Die Akte Rosenthal - Seelenfischer-Trilogie 03
habe ich mich, glaube ich, in dich verliebt. Du hattest so gute Augen.“ Magali sah Lukas nun direkt an. Er erwiderte ihren Blick. Nicht nur ihre Worte, auch ihre Augen bestätigen Lukas ihr Geständnis. Aber er war noch weit entfernt davon, ihr Glauben zu schenken. Die Ereignisse der letzten Tage hatten ihn viel zu sehr erschüttert und er konnte seine Gefühle nicht einfach wie eine Lampe aus- und anknipsen.
Magali fuhr in ihrer Erklärung fort. „Ich kehrte nach Rom zurück, wo Mutter einen Palazzo erworben hatte. Ich behauptete, dass ich bei dir keinen Erfolg gehabt hätte, aber sie wusste, dass ich log. Mutter hat nie etwas dem Zufall überlassen und sich immer doppelt abgesichert: Sie hat uns beide auf Mallorca beobachten lassen. Ich habe mich fürchterlich mit ihr gestritten. Das erste Mal überhaupt. Sie wollte, dass ich sofort nach Nürnberg fahre und an dir dranbleibe. Aber ich wollte das nicht mehr. Sie hat mich wochenlang bearbeitet und dann hat sie gar nicht mehr mit mir gesprochen. Sie warf mich aus dem Haus und entzog mir jegliche Unterstützung. Sie verbot auch Consuela, die wie eine Mutter für mich war, den Kontakt. Consuela hat mich trotzdem heimlich besucht. Und dann habe ich entdeckt, dass ich von dir schwanger geworden war. Ein paar Tage lang war ich verzweifelt, wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Aber dann wachte ich eines Morgens auf und wusste, dass ich dieses Kind, unser Kind, haben wollte. Aber wie? Eine Studentin hatte mich kurzfristig bei sich aufgenommen, wir hausten zu zweit auf zwanzig Quadratmetern. Keine Bleibe für eine werdende Mutter.
Zwei Tage später tauchte Mutter plötzlich bei mir auf. Mir war sofort klar, dass sie keinesfalls von der Schwangerschaft erfahren durfte. Ich war mir sicher, dass sie das Kind als Druckmittel einsetzen würde, um Zugang zu deiner Familie zu erhalten. Doch wie konnte ich meiner Mutter entkommen? In meiner Verzweiflung vertraute ich mich Consuela an. Sie kannte meine Mutter lange genug und verstand mein Dilemma. Sie und ihr Mann Eduardo haben mir vorgeschlagen, Italien heimlich zu verlassen. Die beiden haben sich dann um alles gekümmert. Sie stammten aus Brasilien und haben schon für meinen Stiefvater, Jaap Leysieffer, gearbeitet. Eduardo war Mutters Sicherheitschef. Die Ironie war, dass er den Auftrag von Mutter erhielt, nach mir zu suchen. Stattdessen hat er mir falsche Papiere besorgt, half mir nach Brasilien zu entkommen und verwischte meine Spuren.
Eigentlich hatte ich Kunstgeschichte studieren wollen, doch das ging jetzt nicht mehr. Mutter unterhielt gute Kontakte zu allen Universitäten Europas und auch in den Staaten. Darum habe ich in Rio eine Ausbildung als Kindergärtnerin gemacht. Später wollte ich gerne nach Europa zurück. Wo, war mir eigentlich egal. Ich habe mich für die Schweiz entschieden, weil ich relativ gut deutsch sprach. Eduardo besorgte mir auch die Schweizer Papiere. Erneut wechselte ich meinen Namen und wurde zu Magali Frank. Kurz nach Mattis Geburt habe ich es riskiert, dir zu schreiben. Consuelas Adresse und die Daten eines von Eduardo eingerichteten Kontos lagen bei. Du weißt, was dann geschehen ist.“
„Ja, meine Jugendfreundin Rabea hat den Brief entdeckt und abgefangen. Sie war eifersüchtig auf dich und hat den Brief unterschlagen. Also gut, Magali. Ich kann nachvollziehen, dass du unter deiner Mutter gelitten haben musst. Das erklärt aber noch lange nicht die Entführung meines Sohnes nach Barcelona.“
„Verstehst du denn nicht? Die Lösung ist ganz einfach. Als ich dich vor knapp zwei Jahren geheiratet habe, Lukas, kam ich damit aus meiner Deckung. Bis dahin hatte ich ein vollkommen anonymes Leben geführt, verborgen vor meiner Mutter. Aber Mutter hat dich und deine Familie nie aus den Augen gelassen und sich über alles auf dem Laufenden gehalten. Sie war sehr überrascht zu erfahren, dass ich jetzt mit dir verheiratet war und wir einen gemeinsamen Sohn hatten, ihren Enkel!
Kurz nach der Hochzeit hat sie heimlich mit mir Kontakt aufgenommen. Ich hatte bereits damit gerechnet und lebte in ständiger Angst davor. Aber es ging ihr nicht um mich, ihre Tochter. Mutter hatte lediglich eine neuerliche Chance gewittert, an die Jesus-Schriftrolle zu kommen.“
„Was?“ unterbrach sie Lukas völlig verdattert. „Warum sollte sie das tun, wenn sie sie doch längst hatte?“ Misstrauisch beäugte er seine Frau.
Magali sah, dass Lukas ihr nicht glaubte. Es gab ihr einen neuerlichen Stich. „Irrtum,
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