blätterte die Karteikarten durch.
    »Kein Eintrag unter Roschmann, Eduard«, sagte er.
    Miller dachte nach. »Haben Sie irgendwelches Pressematerial über Kriegsverbrechen archiviert?« fragte er.
    »Ja«, sagte der Archivangestellte. »Kriegsverbrechen und Prozesse gegen Kriegsverbrecher – bitte hier entlang.«
    Sie wanderten noch mal fünfzig Meter an Reihen von Aktenschränken entlang.
    »Sehen Sie bitte unter Riga nach«, sagte Miller.
    Der Archivangestellte bestieg eine Trittleiter und kam bald mit einem roten Aktenordner, Aufschrift: »Riga – Kriegsverbrecherprozeß«, wieder herunter. Miller nahm den Ordner in die Hand. Als er ihn öffnete, fielen zwei Zeitungsausschnitte heraus; sie hatten ungefähr die Größe von Sonderbriefmarken. Miller hob sie auf. Sie datierten beide vom Sommer 1950. Aus dem einen ging hervor, daß gegen drei SS-Männer wegen in den Jahren 1941 bis 1943 verübter Gewalttaten ein Verfahren eröffnet worden war. In dem anderen war nachzulesen, daß alle drei zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden. So langjährig, daß sie sich jetzt, Ende 1963, nicht wieder auf freiem Fuß befanden, war der Freiheitsentzug allerdings auch wieder nicht gewesen.
    »Ist das etwa alles?« fragte Miller.
    »Ja, das wär’s«, antwortete der Archivangestellte.
    »Soll das heißen«, sagte Miller zu Dorn, »daß ein ganzes Dezernat der Staatsanwaltschaft fünfzehn Jahre lang für meine Steuergelder geschuftet und doch nichts weiter vorzuzeigen hat als diese beiden Briefmarken?«
    Dorn fühlte sich aufgerufen, das Establishment in Schutz zu nehmen.
    »Bestimmt tun sie ihr Bestes«, erklärte er.
    »Das frag ich mich gerade«, sagte Miller.
    Sie trennten sich in der Haupthalle im Erdgeschoß, und Miller trat in den Regen hinaus.
    Das Haus in dem nördlichen Vorort von Tel Aviv ist so unauffällig, daß es keinerlei Aufmerksamkeit auf sich zieht. Es ist das Hauptquartier der Mossad. Die Einfahrt zur unterirdischen Garage des Büroblocks wird von zwei Ladengeschäften flankiert. Im Erdgeschoß ist eine Bankfiliale. In deren Eingangshalle, gegenüber den Glastüren, die zum Schalterraum der Bank führen, befindet sich die Pförtnerloge. Dann gibt es noch einen Aufzug und eine große Tafel mit den Namen der Firmen im oberen Stockwerk.
    Der großen Tafel ist zu entnehmen, daß mehrere Handelsfirmen, zwei Versicherungsgesellschaften, ein Architekturbüro, eine Unternehmensberatung und eine Import- und Exportfirma in diesem Gebäude ihren Sitz haben. Anfragen, die eine der Firmen in den darunterliegenden Stockwerken betreffen, werden höflich beantwortet, Auskünfte über die im oberen Stockwerk dagegen, höflich verweigert. Denn die Import- und Exportfirma im obersten Stockwerk ist die Fassade für die Mossad.
    Der Raum, in dem die Abteilungschefs des israelischen Geheimdienstes ihre Besprechungen abhalten, ist kahl und hat weißgetünchte Wände. In der Mitte steht ein langer Tisch mit Sesseln und einer Anzahl von Stühlen die Wände entlang. An dem Tisch sitzen fünf Männer, die fünf Leiter der einzelnen Abteilungen des Geheimdienstes. Hinter ihnen auf den Stühlen die Sachbearbeiter und Stenographen. Andere Nichtmitglieder können, sofern das erforderlich erscheint, zu Anhörungen herbeizitiert werden; aber das kommt nur selten vor. Die Besprechungen unterliegen der höchsten Geheimhaltungsstufe, denn hier dürfen alle Staatsgeheimnisse zur Sprache gebracht werden.
    An der Stirnseite des Tisches sitzt der Chef der Mossad. Der volle Name dieser 1937 gegründeten Organisation, die bereits zu jener Zeit Sicherheits- und geheimdienstliche Funktionen erfüllte, lautet Mossad Aliyah Beth oder Organisation für die Zweite Einwanderung. Ihre erste Aufgabe war die Überführung europäischer Juden in das Gelobte Land Palästina gewesen. Nach der Gründung des Staates Israel im Jahre 1948 wurde die

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